Der Stellenwert der eigenen Jugend ist beim FC 05 Schweinfurt zu gering, meint Edgar Tischner, Trainer der U 19 beim FC 05. Wer das Geschehen beim Regionalligisten verfolgt hat, weiß, dass die Nachwuchsarbeit bei den Schweinfurtern auf den ersten Blick nicht an erster Stelle steht – zumindest, wenn die Spieler der Jugend entwachsen. Der Schritt aus der A-Jugend in die erste Mannschaft ist sehr groß, meistens zu groß. Eine zweite Mannschaft gibt es nicht, weshalb die Talente ihre Chance größtenteils bei anderen Vereinen der Region wie dem TSV Großbardorf oder dem FC Eintracht Bamberg suchen.
Für den Bamberger Tischner, aktuell Trainer der erfolgreichen und eventuell vor dem Aufstieg in die Bundesliga stehenden U 19 der Schweinfurter, ist genau das ein Ärgernis. Der 69-Jährige hat viel Erfahrung im Nachwuchsbereich. Der gebürtige Kirchlauterer hat etliche Weiterbildungen besucht, denn seit 1988, dem Beginn seiner Trainerlaufbahn, hat sich der Fußball natürlich stark verändert. "Wenn man stehenbleibt, ist das eine Rückentwicklung", weiß Tischner, dass er sich auch immer wieder den Entwicklungen anpassen musste.
Ausbildung von Jugendspielern als Steckenpferd
Tischner war zuvor lange beim FC Bamberg und dessen Nachfolgeverein FC Eintracht Bamberg tätig, acht Jahre als Scout bei der SpVgg Greuther Fürth und vorher in der gleichen Funktion bei den Münchner Löwen.
Die Ausbildung von Jugendspielern ist sein Steckenpferd, darum hat er auch nicht lange gezögert, als im vergangenen Sommer das Angebot des FC 05 kam, mit seiner Erfahrung dem U-19-Team auf die Sprünge zu helfen. Doch damit wird nun bald wieder Schluss sein, Tischner hat seinen Abschied aus Schweinfurt nach dieser Saison bereits angekündigt.
Tischners Problem ist, dass die jungen Talente in Schweinfurt sich kaum in der ersten Mannschaft wiederfinden. "Das ist für mich ein ganz großer Kritikpunkt, dass so wenig talentierte Spieler zu den Profis geholt werden", wirft der ehemalige Media-Berater dem Verein vor, im Grunde nur die Profi-Mannschaft im Blick zu haben. Er wünscht sich, dass die jungen Talente die Chance bekämen, sich in Schweinfurt weiterzuentwickeln. Dass das eben nicht der Fall sei, "enttäuscht mich sehr".
Fabio Reck, der Kapitän der U 19, wäre für Tischner einer der Kandidaten, denen er so eine Chance gerne eingeräumt hätte. Der aber verlässt nun den Verein zum FC Eintracht Bamberg. "Schweinfurt will unbedingt in die Dritte Liga und nimmt aber kaum Notiz vom eigenen Nachwuchsbereich. Das kann ich nicht nachvollziehen. Der FC 05 bevölkert lieber die Bayern- und Landesligisten rund um Schweinfurt", so Tischner. Nicht in seine Kritik reiht Tischner FC 05-Trainer Tobias Strobl ein. "Mit ihm und seinem Co-Trainer Jan Gernlein hatten wir immer wieder mal unseren Austausch, er hatte auch schon U-19-Spieler im Probetraining." Die beiden seien durchaus offen für die jungen Kicker aus der eigenen Talentschmiede.
Dass die Schweinfurter allerdings ihre Talente nicht einfach nur weggeben und dann komplett aus dem Auge verlieren, hatte Stefan Braungardt, der beim FC 05 den Leistungsbereich von der U 16 bis zur U 19 koordiniert, erst kürzlich gegenüber dieser Redaktion verlauten lassen. Auch dass die besten Spieler in diesen Altersklassen durch zusätzliche Trainingseinheiten an die Profi-Mannschaft herangeführt werden, sollen, nannte man bei den Nullfünfern als Plan für die nähere Zukunft. Beide Aktionen lobt Tischner ausdrücklich: "Das ist großartig und wichtig. Da lernen die Jungs den raueren Wind kennen", sieht er den Verein zumindest in diesem Punkt auf dem richtigen Weg.
Was dem Ruheständler in Schweinfurt aber definitiv fehlt, ist die Reserve. Ein Punkt, in dem Tischner von Braungardt durchaus Recht bekommt. Die U 23 wurde 2018 aufgelöst und fehlt nun als "Sprungbrett" zum Profikader. "Das man solch einen Fehler machen kann. Da sieht man doch ganz genau, dass die ganze Nachwuchsarbeit stiefmütterlich behandelt wird", macht Tischner seinem Ärger Luft. Für Braungardt lag der Grund in der Abmeldung der zweiten Mannschaft aber in erster Linie daran, dass der FC 05 nicht mehr genügend Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zur Verfügung hatte.
Der Sprung in den Profi-Kader ist eminent hoch
Als Nachwuchsleitsungszentrum (NLZ) eines Nicht-Bundesligisten ist es für Braungardt aber klar, dass man die größten Talente bereits frühzeitig in die Fußball-Zentren der Republik verliert. "Pro Jahr verlieren da schon so 15 Talente an die großen Vereine." Und dass es für die U-19-Kicker natürlich kaum machbar ist, neben der beruflichen oder schulischen Ausbildung auch noch das Vormittagstraining der Profis zu besuchen, macht die Arbeit beim FC 05 auch nicht leichter. "Der Sprung von einer guten Bayernliga-A-Jugend in den Kader eines Regionalligisten ist eminent hoch", gibt Braungardt zu bedenken.
Die Arbeit im Schweinfurter NLZ bezeichnet Braungardt ob der genannten Voraussetzungen und der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel als "sehr gut. Immerhin spielen wir mit sämtlichen Mannschaften – die Bundesligen ausgenommen – in den höchsten Ligen." Tischners Kritik kann er deshalb nur teilweise nachvollziehen.
Eine Ausnahmegenehmigung wird beantragt
Für den FC 05 steht jetzt aber erst einmal der mögliche Aufstieg der U 19 in die Bundesliga an. Aller Voraussicht nach geht es in zwei Entscheidungsspielen um die Bayernliga-Meisterschaft gegen die SpVgg Unterhaching. Die sehen Tischner und Braungardt dabei klar im Vorteil. Schließlich hat Haching das System der Fördervertragsspieler installiert, die der Berufsgruppe der Fußballer zugerechnet werden. Derzeit sind es 35 Spieler, die viermal die Woche gemeinsam auf dem Platz trainieren und von sieben Trainern betreut werden. In Schweinfurt hingegen herrscht seit November Stillstand. Ein Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung, damit die U 19 ihren Trainingstückstand aufholen kann, sei in Arbeit, so Braungardt.
Seiner eigenen Mannschaft spricht B-Schein-Inhaber Edgar Tischner aber durchaus Potenzial für die Bundesliga zu, auch wenn sich das Gesicht der U 19 natürlich verändern wird. Aber die Nachrücker aus der U 17 "sind schon gute Jungs. Elias Reiher und andere sind Bombenspieler." Tischner selbst wird dann aber nicht mehr dabei sein, auch wenn der FC 05 ihn wohl gerne behalten würde. "Ich kann aber nicht ein halbes Jahr lang meine Trainerlizenz machen, das ist unmöglich." Der Weg führt ihn wohl zur JFG Deichselbach vor die eigene Haustür in den Bamberger Raum.
Einfach ohne Worte und sehr schade