Als Fußballer hat er für die FT Schweinfurt und den TSV Großbardorf gespielt. Danach hat er Sportökonomie in Bayreuth studiert und bei einer Sportmanagement-Agentur in Stuttgart gearbeitet. Jetzt ist Benjamin Freund beim Bayerischen Turnverband angestellt und Geschäftsführer des Organisationskomitees hauptverantwortlich für das 32. bayerische Landesturnfest, das von 30. Mai bis 2. Juni in Schweinfurt stattfindet. Der 29-Jährige, der seine Fußball-Laufbahn vor drei Jahren wegen einer Knieverletzung beenden musste, verspricht sich eine große Öffentlichkeitswirkung der Veranstaltung, zu der rund 8000 Sportlerinnen und Sportler sowie 800 Behindertensportler kommen werden.
Frage: Olympische Spiele, Kirchentag - Landesturnfest...
Benjamin Freund: Da gibt es schon Gemeinsamkeiten. Wenn man einen Vergleich zu den olympischen Winterspielen zieht, bei denen 2600 Teilnehmer dabei waren, sprechen wir beim Landesturnfest von bis zu 8000 aktiven Teilnehmern. Das ist schon eine Hausnummer. Und der Vergleich mit dem Kirchentag ist auch nicht schlecht, auch ein Turnfest hat einen spirituellen Charakter. Letztes Jahr war ich auf dem Turnfest in Weinheim und durfte die Stimmung dort erleben. Ich bin ja ursprünglich kein Turner...
Na?
Freund: ... ja stimmt, ich habe ja bei den Freien Turnern gespielt. Aber diese Stimmung war schon einzigartig. Da darf sich Schweinfurt wirklich freuen. Die Turner sind ausgelassen, bringen gute Laune mit.
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Warum lassen sich ausgerechnet mit Turnspielen noch solche Massen mobilisieren?
Freund: Beim Fußball geht es schon stark in Richtung Leistungsebene. Beim Landesturnfest gibt es zwar auch einen Leistungsbereich mit Qualifikationswettbewerben für die deutsche Meisterschaft. Aber grundsätzlich steht mehr der Breitensport im Vordergrund, wir sind immerhin das größte Breitensport-Event Bayerns. Der BTV nennt sich nicht umsonst "Bayerns Fitmacher". Die Turnbewegung ist eine der ältesten Sportbewegungen überhaupt.
Eine Sportveranstaltung ist das Landesturnfest dann primär gar nicht.
Freund: Es geht um Sport, aber auch um Kultur, Show und Geselligkeit. Das ist ein Paket.
Jetzt hat ja jedes Bundesland sein Turnfest. Wo rangieren denn die Bayern bei den Meldezahlen?
Freund: Wir entwickeln uns in die richtige Richtung. Wir können uns noch nicht mit den Nachbarn aus Baden-Württemberg vergleichen, wo bis zu 12000 Athleten kommen. Aber das sind Zahlen, wo wir auch noch hinkommen möchten.
Wenn wir schon bei Zahlen sind: Glaubt man Statistiken, treiben immer weniger junge Menschen Sport in Vereinen.
Freund: Der BTV versucht sich da zu positionieren. Auch mit dem Turnfest wollen wir junge Leute hin zum Sport und ältere Menschen zurück zum Sport bringen. Deswegen wird es zahlreiche zielgruppenorientierte Angebote geben. Um die Menschen zu Sport zu bekommen, müssen wir erst einmal wieder den Sport zu den Menschen bringen.
Indem Sie auch neue Wege einschlagen?
Freund: Absolut. Das beste Beispiel ist der Trendsport Parcours. Dabei geht es darum, im urbanen Bereich Hindernisse zu bewältigen. 2024 soll der Wettbewerb sogar olympisch werden. In den Turnverband wurde Parcours bereits integriert. Erste Weltmeisterschaften soll es 2020 geben. Wir werden beim Landesturnfest im Trendsport-Park so einen Parcours haben.
Junge und alte, nichtbehinderte und behinderte Sportler, Massen an Zuschauern, Angebote für Aktive wie Passive, klassischer Turnsport und Trendsportarten - das alles unter einen Hut zu bringen, klingt nach sehr viel Arbeit.
