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Fußball: Regionalliga
Die Bosse der Würzburger Kickers im Interview über Verträge, Finanzen und Druck im Kampf um den Aufstieg
Vorstandsvorsitzender André Herber und Sportdirektor Sebastian Neumann suchen nach der Balance von finanzieller Stabilität und sportlichem Erfolg.
'Es macht Spaß, gemeinsam Themen zu analysieren und konstruktive Lösungen zu finden', sagt André Herber (rechts) über Sebastian Neumann.
Foto: Frank Scheuring | "Es macht Spaß, gemeinsam Themen zu analysieren und konstruktive Lösungen zu finden", sagt André Herber (rechts) über Sebastian Neumann.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:34 Uhr

Als ungeschlagener Tabellenführer der Regionalliga Bayern haben die Würzburger Kickers die Drittliga-Rückkehr fest im Blick. André Herber, seit Juli 2023 Vorstandsvorsitzender der Profifußball-AG, und Sebastian Neumann, seit November 2021 Sportdirektor der Rothosen, sprechen im gemeinsamen Interview über die Zukunftsaussichten am Dallenberg.

Frage: Wie wichtig war am Beginn eines entscheidenden Jahres für den Verein das Trainingslager auf Mallorca?

Sebastian Neumann: Sehr wichtig. Wir hatten hier die Zeit und Ruhe auf dem Platz neue Dinge einzustudieren. Aber vor allem lernt man sich noch einmal viel besser kennen, wenn man den ganzen Tag aufeinander hockt. Das war der Sinn des Trainingslagers. Ich bin sehr zufrieden und glaube, wir können gestärkt die nächsten Aufgaben angehen.

Im vergangenen Sommer haben die Kickers nach einer ausgiebigen Analyse, ihren Spielstil angepasst. Die Mannschaft agierte deutlich pragmatischer als in der Vorsaison. Gibt es in diesem Winter wieder Gründe etwas zu verändern?

Neumann: Wir haben selbstverständlich auch die Hinrunde analysiert. Wir haben in dieser Saison bislang vieles richtig gemacht. Aber wir haben gerade im Offensivbereich noch Potenzial, um uns zu verbessern. Auch bei Standardsituationen. Wir haben da zwar schon einige wichtige Tore gemacht. Aber wir haben aus der Vielzahl der Standardsituationen noch nicht das Optimum herausgeholt. Wir können und wollen noch besser werden.

'Eine Drittliga-Lizensierung ist kein Hexenwerk', sagt Kickers-Vorstandsvorsitzender André Herber.
Foto: Benjamin Brückner | "Eine Drittliga-Lizensierung ist kein Hexenwerk", sagt Kickers-Vorstandsvorsitzender André Herber.
Es gab in der Winterpause Personalwechsel. Aron Unrath und Norman Quindt haben den Klub verlassen. Dafür kamen Lukas Gottwalt und Johann Hipper. Warum?

Neumann: Es ist doch klar, dass die Spieler auch ihre Situation analysieren und der ein oder andere mit seinen Einsatzminuten unzufrieden ist. Aron und Norman kamen auf uns zu, mit dem Wunsch, sich verändern zu wollen und für uns war klar, dass wir ihnen keine Steine in den Weg legen. Mit Johann und Lukas haben wir Ersatz verpflichtet. Spieler, die nicht nur menschlich, sondern auch sportlich ins Team passen. Unterm Strich, glaube ich, dass wir uns damit verstärkt haben.

War die Verpflichtung von Lukas Gottwalt rückblickend eine glückliche Fügung? Schließlich stünde mit ihm nun ein drittligaerfahrener Ersatz für die derzeit angeschlagenen Innenverteidiger Daniel Hägele und Marius Wegmann bereit.

Neumann: Wenn man die Situation jetzt bewertet, dann auf jeden Fall. Mit Lukas haben wir eine zusätzliche Option. Letztlich hatte aber auch Aron unser Vertrauen. Sein Problem war einfach, dass die Spieler, die bisher gespielt haben, ihre Sache so gut gemacht haben, dass er kaum eine Einsatzchance hatte.

Herr Neumann, das neue Jahr begann mit der Nachricht, dass die Verträge von Ihnen und Trainer Marco Wildersinn im Fall des Aufstiegs verlängert werden. Heißt das, Sie gehen, wenn die Kickers in der Regionalliga bleiben? Und konzentrieren Sie Ihre Arbeit jetzt nur noch auf die Planungen für die 3. Liga?

