Dieser Auftritt war eine Ansage an die Konkurrenz. Nicht nur der 2:0-Erfolg gegen den 1. FC Kaiserslautern, sondern auch der besonders in der zweiten Halbzeit bärenstarke Auftritt der Würzburger Kickers, befeuert die Hoffnung, dass am Ende der Saison tatsächlich der dritte Zweitliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte gelingen könnte. Während die Konkurrenten aus Ingolstadt und Braunschweig remis spielten, verbesserten sich die Rothosen vorerst auf Rang vier, der - weil die zweite Mannschaft des FC Bayern nicht aufsteigen darf - Stand jetzt zur Teilnahme an der Relegation berechtigen würde.
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Mit dem Aufstieg hat der 1. FC Kaiserslautern nichts zu tun. Dabei war der vierfache deutsche Meister doch durchaus mit Ambitionen in die Saison gestartet. Unter anderem sollten die aus Würzburg verpflichteten Simon Skarlatidis und Janik Bachmann die Roten Teufeln beim Unternehmen Zweitliga-Rückkehr helfen. Am Dienstagabend waren die beiden Ex-Kickers-Akteure gar nicht erst im Stadion. Beide sind verletzt. Für die Pfälzer sind es bewegte Tage: Erst am Montag gab der Klub bekannt, durch ein Insolvenzverfahren die Existenz retten zu wollen. Wenn das klappt, wäre es ein günstiger Zeitpunkt auf diese Art den Schuldenberg abzutragen. Sportlich hat die Insolvenz wohl keine Auswirkungen. Aufgrund der Coronakrise gibt es in diese Soll in einem solchen Fall keinen Punktabzug.
Der in diesen Tagen taumelnde Traditionsklub aus Kaiserslautern ist für die Kickers freilich in besonderer Gegner. 1967 wurde das Stadion mit einem Freundschaftsspiel gegen die Lauterer eingeweiht. 0:1 verloren die Kickers damals. Und noch heute sind auf der Haupttribüne der Flyeralarm Arena Sitze verschraubt, die einst auf dem Betzenberg ihren Platz hatten. Die Kickers hatten sie vor dem Umbau des Lauterer Stadions zur WM 2006 abgestaubt.
Die Verhältnisse zwischen beiden Klubs haben sich bemerkenswert verschoben. "Man spielt immer so gut wie es der Gegner zulässt", fasste Gäste-Trainer Boris Schommers die Partie am Ende zusammen: "Die Würzburger haben gut und sehr reif gespielt." Wie ein Aufsteiger, hätte er auch sagen können. Für die Kickers ging es im sechsten Spiel seit dem Neustart nach der Coronapause darum, oben dran zu bleiben, den Aufstiegstraum weiter mit Leben zu füllen. Trainer Michael Schiele hatte die Rotationsmaschine diesmal nicht ganz so hochtourig laufen lassen wie zuletzt, als er noch acht Änderungen in der Startelf vorgenommen hatte. Drei Wechsel gab es diesmal. Erstmals seit dem Liga-Wiederbeginn gab es eine Verschnaufpause für Kapitän Sebastian Schuppan. Für ihn rückte Daniel Hägele in die Position neben Hendrik Hansen in der Innenverteidigung. Die Mittelfeldzentrale bildeten diesmal Patrick Sontheimer und Simon Rhein. Niklas Hoffmann und Dave Gnaase pausierten indes.
Die Rothosen begannen durchaus schwungvoll und selbstbewusst, setzten die Lauterer unter Druck und kamen anfangs auch zu ein paar ganz ordentlichen Torchancen: Fabio Kaufmanns Versuch parierte Gäste-Keeper Lennart Grill, der nach der Saison zu Erstligist Leverkusen wechseln wird, mit dem Fuß (14.). Als Dominic Baumann nach einem Eckball zum Schuss kam, konnte Lauterns Dominik Schad auf der Linie klären. Hägele schoss aus der Distanz neben den Kasten ( 21.).
Dann aber verloren die Kickers etwas an Genauigkeit. Überlegen waren die Hausherren weiterhin, doch sie fanden einfach keine Lücke mehr in der vielbeinigen Defensive der Gäste. Schommers hatte für sein Team eine Kontertaktik zurechtgelegt, deuteten bei ihren flinken Angriffen bisweilen auch mal an, dass sie gefährlich werden könnten. Mehr aber nicht. Halten musste Kickers-Keeper Vincent Müller in der ersten Spielhälfte keinen einzigen Schuss. Ärgerlich dürfte für die Kickers freilich sein, dass mit Sontheimer und Kaufmann gleich zwei Akteure ihre fünfte Gelbe Karte in dieser Saison sahen und am Freitag (19 Uhr) beim zweiten Heimspiel der Woche gegen Abstiegskandidat Chemnitzer FC eine Zwangspause einlegen müssen.
Nur ein Spiel hatten die Pfälzer nach dem Neustart verloren. An ihrer defensiven Grundhaltung änderte sich freilich auch in den zweiten 45 Minuten nichts. Die Kickers arbeiteten sich an der Abwehr ab, agierten noch zielstrebiger als in Halbzeit eins und fanden bisweilen auch Lücken. "Wir wussten, dass wir noch einen Tick drauflegen können", so Kickers-Trainer Michael Schiele. Ein Treffer gelang aber zunächst auch Luca Pfeiffer (53.) und Kaufmann (60.) nicht. So war es Robert Herrmann, der die Rothosen für ihren Eifer belohnte. Fabio Kaufmann hatte den Ball vom rechten Flügel aus einmal quer durch den Gäste-Strafraum gepasst. Herrmann donnert das Leder vom Strafraumeck mit Schmackes unter die Latte. Bereits der dritte Treffer des Leihspielers von Erzgebirge Aue nach dem Neustart, den Trainer Schiele nach der Verpflichtung eigentlich als Linksverteidiger vorgesehen hatte, inzwischen aber in offensiverer Rolle einsetzt.
Der Treffer war ein Brustlöser für die Rothosen, die in der 74. Minute das 2:0 nachlegten - und das war fein anzuschauen. Der Ball rollte mit bemerkenswerter Leichtigkeit durch die Reihen der Rothosen, ehe Sontheimer aus 17 Metern seine Schussstärke unter Beweis stellte und den Ball flach links unten ins Tor hämmerte. Ein toller Treffer, der der einseitigen Partie die Spannung raubte. Den Kickers war das herzlich egal, sie zeigten im Hochgefühl tolle Kombinationen spielten munter weiter nach vorne und ließen den Lauterern letztlich keine Chance. Müller musste auch in Halbzeit zwei keinen Ball abwehren. "Wir haben eine Top-Offensive im Griff gehabt", stellte Schiele nach dem ersten Spiel ohne Gegentreffer seit dem Neustart fest. Auf der anderen Seite verhinderte Grill mit einer starken Parade bei einem Freistoß des eingewechselten Luke Hemmerich, dass die Kickers die im Aufstiegsrennen womöglich noch wichtige Torbilanz weiter verbessern.
Herrrrrrlich, welch ein Genuss !!!!!
Spieler, Trainer und Management bleiben bescheiden und demütig.
Forever Michael Schiele