Da spielt der FC 05 mal auf Schalke und keiner darf hin. Kaum einer. 300 Zuschauer sind zugelassen am Sonntag (15.30 Uhr), wenn der FC Schalke 04 die Schweinfurter in der ersten Runde des DFB-Pokals erwartet. Diese 300 werden keine klassischen Fans sein, sondern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gelsenkirchener Krankenhäusern und Altenheimen, auf Einaldung des Bundesligisten.
Es dürfte angesichts dieser Minimalkulisse ruhiger zugehen als bei der Partie von 2018, als die Schalker im Willy-Sachs-Stadion vor 15060 Zuschauern mit 2:0 gewonnen hatten. Beim FC 05 sind noch drei Akteure von damals dabei: Adam Jabiri, Lukas Billick und Kevin Fery. Seitdem hat sich der durch Türkgücü Münchens Aufstieg in die Dritte Liga neue Regionalliga-Tabellenführer mächtig verstärkt - schließlich soll der aktuelle Kader 2021 selbst den ersehnten Sprung nach oben schaffen. Weswegen sich die Nullfünfer als gar nicht so krasser Außenseiter sehen gegen den Bundesliga-Zwölften der abgelaufenen Runde.
- So knapp ging's meistens zu bei Spielen zwischen Schalke 04 und dem FC 05
Der hat eine schwache Vorbereitung absolviert, gegen die Drittligisten Verl und Uerdingen verloren, gegen den griechischen Erstligisten Saloniki trotz grottenschlechter Vorstellung 1:0 gewonnen und selbst gegen Zweitligist Bochum (3:0) nur eine Halbzeit lang überzeugt. Erst vor wenigen Tagen präsentierte S04 seinen ersten Neuzugang: den 36-jährigen Vedad Ibisevic. Dessen Einjahresvertrag ist ein ungewöhnlicher: Ibisevic, mit dem Hertha BSC nicht verlängern wollte, verzichtet auf ein Grundgehalt. Aus versicherungstechnischen Gründen müsse er zwar ein Gehalt beziehen, "aber was ich bekommen muss, werde ich spenden. Ich spiele für Prämien".
Wie verläuft das Pokalwochenende für den FC 05?
Die Schweinfurter absolvieren ihr Abschlusstraining am Samstagvormittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Gelände des Willy-Sachs-Stadions, reisen nach dem Mittagessen Richtung Gelsenkirchen, wo am Abend eine lockere Laufeinheit ansteht. Am Sonntag wird es nach dem Frühstück gegen 10 Uhr eine Aktivierungseinheit geben, ehe es in die Veltins-Arena geht.
Wie hoch ist die Anspannung die Woche über?
"Die Nervosität bei der Mannschaft ist spürbar und das ist auch okay so", sagt FC-05-Trainer Tobias Strobl. "Bei mir ist es ein Stückchen hippeliger." Für den 32-Jährigen ist es das erste Pflichtspiel gegen einen Bundesligisten. Als Spieler war er primär in der Bayernliga zu Hause, als Trainer gab's weder mit Rosenheim, noch mit Ingolstadt II ein vergleichbares Pokalspiel.
Ist das leere Stadion ein Vor- oder Nachteil?
Genau weil Strobl noch nie ein derartiges Pflichtspiel hatte, "kann ich es nicht bewerten, wie sich ein volles Stadion von unten anfühlt". Aber: "Ein volles hätte ein Vorteil sein können für uns, wenn es anfangs für Schalke nicht gut gelaufen und es unruhig geworden wäre. Aber ich glaube schon, dass es gut für uns ist, wenn es leer ist." Immerhin ist das Gros der Nullfünfer trotz einiger Drittliga-Erfahrung (Billick, Böhnlein, Rinderknecht) kleinere Kulissen gewohnt. Lediglich Torhüter Luis Zwick weiß aus einer Zeit bei Dundee United (2015-17), wie sich eine volle Hütte anfühlt.
Hat die unterschiedliche Vorbereitung Aussagekraft?
Anders als die Mannschaft von Trainer David Wagner, hat der FC 05 eine beinahe makellose Testphase hingelegt: sieben Siege, ein Unentschieden und 44:2 Tore, lediglich beim 4:2 gegen Stuttgart II gab's zwei Gegentreffer. Trotz stets offensiver Ausrichtung stand die Abwehr sicher. Und die Torausbeute der Stürmer, lange Zeit, abgesehen von Goalgetter Jabiri, ein Manko bei den Schweinfurtern, passte endlich. Für Strobl hat die jüngste Entwicklung beider Mannschaften Aussagekraft, man wolle ein ambitionierter Außenseiter sein: "Eigentlich ist die Rollenverteilung klar. Aber wir haben den Jungs nahegebracht, dass es eine kleine Möglichkeit für sie gibt. Wir wissen, was wir können. Und beziehen die Ergebnisse der Vorbereitung ein."
Die System-Frage: 4-4-2 mit Raute oder 3-5-2?
Auch mit Blick auf das Pokalspiel hat Strobl beide Systeme trainieren lassen, meist im Wechsel innerhalb eines Tests. Das soll zum Tragen kommen: "Es wird auf einen Switch hinauslaufen. Wir werden, wenn wir eine Chance haben wollen, auch reagieren müssen. Es wird ein extrem variables Spiel von beiden Seiten werden." Videoanalysen hätten offenbart, das der Bundesligist Räume lasse, "wo wir ihnen weh tun können". Weswegen sich der FC 05 keineswegs einigeln wolle. Allein die Verteilung in der Angriffsreihe zeugt davon, dass Strobl von einem knappen Geschehen ausgeht: Florian Pieper und der aus Bayreuth gekommene Sascha Marinkovic werden beginnen, Jabiri soll nach einer Einwechslung für eine Entscheidung sorgen können.
Wer ist gesetzt und wer wird ausfallen?
Strobl kann aus dem Vollen schöpfen, lediglich die Langzeitverletzten Ronny Philp und Stefan Kleineheismann fehlen. Die zuletzt angeschlagenen Billick, Jabiri, Bauer, Yarbrough und Krätschmer stünden wieder zur Verfügung. Mit Lamar Yarbrough hätte der Coach eine weitere Variante für die Innenverteidigung. Dort machten zuletzt Niko Rinderknecht (sollte gesetzt sein) und David Grözinger einen guten Job, doch Letzterer ist Außenverteidiger. Für Billick spräche Erfahrung, für Yarbrough körperliche Präsenz. Im Mittelfeld sind die Neuzugänge Kristian Böhnlein (1860 München; zentral) und Martin Thomann (Aubstadt; links) kaum wegzudenken. Kevin Fery dürfte dank seiner technischen Klasse von Anfang an auflaufen. "Wer gut in Form ist, tut auch der Mannschaft gut", wollte sich Strobl allerdings finale Entscheidungen für das Freitagstraining aufheben.