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Korbbball: Bundesliga
Einen Millimeter zu groß: Bundesliga-Korbhüterin Klara Aschenbrenner wird lebenslang gesperrt
Die Korbhüterin des TSV Eßleben wird vor Spieltag 3 als zu groß gemessen und darf nie mehr auf ihrer Position ran. Was sagen Verein, Spielerin und Verband?
In ungewohnter Position: Klara Aschenbrenner (links) verteidigte am vergangenen Bundesligaspieltag im Feld statt am Korb.
Foto: Jan Waltemathe | In ungewohnter Position: Klara Aschenbrenner (links) verteidigte am vergangenen Bundesligaspieltag im Feld statt am Korb.
Kai Dunkel
Kai Dunkel
 |  aktualisiert: 07.11.2024 02:41 Uhr

Klara Aschenbrenner ist am Boden zerstört. Weil sie als einen Millimeter zu groß gemessen wurde, darf die 33-Jährige ab sofort nicht mehr auf ihrer Position spielen. Genauer: Nie wieder! Aschenbrenner war in der Korbball-Bundesliga bisher Stamm-Korbhüterin des TSV Eßleben, spielt diese besondere Schlüsselposition seit rund 20 Jahren und ist eine der Besten ihres Fachs. Und seit Jahren wird bei ihr natürlich auch die Körpergröße gemessen. Das ist vor einer jeden Bundesliga-Saison vorgeschriebenes Prozedere.

Zu groß war Aschenbrenner bei diesen Messungen freilich bisher nie. Immer erfüllte sie die Norm, durfte danach stets als Korbhüterin auf das Feld. Doch nach einer unangekündigten Messung bei ihr und einer anderen Korbhüterin im Vorfeld des dritten Spieltags der Bundesliga Süd vor rund zwei Wochen in Unterspiesheim ist für Aschenbrenner alles anders. Alles aus.

Korbhüterinnen dürfen laut den Regularien des Deutschen Turner-Bundes (DTB) maximal 176 Zentimeter groß sein. Es gibt aber eine Toleranzgrenze bis 178 Zentimeter. Wer größer ist, wird gesperrt. Für ein Jahr, wenn er zwischen 178 und 178,5 Zentimetern groß ist. Wer noch größer ist, darf überhaupt nicht mehr als Korbhüterin auflaufen. Aschenbrenner wurde nach Informationen dieser Redaktion mit 178,6 Zentimetern gemessen und somit nun lebenslang als Korbhüterin gesperrt.

"Man kann sich bis zu drei, vier Zentimeter kleiner trainieren"

Dass es für Aschenbrenner "knapp" werden kann bei den Messungen, ist nichts Neues. Nach Informationen dieser Redaktion wird ihre Größe im Spielerpass mit 177,5 Zentimetern angegeben. Also am oberen Ende des Toleranzbereichs bei Messungen. Nun ist es in der Szene aber, so ist zu hören, durchaus üblich, sich vor der jährlichen Messung zum Bundesligastart "kleiner zu machen". "Man kann sich bis zu drei, vier Zentimeter kleiner trainieren. Das dauert aber mindestens drei, vier Tage, bis ich den Körper so weit runter habe", sagt Klaus Tropsch, Vorsitzender des Technischen Komitees des DTB. "Bei angekündigten Messungen, kamen auch schon Spielerinnen sehr verschwitzt an. Und das sind eigentlich eindeutige Symptome. Und jetzt hat eben die Referentin für Wettkampfwesen diese unangekündigten Messungen angesetzt."

Dass diese auch Mitglied eines Eßlebener Konkurrenzvereins ist, sei ob des kleinen Korbball-Kosmos nicht außergewöhnlich, so Tropsch, der deshalb auch nicht von einem faden Beigeschmack sprechen will. "Meines Wissens wurde die Messlatte sogar zweimal angelegt und die TSV-Betreuerin war mit dabei." Zudem seien die Messgeräte in Deutschland gleich und geeicht. Sie ähneln jenen, die man etwa vom Arzt kennt, wo an einer Mess-Stange ein Winkel bis zum Kopf heruntergefahren und so die Größe ermittelt wird.

Bei unangekündigten Messungen werden Spielerinnen am Spieltag mit nur zehn Minuten Vorlauf informiert. Mögliche Maßnahmen, um sich noch etwas kleiner "zu arbeiten", etwa durch Seil- oder Treppenspringen, Sauna und ähnliches, was laut Insidern vor den Rundenstart-Messungen durchaus gängig sei, nutzen kurzfristig allerdings so gut wie gar nichts. "Irgendwo sind dann halt Grenzen. Und es ist schon des Öfteren passiert, dass eine Spielerin rausgemessen worden ist", so Tropsch. Zuletzt waren vor zwei Jahren bei der deutschen Meisterschaft zwei Korbhüterinnen (TSV Ettleben und U19 Hambach) betroffen.