Neumann: Nein. Natürlich nicht. An meiner Arbeitsweise hat sich nichts geändert. Die Vertragsverlängerung bedeutet nicht, dass ich hier nicht weitermache, wenn wir in der Regionalliga bleiben. André Herber und ich sind ständig im Austausch und wir sprechen natürlich auch über andere Szenarien.

André Herber: Ich muss sowieso sagen: Sebastian Neumann macht seine Sache auch im Zusammenspiel mit Trainer Marco Wildersinn sehr gut. Es macht Spaß gemeinsam Themen zu analysieren und konstruktive Lösungen zu finden. Was das gegenseitige Vertrauen angeht passt zwischen uns kein Blatt Papier. Ich glaube, wir können uns absolut aufeinander verlassen.

Herr Herber, warum haben Sie dann schon in der Winterpause verkündet, dass sich die Verträge von Trainer und Sportdirektor nur bei einem Drittliga-Aufstieg verlängern? Das wirft doch automatisch Fragen auf ...

Herber: Wir wollten einfach schon sehr früh deutlich machen, dass wenn wir unser Ziel erreichen, die Verantwortlichen, die das gewuppt haben, den eingeschlagenen Weg fortführen. Es war nicht einfach, eine Entscheidung bereits so zeitig zu treffen. Wir suchen noch immer nach der Balance zwischen finanzieller Stabilität und sportlichem Erfolg, die aufgrund der in Regionalliga nicht vorhandenen TV Einnahmen, weiterhin geringeren Zuschauer- und Sponsoringeinnahmen natürlich nicht möglich ist. In diesem Druckkessel bewegen wir uns die ganze Zeit. Bekanntlich wurde und wird dies aktuell durch das Engagement unseres Anteilseigners Dominik Möhler kompensiert. Andere Vereine in der Regionalliga sind bekanntlich in finanzielle Schieflage geraten.

"Unser Ziel ist es, dass Anfang Juni ein Großteil des Kaders steht. Alles andere wäre ja Wahnsinn."
Kickers-Sportdirektor Sebastian Neumann
Können Sie nicht etwas konkreter werden, wie die Zukunft im Falle des Nichtaufstiegs im Sommer aussehen würde?

Herber: Leider nein. Natürlich haben wir einen Plan B.  Selbstverständlich ist auch in diesem Sebastian Neumann eingeplant. Aber derzeit tun wir erst einmal alles dafür, den Aufstieg zu schaffen. Wenn das nicht klappt, wird die Welt nicht untergehen, sondern sich weiterdrehen.

Die Planungen für eine kommende Drittliga-Saison müssen schon weit gediehen sein. Bereits Anfang März müssen Sie die Zulassungs-Unterlagen beim Deutschen Fußball-Bund einreichen. Wie ist der Stand?

Herber: Eine Drittliga-Lizensierung ist kein Hexenwerk. Es braucht offizielle Bestätigungen für wirtschaftliche Dinge oder zum Thema Stadionsicherheit. Das sind Sachen, die wir jetzt abarbeiten.

Und was ist mit den personellen Anforderungen? Die Geschäftsstelle ist in den letzten Jahren und Monaten kleiner geworden. Bestimmte Bereiche müssen Sie nun wieder hochfahren.

Herber: Das ist korrekt. In den Bestimmungen ist klar geregelt, in welchen Bereichen es Planstellen  geben muss – auch, wenn dies in der Praxis gar nicht nötig sind. Wir sind da in einem engen Austausch mit dem DFB. Wir wollen und werden die Bedingungen erfüllen.

"Wenn ich nun schon wieder irgendetwas von Liga zwei erzählen würde, dann hätten wir bei den Kickers nicht verstanden, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist."
Kickers-Vorstandsvorsitzender André Herber
Sie sprechen viel von Nachhaltigkeit. Ist Drittligafußball in Würzburg überhaupt nachhaltig möglich oder immer ein Draufleggeschäft? Müssen die Kickers nicht eigentlich sogar in die 2. Bundesliga, damit sich Profifußball lohnt?

Herber: Für die Fans und Zuschauer lohnt sich Profifußball doch immer. Sofern die Frage auf die finanziellen Verhältnisse abzielt, so ist allgemein bekannt, dass die Drittligisten im Durchschnitt wohl Verbindlichkeiten in Höhe von etwa 5,6 Millionen Euro haben. Das verstehen wir sicherlich nicht unter Nachhaltigkeit. Aber wir müssen unsere Entwicklung Schritt für Schritt betrachten. Jetzt sind wir im zweiten Jahr in der Regionalliga mit deutlich geringeren Einnahmen als im Profifußball. Wenn ich nun schon wieder irgendetwas von Liga zwei erzählen würde, dann hätten wir bei den Kickers nicht verstanden, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist. Wenn wir es schaffen auf den wichtigen Positionen personelle Kontinuität zu wahren, dann ist es möglich nachhaltig etwas zu entwickeln. Jetzt wollen wir in die 3. Liga aufsteigen und für die Kickers eine Perspektive schaffen, damit dort der Klassenerhalt gelingt. Das ist das erste Ziel. Welche Pläne man dann für die folgenden Jahre schmiedet, das ist jetzt noch kein Thema.

