
Wer solche Spiele gewinnt, der steht in der Regel am Ende eine Saison ganz weit oben. In einer lange Zeit zähen Partie siegten die Drittliga-Fußballer der Würzburger Kickers am Dienstagabend mit 2:1 (1:1) beim KFC Uerdingen und haben im Kampf um den Zweitliga-Aufstieg gute Karten.
Wie man nun dreieinhalb Wochen nach dem Neustart über die Drittliga-Kicks ohne Publikum denkt, das hängt gewiss auch ein bisschen von den Resultaten ab, die für das eigene Team herausgesprungen sind. So ist es auch kaum verwunderlich, dass Kickers-Trainer Michael Schiele das Geisterspiel-Experiment als gelungen empfindet. Er habe, wenn es um die Qualität der Spiele geht, bislang noch keine großen Unterschiede zu den Partien mit Zuschauern feststellen können, so Schiele vor der Partie am Dienstagabend. "Aber natürlich fehlen auch mir die Emotionen."
Bedrückende Geisterkulisse in Düsseldorf
Die Partie beim KFC Uerdingen war eine, bei der die Geisterkulisse auf den Rängen gleich noch ein bisschen gespenstischer wirkt als am heimischen Dallenberg. Im für Drittliga-Verhältnisse ohnehin schon völlig überdimensionierten KFC-Ausweichstadion in Düsseldorf konnten auch die bunten Schalensitze auf den Rängen nichts an der Tristesse ändern, die dieser Ort ohne Publikum ausstrahlt.
Dabei hatten sich die Gäste einen ganz besonderen Gast als vermeintlichen Glücksbringer auf die Tribüne eingeladen: Ex-Rothosen-Kapitän Sebastian Neumann gehörte zu den wenigen Besuchern, die die Partie live verfolgen konnten. Der 29-Jährige, der seine Karriere beim Liga-Rivalen MSV Duisburg in dieser Saison wegen Hüftproblemen beenden musste, strebt nun eine Karriere im Fußball-Management an.
Zäher Beginn der Rothosen
Er sah ein Kickers-Team, das sich schwer tat, an die schwungvollen Heim-Vorstellungen der vergangenen Woche anzuknüpfen. Schiele hatte im Vergleich zum 3:0 gegen Chemnitz am vergangenen Freitag über die Hälfte seines Teams ausgetaucht. Die zuletzt gesperrten Fabio Kaufmann und Patrick Sontheimer rückten ebenso in die Startelf wie Dave Gnaase, Albion Vrenezi, Hendrik Hansen und Maximilian Breunig. Vize-Kapitän Daniel Hägele, Robert Herrmann, Luca Pfeiffer, Frank Ronstadt und Niklas Hoffmann blieben auf der Bank. Simon Rhein, mit dem Schiele zu Beginn der Trainingseinheit am Montag ein längeres Einzelgespräch geführt hatte, fehlte im Kader.
Kickers verpassen die Führung, KFC netzt ein
Ob es die Änderungen waren? Auf jeden Fall rollte der Ball nicht so selbstverständlich wie zuletzt durch die Reihen der Würzburger. Darüber konnte auch die erste dicke Torgelegenheit des Düsseldorfer Sommerabends nicht hinwegtäuschen: Nach einem tollen langen Pass von Kickers-Kapitän Sebastian Schuppan über den halben Platz, stand Kaufmann plötzlich alleine vor Uerdingens Keeper René Vollath, der den Ball aber abwehrte, den Nachschuss konnte Beunig nicht im Kasten der Gastgeber unterbringen.
Uerdingen erwartete die Kickers bei deren Angriffen tief in der eigenen Hälfte stehend. Die Schiele-Schützlinge suchten die Räume für ihre steilen Bälle in die Spitze, fanden diese aber nur selten. Und in der Abwehr fehlte den Würzburgern zumindest in einer Szene die rechte Konsequenz: Zunächst verlor Gnaase ein Kopfball-Duell, dann stellten sich weder Leroy Kwadwo noch Sebastian Schuppan Ali Ibrahimaj richtig in den Weg. Der KFC-Akteur netzte ein: 1:0 für die Krefelder (16.), die in den vorangegangenen sechs Partien gerade einmal drei Tore erzielt hatten. "Am Anfang waren wir noch nicht richtig auf dem Platz", so Kickers-Coach Schiele.
Die Kickers lagen erstmals seit dem Neustart in einer Auswärtspartie in Rückstand, hatten aber recht schnell eine Antwort parat. Zehn Minuten waren nach dem Rückstand abgelaufen, da stellten die in ihren quietschgelben Auswärtstrikots angetretenen Rothosen das Resultat wieder auf Gleichstand. Der Angriff lief über Uerdingens rechte Abwehrseite. Dort konnte dann doch der von einer Muskelverletzung genesene Kevin Großkreutz verteidigen. Wobei er es in dieser Szene eben nicht richtig tat. Als Kwadwo flankte, war vom Ex-Nationalspieler weit und breit nichts zu sehen. Die exakte Hereingabe landete bei Kaufmann, der mutterseelenalleine per Kopf seinen 13. Saisontreffer erzielte (26.).
Überzahl nützt den Kickers zunächst nichts
Die Kickers wussten: Wenn sie im Aufstiegsrennen im Vorteil bleiben wollten, brauchten sie einen Sieg. Und das Schiele-Team war nach dem Seitenwechsel tatsächlich auch ständig am Drücker. Große Torgefahr konnten die Gäste aber nicht erzeugen. Auch mit einem Mann mehr zunächst nicht. Wie schon beim Sieg gegen Chemnitz beendete der Kickers-Gegner die Partie in Unterzahl. Kaufmann hatte sich mit unbändigem Einsatz gerade die Kugel noch vor Übertreten der Auslinie erkämpft, da wurde er vom bereits verwarnten Jean-Manuel Mbom umgecheckt. Schiedsrichter Patrick Kessel wollte es nicht - was auch möglich gewesen wäre - bei einer letzten Ermahnung belassen, sondern zeigte Gelb-Rot.
Eine Entscheidung, die das Unterfangen der Kickers eigentlich vereinfachen sollte, letztlich die Sache für die Würzburger aber noch etwas komplizierter machte. Uerdingen igelte sich nun am eigenen Strafraum ein. Die Kickers arbeiteten sich an den emsig verteidigenden Niederrheinern ab. Die ganz dicken Torchancen blieben lange aus. Stellvertretend für eine ganze Reihe von kleineren Möglichkeiten stand ein Kopfball von Dominic Baumann, der nach Hereingabe des eingewechselten Hoffmann aus fünf Metern nicht genug Druck hinter den Ball brachte, so dass Vollath abwehren konnte (75.).
Pfeiffer knipst nach seiner Einwechslung
Doch am Ende wurden die Kickers dann doch noch für ihr geduldiges Anrennen belohnt. In der 88. Minute hinderte die Heim-Abwehr Kaufmann einmal nicht konsequent am Flanken - und Joker Luca Pfeiffer drückte den Ball zum umjubelten 2:1-Siegtreffer für die Gäste über die Linie. "Da haben wir einmal den Ball durch den Strafraum gedroschen und ein Stürmer stand dort, wo in Stürmer stehen muss", fasste Schiele die entscheidende Situation des Abends zusammen.
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