Seit 1967 tragen die Fußballer der Würzburger Kickers ihre Heimspiele am Dallenberg aus. Entsprechend viel Geschichte atmet das Stadion des Regionalliga-Meisters. Ein etwas verstecktes Schmuckstück in der Arena ist aber noch viel älter, hat den Umzug von der einstigen Spielstätte an der Randersackerer Straße in der Sanderau auf die andere Mainseite mitgemacht. Es ist fast auf den Tag genau 100 Jahre her, dass das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg verstorbenen Kickers-Mitglieder im April 1924 eingeweiht wurde.
Einst war es ein markantes Wahrzeichen des alten Kickers-Geländes. Nach dem Umzug an den Dallenberg wurde es hinter der Gegengerade wieder aufgebaut. Inzwischen verdeckt ein nach dem letzten Stadionausbau als Essens- und Getränkestand aufgestellter Container teilweise die Sicht auf das Denkmal – was Kickers-Archivar Rainer Adam ein Dorn im Auge ist.
Adam berichtet von der langen Historie, die mit dem Denkmal verbunden ist. "Das ist das letzte und einzige wirklich historische Teil im Stadion am Dallenberg", sagt er und zeigt eines der drei erhaltenen Originale der Festschrift, die zur Einweihung an Ostern 1924 herausgegeben wurden. "Die Texte darin stammen allesamt von Gründungsmitgliedern des Vereins", so der Vereinsarchivar.
Der Erste Weltkrieg war ein großer Einschnitt in der Entwicklung der Kickers gewesen. Der Klub hatte nach seiner Gründung 1907 schnell Erfolge gefeiert, hatte Spiele gegen die lokale Konkurrenz dominiert und war bis in die damals höchste Spielklasse, die Ostmainliga, aufgestiegen. Im Krieg aber verloren insgesamt 107 Kickers-Mitglieder ihr Leben. In der Festschrift zur Denkmal-Einweihung stehen zahlreiche Namen von Spielern der ersten Kickers-Mannschaften unter den Gefallenen.
"Damals hat ja niemand daran gedacht, dass einige Jahre später mit dem Zweiten Weltkrieg die nächste Katastrophe kommen würde", sagt Adam. Umso befremdlicher wirken die Bilder in seinem Archiv, die zeigen, wie das Denkmal am Kickers-Platz bei einer "Völkischen Gedenkstunde" von den Nationalsozialisten zur Propaganda genutzt wurde.
Das Mahnmal selbst überstand die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und blieb, inzwischen den Toten der beiden Weltkriege gewidmet, auf dem Gelände an der Randersackerer Straße ein Erkennungszeichen, das auf vielen Spielfotos in Adams Archiv heraussticht. Auch nach dem Umzug an den Dallenberg fand dort noch lange alljährlich am Totensonntag das Gedenken an die verstorbenen Vereinsmitglieder statt.
Mittlerweile findet Adam das Ensemble am Eingang des Stadions "trostlos". Dass das Denkmal quasi hinter einem Verkaufsstand verschwinde, sei "ein Armutszeugnis für einen Traditionsverein".
Kritik, die Kickers-Präsident Michael Grieger so nicht stehen lassen will. Erst vor zwei Jahren sei das Denkmal restauriert und gereinigt worden. Ein Verkaufswagen der Fanszene, der zuvor noch vor den Stufen des Denkmals platziert war, ist auch seit einiger Zeit von diesem Platz verschwunden. "Es ist sicher noch nicht perfekt. Aber wir kümmern uns sehr wohl um unsere Tradition, wissen um diesen speziellen Ort und haben uns gerade deshalb bemüht, das Denkmal zu pflegen", so Grieger.
Adam wünscht sich trotzdem gerade zum 100-jährigen Jubiläum mehr Beachtung für das historische Stadiondetail. "Wenn bei den Kickers vom Traditionsverein gesprochen wird, habe ich immer gemischte Gefühle, weil ich dann an das Ehrenmal und seinen Platz im Stadion denken muss."