Prima donna - erste Frau. Mit diesem Schlagwort veröffentlichte die Würzburger Triathletin Carolin Lehrieder am späten Samstagabend auf ihren Kanälen in den Sozialen Netzwerken ein Foto, das sie mit Siegerschärpe beim Abklatschen mit Zuschauern im Ziel von Cervia zeigt. Die 30-Jährige hatte zuvor den ersten Ironman-Triumph ihrer Profikarriere gefeiert. "Es war der Tag, auf den ich immer gehofft habe", sagt sie einen Tag später auf der Fahrt zurück in die Heimat. "Ein Traum, für den ich all die Jahre trainiert habe und der jetzt wahr geworden ist."
Glaube an die eigene Stärke
Bei der dritten Auflage des Ironman Italy Emilia-Romagna lief Lehrieder beim deutschen Dreifacherfolg in neuem Streckenrekord von 8:48.23 Stunden vor der Frankfurterin Jenny Schulz (8:56.39) und Mareen Hufe (9:02.12) aus Wesel ins Ziel. Die Würzburgerin, die für das Proteam Mohrenwirt startet, unterbot die Zeit von Daniela Bleymehl von 2018 um mehr als eine Viertelstunde - und ihre eigene Bestzeit vom Juli ebenfalls noch mal.
Da war Lehrieder beim Klassiker in Roth als Fünfte in 8:55.13 Stunden schon unter der magischen Neun-Stunden-Marke geblieben. "Dort habe ich gemerkt, dass ich mit der Weltspitze mithalten kann. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich", sagt Lehrieder nun, zweieinhalb Monate später. "Seither glaube ich noch mehr an meine Stärke und daran, dass ich auch gewinnen kann."
Auf dem Rad an die Spitze
In Italien hatte Michelle Vesterby das 3,8 Kilometer lange Schwimmen mit knappem Vorsprung angeführt. In der Wechselzone überholte Lehrieder die Dänin und ging als Erste auf die 180 Kilometer lange Radstrecke. Anfangs konnte Vesterby noch folgen, dann vergrößerte die Würzburgerin den Abstand von knapp drei Minuten nach der ersten Radrunde auf um die acht Minuten vor dem abschließenden Marathon. In Roth hatte sie dort "noch Lehrgeld gezahlt", wie sie sagt. "Diesmal war der Lauf um zwei Klassen besser."
Während sich die Vorjahresvierte weiter absetzte und das Rennen kontrollierte, hatte sie genug Zeit, sich auf ihren ersten Sieg vorzubereiten. "Ich hatte diesmal keine Täler zu durchschreiten, mir ging es die ganze Zeit gut. Der große Vorsprung hat mich auch mental gestärkt."
An der Halbmarathonmarke lag Lehrieder zwölf Minuten vor Hufe und Schulz, die inzwischen ebenfalls an der Dänin Vesterby vorbeigezogen waren. "Da wusste ich, es kann nichts mehr anbrennen. Bei einem Ironman funktioniert das Hirn ja nicht mehr ganz so gut, aber dafür haben meine Mathekenntnisse noch gereicht", schildert die Mathematiklehrerin am Sonntag lachend.
Als sie schließlich am Strand von Cervia ins Ziel einlief, "links und rechts standen die Menschen Spalier zum Abschklatschen", da war das "einfach der Wahnsinn". Lehrieder genehmigte sich Pizza und Pommes und feierte gegen Mitternacht mit den Mitstreitern die sogenannte "Finish-Line-Party". Dabei überreichte sie gemeinsam mit dem Sieger der Männer, dem Australier Cameron Wurf, der in 7:46.54 Stunden ebenfalls eine neue Kursbestzeit aufstellte, den letzten Zieleinläufern die Medaillen.
Und was kommt nun für Carolin Lehrieder, für die das sechste Jahr ihrer Profikarriere mit Abstand das erfolgreichste war? "Mein Plan ging nur bis gestern vor dem Start", gesteht die 30-Jährige. "Erst mal werde ich zwei ruhige Wochen einlegen und in Würzburg nachfeiern." Zumindest weiß sie schon, was sie im Oktober 2020 machen wird: auf Hawaii starten. Denn dafür hat sie sich durch ihren ersten Ironman-Sieg qualifiziert.