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Fußball
Murat Akgün über deutsch-türkische Fußballer: "Egal für wen sie sich entscheiden, am Ende ist es falsch"
Der Schweinfurter Fußballtrainer hat selbst viele Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Was er an Jugendliche weitergibt und wie er den Fall Mesut Özil erlebt hat.
Murat Akgün hat rassistische Anfeindungen gegen sich in positive Willenskraft umgewandelt.
Foto: Daniel Rathgeber | Murat Akgün hat rassistische Anfeindungen gegen sich in positive Willenskraft umgewandelt.
Lukas Eisenhut
 |  aktualisiert: 23.03.2024 02:46 Uhr

Murat Akgün ist Trainer von Türkiyemspor Schweinfurt. Er hat selbst lange in Unterfranken Fußball gespielt und kennt die Schwierigkeiten, mit denen deutsch-türkische Fußballer zu kämpfen haben. Im Interview spricht der 45-Jährige über die Entscheidung für eine Nationalmannschaft, Rassismus im Fußball und die Causa Mesut Özil.

Frage: Herr Akgün, wie erklären Sie sich Anfeindungen gegen Fußballer mit doppelter Staatsbürgerschaft, die sich gegen die deutsche Nationalmannschaft entscheiden?

Murat Akgün: Ich kann da nur für Deutsch-Türken sprechen, aber diejenigen, die hier Fußball spielen, haben es nicht leicht. Denn egal für wen sie sich entscheiden, am Ende ist es falsch. Entscheiden sie sich für Deutschland, werden sie in der Türkei als Vaterlandsverräter oder Ähnliches bezeichnet. Entscheiden sie sich für die Türkei, dann heißt es: "Der ist doch hier aufgewachsen, warum entscheidet er sich für die Türkei?"

Sie haben selbst lange in Deutschland Fußball gespielt. Welche Erfahrungen mit Anfeindungen haben Sie gemacht?

Akgün: Ich habe in meiner Karriere mehr in deutschen Vereinen gespielt als in türkischen. Als ich selbst in der Landesliga bei der FT Schweinfurt gespielt habe, haben wir beispielsweise gegen die Würzburger Kickers oder Bayreuth gespielt, die beide Ultra-Szenen haben. Da habe ich viel Rassismus erlebt. Das hat mich aber nicht groß gejuckt, sondern mich mehr gepusht.

Und können Sie diese Erfahrungen weitergeben? Sie sind Jugendtrainer und arbeiten viel mit jungen Menschen.

Akgün: Ich kann ihnen nur sagen, dass sie da nicht hinhören sollen. Und wenn doch, dass es ihnen noch zusätzlichen Schub geben soll, und sie es denjenigen auf dem Platz zeigen. Vielleicht ändern sie dann ihre Meinung. Aber aus vielen kriegst du den Rassismus nicht raus. Solche Menschen machen ihrem Frust so Luft. Das finde ich schade, das gehört einfach nicht dazu. Fangesänge sind normal, und man kann den Gegner auch ärgern, aber nicht auf diese Tour.

Wie haben Sie den Fall von Mesut Özils Bild mit Recep Erdoğan wahrgenommen?

Akgün: Ob es nun richtig war oder nicht, im Endeffekt hat er das Bild gepostet und es ging auf ihn drauf. Er wurde wenig geschützt. Für viele in Deutschland lebende Menschen war das nicht richtig, aber was ist heutzutage richtig und falsch? Ich habe dann auch die Kommentare gelesen, in denen es hieß, er sei nie gut gewesen. Aber er ist bei kreierten Torchancen immer noch ganz weit oben dabei. So etwas ist einfach nur armselig und kann auch zukünftig Spieler in ihrer Entscheidung beeinflussen. So wie vielleicht auch Kenan Yildiz, der sich für die Türkei entschieden hat.

Wahrscheinlich ist es in solch einer Situation auch schwierig, sich richtig zu verhalten.

Akgün: Im Endeffekt bist du ein Mensch, und vielleicht denkst du in dem Moment, in dem dich ein Staatspräsident anruft, nicht darüber nach, ob du das richtig oder falsch findest. Auch Erdoğan ist ein gewählter Präsident. Dass Özil so einen Shitstorm und so wenig Unterstützung bekommen hat, finde ich nicht in Ordnung.  

 
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