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Fußball
Datenspeicherung und Polizeigewalt: So äußern sich die Parteien vor der Landtagswahl in Bayern zu Fragen von Fußballfans
Mehrere Fanhilfen, unter anderem die Fanhilfe 1907 aus Würzburg, haben sich zusammengeschlossen und einen Fragenkatalog für die Parteien entwickelt.
Immer wieder kommt es rund um Fußballspiele zu Konflikten zwischen Polizei und Fans. Fanhilfen aus Bayern haben sich mit ihren Anliegen vor der Landtagswahl an die Parteien gewandt.
Foto: Symbolbild: Boris Roessler | Immer wieder kommt es rund um Fußballspiele zu Konflikten zwischen Polizei und Fans. Fanhilfen aus Bayern haben sich mit ihren Anliegen vor der Landtagswahl an die Parteien gewandt.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:54 Uhr

Am 8. Oktober steht die Landtagswahl in Bayern an. Im Vorfeld haben die Fanhilfen aus Würzburg, Augsburg, Fürth, München, Nürnberg und Regensburg unter dem Motto "Fanrechte stärken & Repression stoppen" einen Fragenkatalog erstellt und die "relevanten Parteien zu diversen fanrelevanten Themen befragt", wie es in der Veröffentlichung der Fanhilfen heißt.

Die Fanhilfen möchten damit eine Informationsbasis für die Wählenden schaffen und betonen ausdrücklich, keine Wahlempfehlung abgeben zu wollen. Es geht insbesondere um das Verhalten der Polizei und die Speicherung von Personendaten.

Wer denkt, solche Themen betreffen nur Ultras, liegt falsch. "Überzogene Polizeimaßnahmen, Einschränkung von Grundrechten sowie die ausufernde präventive Datensammlung treffen längst nicht nur die aktivsten und lautesten Fans", betont die Fanhilfe 1907 der Würzburger Kickers. Es gebe dafür zahlreiche Beispiele, auch im Umfeld von Kickers-Spielen, etwa durch Kameraüberwachung, zum Teil auch mithilfe von Drohnen.

Zudem anführen ließen sich "Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch Kessel oder Betretungsverbote, bei denen oft nicht zwischen Ultra und normalem Fan unterschieden wird. Wer falsch steht, hängt mit drin", führt die Fanhilfe auf Anfrage aus.

Diese Redaktion hat die Antworten der Parteien für Sie zusammengefasst, die vollständigen Ausführungen finden Sie hier.

1. Wie stehen die Parteien zur Datenbank "EASy Gewalt und Sport", in der personenbezogene Daten gespeichert werden?

Nach Ansicht der Fanhilfe 1907  fehlt der Datenbank jegliche Rechtsgrundlage. Abgesehen davon, dass die Datei bis 2021 durch das bayerische Innenministerium geheim geführt worden sei, seien die Kriterien für die Aufnahme in diese Datei völlig unklar und stehen in keinerlei Zusammenhang mit Straftaten oder rechtskräftigen Verurteilungen. "Im Grunde kann jeder, der im Rahmen eines Fußballspiels eine Ordnungswidrigkeit begeht oder von dem die Polizei auch nur annimmt, dass er sich ungesetzlich verhalten könnte, einen solchen Eintrag erhalten", heißt es auf Anfrage.

Es gebe faktisch keine Hürden für eine Eintragung, und eine betroffene Person werde darüber nicht proaktiv informiert. So könne es passieren, dass sie erst am Flughafen bei der Passkontrolle von ihrem Eintrag erfährt. "Im besten Fall durchläuft die Person dann eine Sonderbehandlung mit intensiver Befragung durch die Zollbeamten. Im schlechtesten Fall wird ihr die Ausreise verweigert", betont die Fanhilfe.

Die CSU spricht sich dennoch für die Verwendung der Datenbank aus. Auch die Freien Wähler haben prinzipiell nichts dagegen, befürworten aber eine Nutzung mit Augenmaß. Grüne und SPD fordern die Abschaffung, FDP und Die Linke sehen die aktuelle Variante kritisch und plädieren für eine Überarbeitung.

2. Was sagen die Parteien zu einer Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten, etwa so, wie sie in Rheinland-Pfalz gehandhabt wird? Dort werden die Beamtinnen und Beamten über eine kurze Nummernfolge gekennzeichnet.

Rund um Fußballspiele kommt es immer wieder zu Vorfällen, in denen Polizistinnen und Polizisten unangebrachte Gewalt vorgeworfen wird. Eine Kennzeichnung könnte dabei helfen, mögliche Straftaten vonseiten der Polizei effektiver aufzuklären, finden auch die Fanhilfen.

Die CSU ist klar gegen ein solches System. So sehen es auch die Freien Wähler. Einig sind sich auch Grüne, SPD, FDP und Die Linke – allerdings spricht sich das Quartett klar für eine Kennzeichnungspflicht aus.

