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FUßBALL: DRITTE LIGA
Bierofka gibt Löwen den Stolz zurück
Trainingsstart TSV 1860 München       -  Löwen-Dompteur: Daniel Bierofka hält bei Kickers-Gegner 1860 München alle Fäden in der Hand.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Löwen-Dompteur: Daniel Bierofka hält bei Kickers-Gegner 1860 München alle Fäden in der Hand.
Von Uli Kellner
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:25 Uhr

Es sind keine einfachen Tage für Daniel Bierofka, den Urmünchner. Das Oktoberfest geht in seine zweite Woche, doch der Trainer des TSV 1860 stellte gleich zu Beginn klar: „Bei mir vibriert gar nichts. Dazu bin ich viel zu eingespannt.“ Ein Spiel jagt das nächste in der Dritten Liga, und ausgerechnet jetzt bleiben die Siege aus. Würzburg heute ist die dritte Partie binnen neun Tagen und nebenbei macht der Ex-Profi auch noch den Fußballlehrer. Das alles ist gerade wichtiger als die Wiesn, über die Bierofka, 39, sagt: „Für echte Münchner eigentlich ein Pflichttermin.“

Aber: Der 1860-Coach klagt nicht. Er hat es selber so gewollt. Die Zulassung zum Fußballlehrer hat er sich schon deshalb verdient, weil er zuvor mal eben den tief gestürzten TSV 1860 zurück in den Profifußball geführt hat. Mit demselben Feuereifer, der ihn schon als Spieler ausgezeichnet hatte – und der es ihm jetzt auch ermöglicht, berufliche Zwänge vor private Vergnügungen zu stellen. Mit anderen Worten: „Ich kann mich ganz gut in Dinge reinbeißen.“

Training abgebrochen: Drewes fällt in München sicher aus

Genau das fordert er auch von seiner Mannschaft ein, die er nach seinem Ebenbild geformt hat – als Gegenentwurf zum krachend gescheiterten Multikulti-Modell, das sich mit dem Doppelabsturz im Mai 2017 selbst abgeschafft hat. Die aktuellen Löwen kommen aus der Region, haben in den meisten Fällen Stallgeruch und ziehen brav mit, wenn der Chef sie mal wieder etwas härter anpackt wie kürzlich, nach der 1:2-Heimpleite gegen Wehen. „Da wäre ich auch stocksauer gewesen, wenn wir 1:0 gewonnen hatten“, brummte Bierofka.

Fußball arbeiten statt spielen

Gegen Wehen hatte der Aufsteiger all das vermissen lassen, was den Fußball in Giesing seit einem Jahr wieder zum Erlebnis macht. „Wir sind ein Arbeiterverein – und dementsprechend kommt bei uns auch das Fußball arbeiten vor dem Fußball spielen“, sagt Sportchef Günther Gorenzel, der den angehenden Fußballlehrer von Montag bis Mittwoch auf dem Trainingsplatz vertritt. Bierofka drückt es so aus: „Wir prügeln es so lange in ihre DNA rein, bis sie gar nicht mehr anders können.“ Anders als Vollgas geben, Zweikämpfe suchen, Gras fressen. Wie elf junge Bierofkas.

Kurzwegs Reise in die Vergangenheit

Klammert man das Wehen-Spiel aus, läuft es bislang auch so, wie der frühere Angreifer sich das vorstellt. Die Löwen stellen zusammen mit Würzburg das torgefährlichste Team, stehen hinten meist kompakt und schlagen bevorzugt nach ruhenden Bällen zu. „Fußball muss ein Erlebnis sein“, predigt Bierofka: „Die Zuschauer kommen schließlich ins Stadion, weil sie was erleben wollen.“ Und tatsächlich: Wenn 1860 spielt, passiert immer was. Zum Leidwesen des Trainers aber auch in die andere Richtung. Vier späte Gegentore haben sechs wertvolle Punkte gekostet. Das Spielchen, wo die Löwen stehen können, würden die Partien fünf Minuten früher abgepfiffen, erfreut sich in Fankreisen zweifelhafter Beliebtheit.

