Frauen kriegen nach neun Monaten schon mal ein Baby. Schalke schafft nach neun Monaten den ersten Pflichtspiel-Sieg. Was mehr Respekt verdient, können sich auch Fußballfreunde ausrechnen, die noch nicht Mama und Papa geworden sind. Wenn ein Erstligist gegen einen Viertligisten gewinnt, ist das keine Ruhmestat. Tut er es, wie der FC Schalke 04 beim schmeichelhaften 4:1 (2:1) in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde gegen den FC 05 Schweinfurt, mit Hängen und Würgen, erst gar nicht. Wenig verwunderlich demnach, dass Schalke-Coach Manuel Baum verhalten bilanzierte: "Man weiß außerhalb vom Ergebnis nicht so richtig, was man mit dem Spiel anfangen soll." Denn die 22 sieglosen Bundesliga-Partien in Serie stehen immer noch.
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Ganz anders die Stimmung im Lager der unterlegenen Nullfünfer, die in der Veltins-Arena eine halbe Stunde dominiert hatten, mit 1:0 durch Martin Thomann ("das war ein geiles Gefühl, ich hätte mich beim Jubeln fast verlaufen") in Führung gegangen waren, einen verschossenen Foulelfmeter durch Amar Suljic verkraften hatten und erst in der 81. Minute mit dem 1:3 besiegt waren. Thomann sah viel von dem, was nicht nur in der Liga in Aschaffenburg zuletzt vermisst worden war: "Wir waren voller Selbstvertrauen und haben gut gepresst." Auch für 05-Trainer Tobias Strobl war das nahe an der Wunschvorstellung. "Du gehst in dieses Spiel und rechnest dir gegen einen angeschlagenen Gegner etwas aus, dann führst du, und hältst auch in der zweiten Halbzeit fast bis zum Schluss ein Resultat, bei dem du noch hoffen kannst auf die Sensation. Fast alles richtig gemacht."
Regelverstoß bei Ralf Fährmanns Rettungstat
Fast. Denn trotz aller bundesweiter medialer Lorbeeren: "Wenn du die Sensation wirklich schaffen willst, müssen bestimmte Spielmomente passen", fand Strobl ein Haar im lecker Süppchen - den verschossenen Elfmeter. Gleichwohl für ihn das nicht optimal verteidigte 1:3 "der Knackpunkt" war, verpasste Suljic mit dem von Ralf Fährmann gehaltenen Strafstoß den Ausgleich und eine neuerliche Wende im Spiel. "Das hätte ich erst einmal sehen wollen, wie Schalke das verkraftet hätte", sagte Torwarttrainer Norbert Kleider.
Er wusste, dass beim Elfer einiges schief gelaufen war. Der etatmäßige Schütze Adam Jabiri war nach dem Foul an ihm noch gehandicapt, sein vorgesehener Ersatzmann Thomann "durfte" nicht, weil Suljic, zehn Minuten zuvor erst eingewechselt und noch ohne Aktion, sich vorgedrängelt hatte. "Er hat sich den Ball genommen und gesagt, er fühle sich sicher", sprachen und sahen Thomann ("ich hätte gerne geschossen") und Strobl anschließend das selbe: einen recht kläglichen Schlenzer halbrechts unten. Dass sich der locker zupackende Fährmann dabei unerlaubt und ungeahndet einen halben Meter vor der Linie postiert hatte, machte die für den FC 05 unglückliche Szene perfekt. Einen Video-Assistenten gibt's im Pokal halt erst ab dem Achtelfinale.
Gut möglich, dass Strobl, der bereits in seiner Ingolstadter Zeit einen Elfmeter-Disput mit Suljic gehabt hatte, dies mit seinem Spieler nachbesprochen hat am Mittwoch. Denn schon einen Tag nach dem ehrenvollen Pokal-Aus gab es in Schweinfurt Einzelgespräche mit sämtlichen Akteuren. "Das sind Standortbestimmungen", erklärte der Trainer. "Wir wollen bei jedem Einzelnen ausloten, ob er die in ihn gesetzten Erwartungen bisher erfüllt hat, oder wo noch mehr kommen muss." Er wollte zwar nicht aussprechen, dass damit personelle Veränderungen in der Winterpause verknüpft sein könnten - es dürfte aber nicht auszuschließen sein. Eine Motivationsspritze für die zuletzt in Ligapokal und Regionalliga ins Straucheln geratene Mannschaft wird's zumindest sein sollen.
Auch die Regionalliga Bayern ist nämlich vom Bayerischen Fußball-Verband in die Winterpause geschickt worden, womit auch das einzige nach dem November-Lockdown angesetzte Spiel abgesagt worden ist. Frühestens im Februar wird es weitergehen. "Scheiße", kommentierte Thomann trocken die lange Zwangspause. "Wir haben ja jetzt zehn Wochen bis zur Vorbereitung auf die restliche Runde." Strobl will "die Jungs deswegen erst einmal in Ruhe lassen", Teamtraining wäre ohnehin verboten. Geschäftsführer Markus Wolf wird demzufolge die Spieler vorübergehend erneut in Kurzarbeit schicken.
Rechnungen für ein Abbruch-Szenario
Dass dem FC 05 das Absacken auf Platz vier in der Regionalliga noch zum Verhängnis werden könnte, für den Fall eines nicht ausgeschlossenen Corona-Abbruchs der Liga, glaubt Strobl nicht. "Wir haben einen verzerrten Spielplan, wir haben zwei Spiele weniger als Nürnberg und Bayreuth, drei weniger als Aschaffenburg. Es würde wohl ein Quotient aus Punkten und Anzahl der Spiele gebildet - und dann wären wir wieder Erster." Außerdem glaubt Strobl, dass die Zeit reichen wird, zumindest die angedachten Play-Offs der besten vier Mannschaften um Meisterschaft und Qualifikation für die Relegation zur Dritten Liga austragen zu können. An diesem Ziel würde sich nichts ändern durch den Termin-Wirrwarr, so Thomann: "Wir werden alles geben, um nächste Saison in der Dritten Liga spielen zu können." Der Auftritt auf Schalke hat gezeigt, dass der FC 05 das Zeug dazu hat.