Eigentlich hätte Schweinfurt in diesem September Austragungsort der bayerischen Leichtathletik-Meisterschaften sein sollen. Doch die Titelkämpfe finden stattdessen im oberbayerischen Erding statt, weil der Leichtathletik-Kreisverband Schweinfurt/Haßberge für dieses Jahr alle Wettkämpfe in seinem Geltungsbereich abgesagt hat. Grund: das Coronarisiko.
"Wir konnten nicht gewährleisten, dass alle notwendigen Regelungen so eingehalten werden, wie es nötig ist", sagt Kreis-Vorsitzender Detlef Müller und ergänzt, dass die Entscheidung im Einvernehmen mit seinen Vereinsvertretern gefallen sei. Obwohl das für die bayerische Meisterschaft vorgesehene Willy-Sachs-Stadion ein durchaus weitläufiges Areal ist, sei es kaum möglich, Abstandsregeln korrekt umzusetzen. "Das fängt schon damit an, dass man 1,50 Meter Abstand halten soll, eine Laufbahn aber nur 1,20 Meter breit ist", so Müller.
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Eine weitere Schwierigkeit, die Distanz zueinander zu wahren, berge der Umstand in sich, dass bei bayerischen Leichtathletik-Meisterschaften verschiedene Wettbewerbe gleichzeitig stattfinden, und die Sportler deshalb Gefahr liefen, einander zu nah zu kommen. In Schweinfurt zum Beispiel im Bereich der Weitsprunganlage. Und in der Kabine für die Kampfrichter sei ebenfalls zu wenig Platz, um das komplette Gremium darin vorschriftsmäßig unterzubringen.
Viele Kampfrichter gehören zur Risikogruppe
Dem Beschluss des Kreises Schweinfurt/Haßberge zufolge werden auch alle anderen in diesem Jahr im Osten Unterfrankens geplanten Wettkämpfe nicht stattfinden, zum Beispiel eine Bezirksmeisterschaft und das traditionelle Herbstsportfest. "Die meisten Kampfrichter und Helfer zählen zur Risikogruppe, weil wenig Jüngere nachkommen", macht Detlef Müller klar, dass bei der Entscheidung auch die Sorge um seine Ehrenamtlichen eine Rolle gespielt habe.
Auch dem Umstand, dass anderswo in Bayern nach der Coronapause schon Leichtathletik-Veranstaltungen stattgefunden haben, misst Müller, der auch Abteilungsleiter bei der TG 48 Schweinfurt ist, keine Bedeutung bei: "Am Wochenende in Aschaffenburg waren es 75 Teilnehmer, bei einer bayerischen Meisterschaft wäre es die zehnfache Zahl. Das kann man nicht vergleichen", so der Kreis-Vorsitzende, der ferner darauf hinweist, dass keiner vorhersagen könne, wie sich die Coronasituation in den nächsten Monaten noch entwickeln werde.
Ausrichter der bayerischen Titelkämpfe wäre allerdings nicht der Leichtathletik-Kreis Schweinfurt/Haßberge gewesen, sondern der Bezirk Unterfranken. Dessen Vorsitzender Andreas Lapp berichtet: "Die Entscheidung zur Absage hat der Kreisverband ohne Rücksprache mit dem Bezirk getroffen." Erst im Nachhinein habe ihm Detlef Müller schriftlich eine Begründung für das Vorgehen zukommen lassen.
Öffentlich kommentieren möchte Lapp die Entscheidung der Kreisspitze und seine Nichteinbindung in den Vorgang dennoch nicht. Ebenso wenig will er darüber spekulieren, ob durch die Absage die Chancen unterfränkischer Bewerber, künftig Zuschläge für hochwertige Titelkämpfe zu bekommen, geschmälert werden könnten.
Dagegen möchte Gerhard Neubauer der Befürchtung entgegentreten, dass Unterfranken bei Wettkämpfen künftig weniger berücksichtigt werden könnte. "In diesem speziellen Fall, wenn man vor Ort nicht sicher ist, dass die Hygiene- und Abstandsregeln gewährleistet werden können, akzeptieren wir das. Auch wenn es schön gewesen wäre, wenn wir früher informiert worden wären", betont der Präsident des Bayerischen Leichtathletik-Verbands.
Schweinfurt, im Zwei-Jahres-Rhythmus auch Austragungsort der internationalen Jugend-Gala, bleibe ein wichtiger Standort für die bayerische Leichtathletik. Einen anderen Austragungsort hat der Verband für die Landesmeisterschaft schon gefunden: Die Wettkämpfe finden im September im oberbayerischen Erding statt. "Wir sind dort im Kontakt mit dem Gesundheitsamt und guter Dinge, dass dort alles klappt", sagt der bayerische Leichtathletik-Boss.