Es war eine Erlösung. So stürmisch wie der Flachschuss-Treffer von Dardan Karimani zum 2:1 gegen die SpVgg Greuther Fürth II wurde in dieser Fußball-Regionalliga-Saison noch keines der 13 Tore der Würzburger Kickers bejubelt. In der fünften Minute der Nachspielzeit war es, als der Mittelfeldmann traf. Das Zählen der Torchancen, die die Kickers zuvor liegen gelassen hatten, hatten die 1835 Zuschauenden am Dallenberg längst aufgegben. Dass dieser hauchdünne Sieg am Ende hochverdient war, darüber brauchte man nicht lange diskutieren. "Natürlich kann man den Makel sehen, dass wir bei dieser Anzahl an Chancen erst so spät das zweite Tor erzielt haben", sagte Trainer Marco Wildersinn: "Aber wir haben am Ende die drei Punkte hierbehalten. Das war nicht nur für uns als Mannschaft sehr wichtig, sondern auch für unser Publikum, das uns Woche für Woche so fantastisch unterstützt."
Nichts für schwache Nerven
Die Kickers sind weiterhin ungeschlagen, nunmehr punktgleich mit dem neuen Spitzenreiter DJK Vilzing, dessen Torbilanz lediglich um einen Treffer besser ist. Und doch ist es stets ein schmaler Grat auf dem die Würzburger wandeln. Wirklich deutlich sind die Ergebnisse nicht. Spiele wie das am Samstag sind nichts für schwache Nerven.
Dass dem auch diesmal so war, lag neben der fahrlässigen Chancenverwertung, auch an dem Gegentor, dass sich die Kickers in der ersten Halbzeit einfingen. 16:3 lautete das Eckball-Verhältnis für die Hausherren am Ende der Partie. Während bei den Hausherren dabei nichts heraussprang, nutzte die Zweitvertretung des mittelfränkischen Zweitligisten, die trotz der Länderspielpause ohne nennenswerte Verstärkung aus dem Kader der ersten Mannschaft angetreten war, gleich die erste Ecke zum Torerfolg. Angreifer Ricky Bornschein stieg im Strafraum am höchsten und köpfte in der 27. Minute zur Gästeführung ein.
Ein Rückschlag für die Würzburger, die zwar durchaus das Geschehen bestimmten, denen am und im gegnerischen Strafraum aber die Präzision erst einmal noch fehlte. Saliou Sané arbeitete und rackerte in der Sturmspitze. Gelingen wollte dem besten Torschützen der vergangenen Saison zunächst wenig. Gefahr gab es zumeist nach Einzelaktionen, wie nach einem Dribbling von Ivan Franjic quer durch den Strafraum, als der Mittelfeldspieler an Gäste-Keeper Semir Kaymakci scheiterte (11.) oder als Benjika Caciel auf dem rechten Flügel durchsetzte und ebenso den Ball nicht am Fürther Torhüter vorbeibrachte (26.).
So aber gingen die Gäste in Führung. Ein Umstand, der schon für zittrige Knie sorgen kann. So hätte Kapitän Peter Kurzweg mit einem völlig verunglückten Rückpass beinahe für den zweiten Treffer der Gäste gesorgt. Kickers-Keeper Vincent Friedsam konnte den Ball noch in letzter Sekunde mit der Fußspitze abwehren (33.). Dass die Gastgeber selbst für die einzige erwähnenswerte Torgelegenheit der Mittelfranken nach deren 1:0-Führung sorgten, sagt auch einiges über die Partie aus.
Trotzdem war da ein deutliches Grummeln auf den Rängen zu vernehmen, als es beim Stand von 0:1 in die Halbzeit ging. Sollten die Kickers im fünfen Heimspiel der Saison tatsächlich zum vierten Mal Punkte liegen lassen?
"Man sollte uns nicht an den Ergebnissen der vergangenen Saison messen, als wir auch einmal ein Spiel mit 7:1 gewonnen haben", sagte der spätere Siegtorschütze Karimani nach dem Spiel: "Die Gegner sind auch nicht auf den Kopf gefallen. Die betreiben auch Videoanalyse. Die meisten haben nur das Ziel unser Spiel zu sabotieren. Da ist es nicht so einfach, erfolgreich zu sein."
