Es sind verstörende Bilder, die seit ein paar Tagen per Handyvideos in der Schweinfurter Fußballszene kursieren. Nach Abpfiff der Kreisligapartie der SG Schleerieth und Türkiyemspor SV-12 kam es zu tumultartigen Szenen, an denen sowohl Zuschauerinnen und Zuschauer als auch Spieler beider Vereine beteiligt waren. Die Folgen waren einige Verletzte, ein Polizeieinsatz und viele offene Fragen.
Die Eckdaten der Begegnung des 21. Spieltags: Die SG Schleerieth verlor am Sonntag ihr Heimspiel vor 200 Zuschauerinnen und Zuschauern gegen Türkiyemspor mit 1:2. Die Gäste sprangen mit dem Erfolg auf Platz eins der Tabelle. Über die Stimmung während der 90 Minuten auf und neben dem Platz gibt es unterschiedliche Aussagen. Die Duelle beider Teams seien immer etwas "feurig", so Schleerieths Vorstand Tobias Reuß im Gespräch mit dieser Redaktion. Während des Spiels, in dem Aiman Chibani (SV-12) kurz nach der Halbzeit zwar die Rote Karte sah, sei jedoch letztlich alles "ganz normal gewesen", so Reuß. Ein paar "Nicklichkeiten und Emotionen hat es zwar gegeben, aber nichts Außergewöhnliches, was es nicht in anderen Spielen auch gibt."
BFV-Kreisspielleiter Gottfried Bindrim, der beim Spiel anwesend war, bestätigt diese Ausführung. Türkiyemspor-Vorstand Güney Behrwind beschreibt die Geschehnisse in einer schriftlichen Stellungnahme an diese Redaktion dagegen etwas anders. Es habe während der Partie durchaus schon Anzeichen für eine spätere Eskalation gegeben. Die Stimmung auf und neben dem Feld habe sich laut Behrwind immer weiter hochgeschaukelt und sei schließlich in Aggressivität und Provokation umgeschlagen. Nach Abpfiff hätten Fans und Spieler der Gäste vor der Schleeriether Ersatzbank gefeiert und somit die dort noch versammelte SG-Mannschaft provoziert. So schildert es SG-Vorstand Reuß, der auch von Beleidigungen weit unter der Gürtellinie berichtet.
Gab es einen Tritt gegen den Kopf?
Es kam in der Folge zu einer Rudelbildung, "dabei wurde unser Torwart umgetreten", so der Schleeriether. Darüber hinaus habe ein Türkiyemspor-Anhänger einem Schleeriether Verantwortlichen, der das Geschehen filmen wollte, das Handy entrissen, und sei quer über den Platz davon gerannt. Ein Schleeriether Fan habe ihn verfolgt. Wie auf einem Video, das dieser Redaktion vorliegt, zu sehen ist, wollte der Verfolger dann wohl eine Flasche nach dem "Handy-Dieb" werfen, wurde aber zu Boden gerissen und anschließend von einem Türkiyemspor-Spieler – noch in voller Spielmontur – wohl gegen den Oberkörper oder gar den Kopf getreten. Der SG-Fan musste per Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht werden.
Insgesamt kam es auf dem Spielfeld zu mehreren Rangeleien. Unter den etwa 60 bis 80 Beteiligten gab es offenbar auf beiden Seiten Verletzte, einige mussten danach im Krankenhaus behandelt werden. Behrwind berichtet unter anderem von einem SV-12-Fan, der einen Rippenbruch erlitten habe. Ein anderer Schweinfurter Fan soll von einem Schleeriether Anhänger erst mit heißem Kaffee überschüttet und dann mit einem Klappstuhl geschlagen worden sein. Auch Schläge ins Gesicht habe es gegeben.
Polizei wertet nach Einsatz vor Ort mehrere Videos aus
Bis zum Eintreffen der Polizei, die mit mehreren Streifenwagen anrückte, hatte sich die Lage wieder beruhigt. "Es ist zu erwarten, dass es mehrere Körperverletzungsdelikte geben wird", so die Polizei Schweinfurt auf Nachfrage. Die Ermittlungen, vor allem die Auswertung von diversen Handyvideos, dauern laut Polizei noch an. Auch beim Sportgericht des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) wird die Partie ein Nachspiel haben, erklärt auf Nachfrage Kreisspielleiter Bindrim, der sich aber ansonsten nicht weiter zu den Vorfällen äußern wollte.
Als "inakzeptabel" bezeichneten sowohl Reuß als auch Behrwind die Geschehnisse nach Spielende. "Es bestürzt uns leider nach wie vor, wie deutlich unsere Spieler und Fans insbesondere bei Gastspielen mit Ablehnung gestraft werden", schreibt Behrwind. Schleerieths Reuß erklärt, man habe sich vor dem Spiel Gedanken gemacht und neben den klassischen Schweinebratwürsten für die Gäste auch Rindswürste angeboten. "Damit wollten wir unsere Gastfreundschaft zeigen."
Schleerieth will künftig nicht mehr gegen Türkiyemspor spielen
In seiner Stellungnahme schreibt Türkiyemspor, dass man als gesamter Verein über die Vorfälle bestürzt sei und sich von jeglicher Form von Gewalt auf dem Fußballplatz distanziere und sie aufs Schärfste verurteile. Der Klub kündigt eine interne Aufarbeitung und "angemessene Konsequenzen" an. Die SG Schleerieth hat bereits eine erste Konsequenz gezogen: "Wir haben uns dazu entschlossen, gegen Türkiyemspor in Zukunft nicht mehr anzutreten. Das werden wir definitiv durchziehen", erklärt Reuß. "Da verzichten wir lieber auf die Punkte. Ich bin mir fast auch sicher, dass wir nicht der einzige Verein sind, der so agiert."