'Wir dürfen uns nicht verrücktmachen lassen', sagt  Sportdirektor Sebastian Neumann über anstehende Vertragsverhandlungen mit Spielern.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | "Wir dürfen uns nicht verrücktmachen lassen", sagt  Sportdirektor Sebastian Neumann über anstehende Vertragsverhandlungen mit Spielern.
Aktuell ein Thema ist die Vertragssituation bei vielen Spielern. Für fast alle Akteure ist es ungewiss, wie es nach der Saison weitergeht. Kann das für Unruhe sorgen?

Neumann: Ich sehe das nicht so. Ich habe zur Mannschaft gesagt: Für jeden einzelnen ist es der beste und einfachste Weg, gemeinsam aufzusteigen. Ich sehe da kein Spannungsfeld. Wir gehen nach und nach in die Gespräche mit Spielern. Wir dürfen uns da nicht verrücktmachen oder unter Druck setzen lassen. Unser Ziel ist es eine gewisse Kontinuität auch im Bereich der Spieler zu schaffen. Aber natürlich wird es auch Veränderungen geben. Eines wurde in den letzten Monaten aber deutlich - die Würzburger Kickers sind für Spieler wieder eine gute und interessante Adresse.

Welche Spieler wollen Sie denn unbedingt behalten?

Neumann: (grinst) Darauf möchte ich nicht antworten. Natürlich haben wir ein Konstrukt im Kopf.

Es werden also bereits Gespräche mit Spielern geführt, mit denen Sie weitermachen wollen?

Neumann: Genau.

Und dabei geht es auch um Verträge für zwei Spielklassen, oder nur für die 3. Liga?

Neumann: Am Ende weißt du ja womöglich erst nach einem zweiten Aufstiegsspiel am 2. Juni, ob du aufsteigst oder nicht. So lange können wir nicht warten.

Das heißt, der Fall, dass der Klub dann je nach Ausgang, ohne Spieler dasteht tritt nicht ein?

Neumann: Unser Ziel ist es, dass Anfang Juni ein Großteil des Kaders steht. Alles andere wäre ja Wahnsinn.

Wie sehr nervt es, dass es aufgrund der Aufstiegsregelung bis zuletzt keine Planungssicherheit gibt und die Kickers womöglich erst sehr spät wissen, in welcher Liga sie spielen.

Herber: Das nervt natürlich sehr. Aber wir nehmen diese Situation an. Wir kannten sie von vornherein. Natürlich ist es schade, wenn es am Ende egal ist, wie du in der Runde gespielt hast.

Neumann: Wenn du die Aufstiegsspiele verlieren solltest, ist es am Ende auch egal, ob du Erster oder Siebter geworden bist. Das Ergebnis bleibt das gleiche. Das wäre echt hart. Aber wer hoch will, der muss eben auch diese beiden Spiele erfolgreich gestalten.

André Herber (rechts) im Gespräch mit Anteilseigner und Aufsichtsratsmitglied Dominik Möhler.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | André Herber (rechts) im Gespräch mit Anteilseigner und Aufsichtsratsmitglied Dominik Möhler.
In der kommenden Saison steigt der Meister der Regionalliga Bayern direkt auf. Spielt das bei Ihren Überlegungen zu Plan B eine Rolle?

Herber: Natürlich spielt das eine Rolle. Klar ist, dass es in jedem Fall Sinn gibt, auch in der kommenden Saison wieder sehr guten Fußball zu spielen. Aber es gibt da sehr viele Unwägbarkeiten. Niemand weiß, wie der Kader dann aussehen würde. Unsere Spieler haben sich ja auch für höherklassige Vereine interessant gemacht.

Mit welchem Gegner rechnen Sie in den Aufstiegsspielen?

Neumann: Wir schauen erst einmal auf uns. Wir müssen noch 13 Spiele in der Regionalliga positiv gestalten und reden deshalb noch überhaupt nicht über Aufstiegsspiele. Natürlich schaue auch ich ab und an einmal, was in der Regionalliga Nord gerade passiert. Aber letztlich muss uns der Gegner egal sein.

 
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