Freund: Seit Anfang des Jahres hat's angezogen. Es geht um Logistik und Kommunikation. Die Schweinfurter sollen ja auch mitbekommen, das da etwas auf sie zukommt. Bayern soll mitbekommen, dass in Schweinfurt Landesturnfest ist. Da sind 5000 Teilnehmer, die kein Hotelzimmer haben werden, sondern in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden müssen. Bühnen und Bühnenprogramme müssen arrangiert werden. Insgesamt sind wir zwölf Personen im Organisationskomitee, aber es geht nicht ohne zahlreiche ehrenamtliche Helfer.
Das Turnfest soll ja nicht nur auf den Sportanlagen stattfinden. Sie wollen Sport und Menschen auch in die Innenstadt bringen?
Freund: Der Oberbürgermeister hat es klar formuliert: Das Landesturnfest soll ein viertägiges Volksfest in der Stadt werden. Und ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass dies funktionieren wird. Wir werden eine Bühne auf dem Marktplatz haben, die vom BTV von 9 bis 18 Uhr bespielt wird. Sportler und Vereine können sich da präsentieren. Am Martin-Luther-Platz gibt es noch eine Bühne, am Georg-Wichtermann-Platz gibt es eine Turn-Werkstatt, eine Outdoor-Fläche mit Workshops. Dort kann wirklich jeder mitmachen, 45 Minuten betreut Sport treiben für fünf Euro. An der Stadtmauer gibt's eine Kinderwelt für junge Familien. Am oberen Wall haben wir eine Vital-Zone für die Senioren, inklusive Alltags-Fitnesstest. Und in den Wehranlagen bieten wird Trendsport an. Aber es wird auch Orte der Geselligkeit geben, zum Beispiel mit Wirtshaussingen und Tanz.
Wie viele Menschen erwarten Sie von außerhalb von Schweinfurt?
Freund: Das ist zwar brutal schwer, das zu kalkulieren. Aber wir rechnen mit 25000 bis 30000 externen Besuchern. Wir haben ja am Freitag einen Schultag organisiert. Das gibt es zum ersten Mal bei einem Landesturnfest. Die Schüler können ja wegen der in den Schulen eingerichteten Gemeinschaftsunterkünfte nicht in den Unterricht.
Gut, freitags wird ja eh demonstriert.
Freund: Das stimmt. Aber die, die nicht demonstrieren, sind auf das Landesturnfest eingeladen. Die Resonanz ist unglaublich. Es haben sich so viele Schulen angemeldet, es kommen über 1500 Schüler nach Schweinfurt.
Warum überhaupt Schweinfurt? Wie kam das Landesturnfest 2019 hierher?
Freund: 2011 war ja das Kinderturnfest in Schweinfurt. Das hat gut funktioniert. Dann hat sich die Stadt für das Landesturnfest 2019 beworben und auf Anhieb den Zuschlag bekommen. Wie man an den Meldezahlen sieht, war es die richtige Wahl. Es kommen gut 1000 Teilnehmer mehr, als bei den vergangenen Auflagen.
Und man hat gleich für eine Neuerung gesorgt: das inklusive Turn-Fest. Welche Rolle wird Behindertensport und Inklusion spielen?
Freund: Eine zentrale. Inklusion steht in den Visionen und Leitlinien des Turnfestes. Wir versuchen das nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen, nicht nur bei den Wettkämpfen. So gibt es beispielsweise auch einen Dunkel-Container, in dem Sehende sich in die Welt der Blinden einfühlen können.
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Wer im Programmheft blättert, dem stechen jede Menge nicht klassische Turnangebote ins Auge: Breakdance, Slackline, Beachvolleyball, eine Tanznacht und vieles mehr. Müssen wir uns um die Grabesruhe von Turnvater Jahn Sorgen machen?
Freund: Ich glaube nicht. Bestes Beispiel: Für den Wahl-Wettkampf, einen Wettkampf, den es nur beim Turnfest gibt, haben sich über 1500 Teilnehmer angemeldet. Da darf man wählen zwischen Turnen, Leichtathletik, Schwimmen und Gymnastik - die Großzahl der Meldungen liegt beim Gerätturnen. Er muss sich also nicht sorgen. Es ist ausreichend klassisches Turnen vorhanden. Doch einer unserer Slogans sagt auch: Turnen ist mehr als Reck und Barren.