
In der letzten 57 Sekunden hätte es dann tatsächlich beinahe noch einmal spannend werden können. Von einem 17-Punkte-Rückstand (54:71), dem höchsten in der gesamten Partie, sieben Minuten vor Schluss hatten sich Würzburgs Bundesliga-Basketballer auf sieben noch mal herangekämpft (77:84), und als Owen Klassen seine beiden einzigen Freiwürfe zum 82:87 versenkt hatte, waren noch 24,2 Sekunden auf der Uhr. Im Basketball ist da noch allerhand möglich.
Berlins Trainer Israel Gonzalez nahm seine letzte Auszeit und erinnerte seine Mannen bestimmt daran, dass sie diese Bundesligapartie doch wohl nicht mehr aus der Hand geben wollten gegen den in den letzten Spielminuten doch noch einmal etwas aufmüpfig gewordenen Gast. Das tat Alba Berlin dann auch nicht und beendete am Sonntagnachmittag mit einem unterm Strich verdienten 90:82 (42:37) die sieben Begegnungen andauernde Siegesserie der Würzburg Baskets, die letztlich nur eine Halbzeit lang mithalten konnten mit dem elfmaligen deutschen Meister, der sich den vierten Platz dadurch zurückeroberte und die Unterfranken auf den sechsten bugsierte.
Albas dritter Streich in dieser Spielzeit
Es war Albas dritter Streich in dieser Spielzeit: Die Hauptstädter entwickeln sich immer mehr zum Seriensieger-Besieger. Am vierten Spieltag stürzten sie den bis dahin ungeschlagenen Aufsteiger Vechta von der Tabellenspitze. An Silvester beendeten die Berliner die zwölf Siege währende Serie von Spitzenreiter Chemnitz. Und nun also die Baskets – bis Sonntagnachmittag das zuletzt "heißeste Team" der Liga und gemeinsam mit Ulm die stärkste Auswärtsmannschaft.
In der mit 8224 Menschen nicht vollständig gefüllten Max-Schmeling-Halle aber waren die Schützlinge von Trainer Sasa Filipovski nicht stark genug und kassierten ihre fünfte Niederlage im 15. Saisonspiel. Vor allem, weil sie in der zweiten Hälfte das Wurfglück vorübergehend beinahe komplett verlassen hatte. "Wir hatten nicht zu wenige offene Würfe, aber nicht gut getroffen. So ist Basketball", meinte Isaiah Washington eher schmallippig hernach. Der US-Amerikaner blieb mit neun Punkten, die er alle in der ersten Hälfte machte, unter seinem Schnitt (13), und vor allem seine Dreier fehlten den Würzburgern in Berlin: Lediglich einer seiner neun Versuche fand das Ziel.
Die Berliner, die am Sonntag nach zwei Euroleague-Doppelspieltagen ihre achte Partie innerhalb von 17 Tagen bestritten, waren am Samstag aus Frankreich heimgekommen, mit dem Selbstbewusstsein eines – gerade einmal 40 Stunden vor dem sonntäglichen Sprungball – in Villeurbanne sehr souverän herausgespielten 88:63-Erfolges, ihrem erst vierten Sieg in den 21 Partien der Königsklasse bislang. Ein wenig Anlaufschwierigkeiten hatten die Hausherren tatsächlich - wobei nicht verschwiegen werden darf, dass die Baskets ihr Tagwerk vor allem in der ersten Hälfte sehr ordentlich verrichteten. Was Berlins Geschäftsführer Marco Baldi zu dem Lob verführte: "Ich bin begeistert von Würzburg."

Nach einem absolut ausgeglichenen ersten Viertel, in dem die Hausherren mal mit drei Punkten vorne lagen (11:8), die Gäste mal mit vier (11:15) und die Gastgeber mit einem 6:0-Lauf zum 17:15 auf das 7:0 der Baskets zuvor (15:11) antworteten und das deshalb konsequenterweise auch 17:17 endete, änderte sich im zweiten Abschnitt erst einmal auch nicht viel. Die Begegnung war zwar nicht besonders hochklassig, aber in jedem Fall recht unterhaltsam. Bis auf sieben Punkte konnten sich die Baskets absetzen(24:17), weil sie in dieser Phase giftig verteidigten und vorne den Ball immer wieder gut bewegten.
Je näher die Halbzeit kam, desto besser aber kam auch Alba ins Spiel. Die Berliner, die auf ihren soeben verpflichteten Rückkehrer Martin Hermannsson verzichteten, erzwangen sich ihre Fünf-Punkte-Pausenführung (42:37) förmlich. Bis dahin hatte Würzburgs Spielmacher Otis Livingston, vor diesem Spieltag mit über 20 Zählern pro Partie eifrigster Punktesammler der Liga, noch keinen einzigen Korb erzielt. Am Ende waren es dann auch für seine Verhältnisse "nur" 13 Punkte.
Die fünfte Saisonniederlage der Baskets darf also auch als schönes Beispiel dafür herhalten, was mit ihrem Spiel passiert, wenn Livingston mal mit dem falschen Fuß aufsteht und nicht über sich hinauswächst. Zwar versuchte in Berlin Javon Bess, in die Bresche zu springen, machte auch fünf seiner neun Dreier und insgesamt 21 Punkte, seine Saisonbestleistung – aber letztlich war auch das zu wenig, um für eine Überraschung zu sorgen.
Alba intensivierte nach der Pause seine Abwehrarbeit, drückte vorne auch noch ein wenig mehr aufs Gaspedal, und die Würzburger, die freilich das Wurfglück zwischenzeitlich nahezu komplett verließ, warfen einfach zu schwach, um den Anschluss zu halten. Malte Delow sorgte mit einem Dreier sieben Minuten vor Schluss für die Vorentscheidung (71:54). Der Rückstand war zu groß und auf der Uhr letztlich zu wenig Zeit, damit die Baskets abermals eine Aufholjagd im Schlussviertel mit dem Sieg hätten krönen können.
"Wir werden uns auch von dieser Niederlage nicht irritieren lassen und als Mannschaft zusammenstehen", versprach Washington. Nächste Chance, dies zu beweisen, haben die Baskets kommenden Samstag, wenn sie ab 18.30 Uhr beim Tabellenelften in Rostock sich anschicken wollen, eine neue Serie zu starten.
Alba Berlin – Würzburg Baskets 90:82 (17:17, 25:20, 22:14, 26:31)