Aber: Auch was das angeht, zeigt sich Bierofka tapfer. „Wir sind eine ordentliche bis gute Mannschaft“, sagt er: „Für ganz oben fehlen noch die Cleverness und Erfahrenheit. Wir dürfen auch nicht vergessen, wo wir herkommen.“ Aus der Regionalliga. Oder direkt aus der blauen Hölle, wenn man noch ein Jahr weiter zurückblickt. Der historischer Doppelabstieg wirkt bis heute nach, doch immerhin konnte sich der Verein aus der ungeliebten FC-Bayern-Arena befreien und in der alten Heimat Giesing einen Neuanfang starten, organisiert von Tausendsassa Bierofka.

Sogar Ismaik auf Bierofkas Seite

Bierofka hat dem Verein seinen Stolz zurückgeben – und sogar den unberechenbaren Investor auf seine Seite gebracht. Hasan Ismaik setzt aus gutem Grund auf den ehrgeizigen Urlöwen (Vertrag bis 2022), denn der will sich auch in der 3. Liga nicht mit einem Mittelfeldplatz zufrieden geben: „Dafür haben wir uns nicht ein Jahr lang den Arsch aufgerissen“, sagte der 1860-Coach nach dem Happy End in der Aufstiegsrelegation.

Heute gegen die aufstrebenden Kickers wird sich zeigen, wie reif die neuen Löwen schon sind. Und am Tag danach geht‘s dann auch endlich auf die Wiesn. Pflichteinladung des Sponsors. Macht mit einem Sieg im Rücken erfahrungsgemäß am meisten Spaß. Doch nicht nur deswegen wird der TSV Bierofka alles geben.

 
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Kommentare
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  • A. G.
    Bitte einmal den Boehnke und Komsan abstellen und die Welt wird bunter.....
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  • G. K.
    Man meint die Münchner Abendzeitung macht den Vorbericht!?!?!?
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  • H. B.
    So so, der Ur-Löwe also. Der es mehrere Jahre an der Säbener versucht, und halt nicht geschafft hat. Passt schön, in diesen Zeiten nach echter Vereinstreue zu suchen. Nur: Den Hector, Horn gibts halt (leider!) nur noch (viel zu) selten. Dämlich ist es, Psedeudo-Konstrukte herbeireden zu wollen. Umso mehr, wenn dann halt noch solche Dinge wie eingangs genannt Tatsachen sind. Wenn Sie auf Giesing auch immer noch nicht gelernt haben, dass wir 2018 nicht mehr die Situation von 1950 haben, wird’s wohl nix werden mit einer besseren Zukunft beim Turnverein. Dieses Kategorisieren in „Arbeiterverein“ ist nicht nur für Sozialromantiker Humbug - es kann heutzutage schlicht gar nicht mehr verwendet werden. Auch nicht in WÜ oder dem Vorort, der Regionalliga spielt. Die bleiben mit diesem „Markenkern“ auch auf dem Level. (Gut so. Denn: Im Profi-Sport, gerade Fußball, passt das nicht mehr. Und: Schlimm genug, wenn der DFB den Sport kaputt macht vor lauter Kommerz. Da brauchts nicht noch solchen Käse.
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  • S. G.
    @aboehnke: Und Sie sind der Einzige, der den Profisport versteht ? Man könnte fast das Gefühl haben, Sie wollen das Klischee eines überheblichen Kickers-Fan darstellen. Ich hoffe das natürlich nicht. Die Löwen werden in München auch weiterhin für den Arbeiterverein stehen. Auf Wurzeln kann man stolz sein (wenn ausreichend vorhanden)...und das ist gut so.
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  • H. B.
    Nur betroffene Hunde bellen ...
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  • S. G.
    Mit den Bellen haben Sie angefangen....das Argument zieht nicht. Eigentor 😀
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