"Sie ist nervlich und mental komplett am Ende"

Beim TSV Eßleben ist man über die aktuelle "Rausmessung" entsetzt. Denn welche Konsequenzen alles für Aschenbrenner habe, die sich selbst derzeit nicht äußern will, könne sich ein Unbeteiligter kaum vorstellen, heißt es auf Nachfrage vom Verein. Der teilt schriftlich weiter mit: "Seit der brutalen Disqualifikation schläft sie (Aschenbrenner, Anm. d. Red.) kaum noch und ist nervlich und mental komplett am Ende. Im Moment weiß sie noch nicht, ob und wann sie zu ihrem Sport zurückkehren kann oder wird. Klara ist einer der fairsten und ehrlichsten Sportlerinnen, die wir kennen und wird durch so eine Entscheidung auch gewissermaßen als ,Betrügerin' dargestellt." Auch deshalb habe der Verein Widerspruch beim Fachverband eingelegt.

Darf nie mehr als Korbhüterin in der Korbball-Bundesliga spielen: Klara Aschenbrenner (Mitte) vom TSV Eßleben.
Foto: Jan Waltemathe | Darf nie mehr als Korbhüterin in der Korbball-Bundesliga spielen: Klara Aschenbrenner (Mitte) vom TSV Eßleben.

"Auch wenn das im Einzelfall natürlich bitter ist, es gibt eben einen Grenzwert", stellt Tropsch klar. Und der sei nun einmal überschritten worden. Im Übrigen betrage die Mess-Toleranz ja eben nicht nur den vom TSV monierten einen Millimeter. "Es sind erstmal von 176 bis 178 zwei Zentimeter. Sollten letztere bis zu 0,5 Zentimeter überschritten werden, ist man für ein Jahr gesperrt und kann sich zur folgenden Saison wieder neu messen lassen." Erst darüber greife die lebenslange Sperre. Und die beziehe sich alleine auf die Position der Korbhüterin, im Feld darf Aschenbrenner weiterhin auflaufen. Eine finale Entscheidung über den Widerspruch des TSV Eßleben könnte bereits in den kommenden Tagen fallen.

 
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Kommentare
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  • Matthias Horn
    Und was sind nun die schlimmen Konsequenzen?
    Sie muss nun halt als Feldspielering spielen.
    Mehr ändert sich nicht.
    Das Leben kann schon echt grausam sein.
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  • Michael Riedner
    Die Verantwortlichen sollte man mal messen, vielleicht sind die irgendwo zu klein.
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  • Wolfgang Müller
    "Aschenbrenner wurde nach Informationen dieser Redaktion mit 178,51 Zentimetern gemessen und somit nun lebenslang als Korbhüterin gesperrt." --> Ich denke, das hätte 178,6 Zentimeter heißen müssen. Diese sogenannten "Dopingmessungen" gibt es schon seit vielen Jahren. Überraschend fand ich mitunter, dass damals auch Korbhüterinnen nachgemessen wurden, die eigentlich "unverdächtig" erschienen, ob ihrer Körperlänge.
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  • Kai Dunkel
    Hallo Herr Müller,

    danke für den berechtigeten Hinweis, wir haben es korrigiert.

    Mit sportlichem Gruß,
    Kai Dunkel, Sportredaktion
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  • Edith Kram
    Gastkommentar Gerhard Fleischmann:

    Typisch Deutschland!
    Da werden Tagesform und Haarwuchs plötzlich zum Kriterium für einen Verstoß?

    Oder ist in diesem Fall der "fade Beigeschmack" doch mehr als berechtigt?

    Aber warum "typisch"?
    Auch bei Deutschlands liebstem Kind, dem Fußball, entscheidet mittlerweile die Schuhgrösse über Abseits oder Tor. Auch die Körpergröße kann entscheidend sein, wenn sich die Spieler in Torrichtung bewegen - da ist der grössere Spieler schnell mal einen "halben Kopf" voraus während Körper und Füsse noch dahinter sind.

    Will sagen...diese unerträgliche Millimeter-Fuchserei muss bald ein Ende finden bevor noch mehr Sportarten der Lächerlichkeit preisgegeben werden.
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  • Matthias Horn
    Es ist wie bei Tempoverstößen.
    Da gibts eine zulässige Geschwindigkeit (hier ein zulässiges Körpermaß).
    Und darauf gibt es eine Toleranz (hier ebenso).
    Und darauf gibt es dann nochmal eine Toleranz (die berühmten 3% oder 3 km/h).
    So wie auch hier.
    Und die Spielerin hat jede einzelne Grenze davon "gerissen".
    Was wäre richtig? Nochmal eine Toleranz auf die Toleranz der Toleranz?
    Irgendwann ist die Toleranzgrenze dann halt mal eine solche.
    Daß sich Sportler - bei angekündigten Kontrollen - entsprechend "vorbereiten" ist ein offenes Geheimnis.
    In diesem Fall werden temporär durch Gewichtstraining und Sprungübungen die Bandscheiben gestaucht, was sich dann auf 1-3 cm summiert.
    Hält natürlich hat nur wenige Stunden an.
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  • Ursula Seltsam
    absurd
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  • Ursula Seltsam
    Absurd!
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  • Matthias Horn
    Tatsächlich?
    Es geht hier um die Toleranz auf eine Toleranz auf eine Maßangabe.
    Jede einzelne davon wird überschritten.
    Also kann es auch nur eine Maßnahme dagegen geben.
    Warum die Spielerin bei angekündigten Kontrollen stets innerhalb der Toleranz war und bei der nun ersten unangekündigten nicht, das müssen Sie selbst heraus finden.
    Eine Idee, warum das so war, dazu hätte ich durchaus.
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