Den 6. September 2023 werden die beiden Schweinfurter Murat und Esad Akgün wohl ihr Leben lang nicht vergessen. Vater Murat saß an diesem Tag in der knapp 16 Millionen Einwohner zählenden türkischen Metropole Istanbul stolz auf der Tribüne des Riva Milli Takim Tesisleri, dem Trainingsgelände des türkischen Fußballverbands. Sein Sohn Esad stand unten auf dem Spielfeld, sang stolz die Nationalhymne der Türkei und feierte anschließend im U17-Freundschaftsspiel der Türkei gegen Venezuela seine Nationalmannschaftspremiere.
"Die Nominierung kam spontan, ich habe mich sehr darüber gefreut", erzählt Esad, der wann immer er kann, seinem Vater beim Kicken zu schaut, im Rückblick. Murat ist Spielertrainer von Türkiyemspor SV-12 in der Kreisliga Schweinfurt 1. Und natürlich mächtig stolz, wenn er und sein Sohn nun etwa am Sportplatz am Hutrasen auf das zurückliegende Abenteuer mit der Nationalmannschaft angesprochen werden. Esad Akgün gilt als großes Defensivtalent.
Vom FC 05 Schweinfurt zum 1.FC Nürnberg
Das blieb auch dem 1.FC Nürnberg nicht verborgen. Seit zwei Jahren spielt der Schweinfurter im Nachwuchsleistungszentrum des Zweitligisten, der für Spieler wie Akgün einen eigenen Fahrdienst eingerichtet hat. Esad wird in Schweinfurt abgeholt und nach dem Training wieder zurückgebracht. Sein Fokus gilt neben dem Training der Schule, nächstes Jahr möchte der 16-Jährige die Mittlere Reife erfolgreich abschließen. Seine Fußballkarriere hat er freilich auch im Blick. Er möchte einmal Profi werden, sagt er im Brustton der Überzeugung.
Sein Vater versucht die Erwartungen etwas zu dämpfen. Er weiß, wie viele Talente aus den NLZ-Teams der großen Klubs am Ende nicht den ganz großen Sprung in den Profibereich schaffen. Aktuell sieht der Weg von Esad aber vielversprechend aus. Nach seinem Wechsel vom FC 05 Schweinfurt hat er sich beim FCN etabliert. Aktuell ist er Stammspieler in der U17-Bundesligamannschaft, die vergangenes Wochenende mit 2:1 beim FC Bayern München gewonnen hat. "Esad macht das alles gut, er ist ja auch noch fußballverrückter als ich", sagt der Vater über seinen Sohn. Murat ist in der lokalen Fußballszene bekannt wie ein bunter Hund. "Im Jugendbereich ist er besser, als ich es war. Im Aktivenbereich müssen wir mal schauen", sagt Murat Akgün und lacht: "Ich spiele ja mit 45 Jahren immer noch. Das muss man erstmal hinkriegen."
Esad ist jetzt auf dem Radar
Der Nationalmannschaftslehrgang hat Esad noch einmal einen Extra-Push gegeben. "Die Reise war aufregend", berichtet er. "Es war schön dort, eine komplett neue Erfahrung für mich." Vater Murat wollte sich das natürlich auch nicht entgehen lassen und reiste nach. "Ich wollte es miterleben, wer weiß, ob er nochmal berufen wird", so Murat Akgün, der das System des türkischen Fußballverbands kurz erklärt. "Die grasen den Markt quasi ab." Es werden sehr viele Jugendliche, auch türkischstämmige aus europäischen Ländern, in die U-Teams berufen. Aus dem großen Pool kreiert der Verband dann seine Teams für die Pflichtspiele und Turniere. "Jetzt ist Esad aber dort auf dem Radar."
Im Team von Trainer Ugur Inceman, ehemals unter anderem Erst- und Zweitligakicker für Alemannia Aachen und den FC St. Pauli, kam Esad in zwei Spielen zum Einsatz. "Für die Jungs war es schwer, wenn du das erste Mal bei der Nationalmannschaft dabei bist, bist du eben nervös", sagt Murat Akgün. "Das ist nicht so leicht, da einfach so zu kicken, wie du es im Verein tust." Selbst wenn keine zweite Nominierung mehr folgen sollte, ist der Vater trotzdem unendlich stolz. "Das kann ihm keiner mehr nehmen", betont Murat Akgün. "Und das macht auch die Schweinfurter hier stolz."