3. Was halten die Parteien von der Einführung einer unabhängigen Beschwerdestelle für Betroffene von Polizeigewalt und dem Einsatz externer Ermittlerinnen und Ermittler zur besseren Aufklärung potenziell begangener Straftaten von Polizistinnen und Polizisten?

Die CSU hält die Einführung einer unabhängigen Beschwerdestelle offenbar nicht für notwendig. Zumindest verweist die Partei darauf, dass bereits vor mehreren Jahren eine unabhängige Ermittlungsstelle beim Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) eingerichtet und personell umfassend ausgestattet worden sei. Und es gebe dort auch ein Bürgertelefon für Beschwerden.

Die Freien Wähler betonen, wie wichtig es sei, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die bayerische Polizei bei möglichem polizeilichen Fehlverhalten Einzelner zu stärken, indem solche Vorfälle schnell aufgeklärt werden. Letztlich sei eine entsprechende Struktur bereits im hierarchisch aufgebauten Verwaltungsapparat gegeben. Die FDP sieht es ähnlich.

Grüne, SPD und Die Linke hingegen sprechen sich allesamt für unabhängige Beschwerdestellen aus, wenngleich die SPD betont, dass bei internen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaften bereits jetzt Vorkehrungen getroffen werden, um Interessenkonflikte auszuschließen. Ein solcher bestünde etwa, wenn gegen eigene Kolleginnen und Kollegen ermittelt werden müsste.

4. Wie stehen die Parteien zur aktuellen Fassung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) und was sagen sie zum Präventivgewahrsam sowie zum Begriff der "drohenden Gefahr"?

Die Reform des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) wurde 2018 verabschiedet. Kritikerinnen und Kritiker sehen nach Angaben der Fanhilfen das Prinzip staatlicher Gewaltenteilung ausgehebelt – insbesondere durch die Möglichkeit der Polizei, Menschen ohne richterlichen Beschluss für bis zu zwei Monate in Präventivgewahrsam zu nehmen. Auch der Begriff der "drohenden Gefahr" wird bemängelt. "Dieser ermöglicht es der Polizei, bereits dann tätig zu werden, bevor eine konkrete Gefahr überhaupt ersichtlich ist", erklären die Fanhilfen in ihren Ausführungen.

Die CSU lobt das PAG. Präventivgewahrsam sei rechtlich zulässig, Grundvoraussetzung sei jedoch die Verhältnismäßigkeit. Auch die Aufnahme des Begriffs der "drohenden Gefahr" ist für die CSU positiv. Für die Freien Wähler ist Freiheitsentzug "nur als allerletzte Möglichkeit zulässig". Auch ihnen gehe es um Verhältnismäßigkeit. Der Begriff der "drohenden Gefahr" sei auf Initiative der Partei bereits deutlich angepasst worden.

Grüne, SPD und FDP sehen eben jene Verhältnismäßigkeit beim Präventivgewahrsam nicht gegeben. Ziel des Trios ist es, eine Maximaldauer von 14 Tagen zu erreichen. Die Linke lehnt Präventivgewahrsam gänzlich ab, alle vier Parteien halten den Begriff der "drohenden Gefahr" zudem für untauglich.

5. Wie stehen die Parteien zum Unterstützungskommando (USK) und dessen Einsatz bei Fußballspielen, die nicht als „Spielbegegnungen mit hohem Risiko“ eingestuft sind?

Zum USK schreiben die Fanhilfen: "Das Unterstützungskommando (kurz: USK) ist eine bayerneigene Polizeieinheit, die für Sonderlagen und zur Terrorbekämpfung trainiert und ausgebildet wird. Ihr tägliches Einsatzgebiet sind jedoch Fußballspiele und Demonstrationen. Die Beamtinnen und Beamten werden demnach oft als militant und aggressiv wahrgenommen, kritisiert wird zudem der Einsatz bei Partien, die keine Hochrisikospiele sind."

Die CSU spricht sich nicht gänzlich gegen den Einsatz des USK aus. Die Entscheidung liege im Einzelfall bei der Polizei. Auch die Freien Wähler sehen USKs nicht als problematisch an. Die FDP betont, dass die Kriterien für einen Einsatz des USK transparent und nachvollziehbar sein müssen. Und es dürfe in keinem Fall zu einem Anstieg von Aggressivität und Gewaltpotenzial kommen.

Die Grünen wollen stärker auf Stadionallianzen setzen, in denen neben Vertreterinnen und Vertretern der Polizei und der Fußballklubs auch Fanprojekte und kommunale Sicherheitsbehörden sowie die Rettungsdienste und Feuerwehren vertreten sind. Für die SPD sind USKs nur bei Hochrisikospielen akzeptabel, insofern die Einschätzung nicht ausschließlich durch die bayerische Polizeiführung erfolgt.

Die Linke fordert eine kritische Überprüfung des USK in Bayern. Einsätze bei Fußballspielen, die nicht als "Spielbegegnungen mit hohem Risiko" deklariert sind, sollen auf das Notwendigste beschränkt werden.

 
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