Tatsächlich schafften es die Kickers diesmal mit fortlaufender Spielzeit immer mehr Druck zu erzeugen. Die Fürther schafften kaum noch Entlastung. "Dass am Ende noch zwei Tore für die Kickers fallen war irgendwie folgerichtig und verständlich", fand sogar Fürths Trainer Petr Ruman, der trotz der späten Niederlage "stolz" auf seine Mannschaft war.
Schließlich hatten sich die Fürther beherzt in fast jeden Ball geworfen, hatten die Kickers damit sehr lange geärgert. Es dauerte bis zur 70. Minute, ehe die Gastgeber zum Ausgleich kamen: Nach einer Balleroberung von Caciel, spielte Ivan Franjic, der eine höchst wechselhafte Vorstellung mit einigen Höhen aber auch Tiefen zeigte, den Ball in den Fuß von Saliou Sané, der den Ball an SpVgg-Keeper Kaymakci vorbei zum längst fälligen Ausgleich ins Tor schob. "Ein unheimlich wichtiger Treffer", wie Wildersinn feststellte, der auch hofft das das zweite Saisontor seinem Goalgetter Auftrieb gibt. "Saliou Sané hat sich endlich einmal für seinen unermüdlichen Einsatz belohnt."
Fürther Torwartwechsel
Das eigentliche Herzschlagfinale sollte freilich erst noch folgen. Unablässig rollten nun die Angriffe aufs Fürther Tor. Unverständlich war bisweilen, wie die Rothosen selbst beste Einschussmöglichkeiten liegen ließen. Und womöglich hätte der starke Fürther Schlussmann Kaymakci den Kickers auch noch den letzten Nerv geraubt, wenn er nicht vorzeitig vom Fed gemusst hätte. Nach einem Zusammenprall mit dem kurz zuvor eingewechselten Kickers-Akteur Benyas Junge-Abiol war der Torhüter der Gäste liegen geblieben und musste ausgewechselt werden. Schon bei der Pressekonferenz gab Gäste-Trainer Ruman Entwarnung, der Keeper habe wohl keine schwerere Blessur davongetragen.
So hütete in der Nachspielzeit Ersatzkeeper Dimitrios Gkoumas den Kasten der Gäste und musste am Schluss den entscheidenden Treffer hinnehmen. Bei einen Versuch von Lukas Moll klärte zuvor noch Fürths Tyron Duah auf der Linie (90.+2). "Eine enorme Willensleistung" attestierte Wildersinn seinem Team letztlich. Und genau dafür wurden die Kickers belohnt, als Karimani traf und den Dallenberg zum Brodeln brachte. Den möglichen Sprung an die Tabellenspitze haben die Kickers zwar verpasst, nach Punkten bleibt der Meisterschaftsfavorit im Tableau aber weiter in der Spur.
Fußball, Regionalliga Bayern, Männer
FC Würzburger Kickers - SpVgg Greuther Fürth II 2:1 (0:1)
Würzburg: Friedsam – Montcheu, Wegmann, Hägele, Kurzweg (80. Haas) – Franjic, Zaiser, Karimani (90.+6 Scholz) 3708– Caciel (84. Junge-Abiol), Sané (76. Sausen), Moll.
Fürth: Kaymakci (87. Gkoumas) – Aydin (84. Wuttke), Fobassam, Schlicke, Baumgärtel (65. Duah) – Müller (84. Reyes Sison), Haskaj, Adlung, Littig – Bornschein, Mostofi (50. Beusch).
Schiedsrichter: Markus Huber (Wurmannsquick)
Zuschauende: 1835
Tore: 0:1 Ricky Bornschein (27.), 1:1 Saliou Sané (70.), 2:1 Dardan Karimani (90.+5).
Ansonsten ein wie immer kompetenter und unterhaltsamer Artikel.