Vier Spiele, vier Siege, zwölf Punkte, 10:3 Tore: Die SG Brendlorenzen/Windshausen gehört in der Fußball-Kreisklasse Rhön 2 zum punktgleichen Führungstrio. Für viele völlig überraschend nach dem Fast-Abstieg in der vergangenen Saison. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres leuchtete nämlich in Brendlorenzen und Windshausen die rote Laterne: Schlusslicht mit null Punkten und 1:24 Trefferquote. Die aktuellen zwölf Zähler standen damals erst nach dem 15. Spieltag zu Buche. Am Ende wurde der Kopf aus der (Abstiegs-)Schlinge über den Umweg Relegation durch ein glanzloses 1:0 gegen die SG Großwenkheim I/Münnerstadt II gezogen.
Mit nahezu identischem Spielermaterial (ein Neuzugang/kein Abgang) schaffte der aktuelle Höhenflieger in dieser Klasse unter dem neuen Coach Matthias Petzold, der zuvor den Ligakonkurrenten SG Mellrichstadt/Frickenhausen unter seinen Fittichen hatte, und Spielführer Carl Murphy ("mein verlängerter Arm auf dem Spielfeld", so Petzold) den Turnaround.
Carl Murphy hat über 100 Regionalligaspiele bestritten
Carl Murphy, wohnhaft in Brendlorenzen, hat das Fußballspielen in Heppenheim (Hessen) gelernt. Ab 2000 spielte der 37-jährige Angestellte eines Mellrichstädter Industrieunternehmens zwei Jahre im Nachwuchsbereich des TSV Brendlorenzen, anschließend bei den Junioren des TSV Großbardorf und schaffte im Männerbereich mit den Grabfeld-Galliern den Aufstieg in die Regionalliga. Mit 23 Jahren wechselte er zum damaligen Landesligisten Würzburger Kickers. Unterbrochen von einem zweijährigen Gastspiel beim SV Waldhof (Regionalliga) kehrte er 2012 für drei weitere Jahre zum Würzburger Traditionsverein zurück. Es folgten drei Spielzeiten beim TSV Abtswind.
So hatte Carl Murphy mit 31 Jahren 101 Regionalliga-Spiele, 103 Einsätze in der Bayernliga und 74 Partien in der Landesliga absolviert. Den Höhepunkt seiner Karriere bildete sein Einsatz beim damaligen Sechsligisten SF Dorfmerkingen (Verbandsliga Württemberg) in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde der Saison 2017/2018 gegen den Bundesligisten RB Leipzig, der mit allen Stars (Willi Orban, Marcel Sabitzer, Konrad Laimer, Yussuf Poulsen usw. angereist) war.
"Mein direkter Gegenspieler war damals vor 10.460 Zuschauern in der Ostalb-Arena in Aalen Nationalspieler Timo Werner", erinnert sich Murphy noch genau an das Pokalmatch, das Leipzig standesgemäß mit 5:0 gewann. 2019 folgte sein Wechsel zum TSV Brendlorenzen, der seit 2014 eine Spielgemeinschaft mit der DJK Windshausen bildet.
Die Mannschaft hat erkannt, worauf es ankommt
Worin unterscheidet sich diese Runde von der letzten Zittersaison? "Wir hatten auch in der letzten Saison schon eine gute Truppe", sagt Murphy rückblickend. "Allerdings hatten wir einige kleinere Baustellen wie fehlende Disziplin und mangelnden Ehrgeiz innerhalb der Mannschaft, die allerdings rechtzeitig behoben wurden." Der Absturz in die A-Klasse wurde gerade so verhindert.
"Mittlerweile haben alle erkannt, dass Disziplin, Zusammenhalt, Ehrgeiz und Trainingsfleiß die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Abschneiden sind. Diese Tugenden hat uns Matthias Petzold bei seinem Amtsantritt gebetsmühlenartig ans Herz gelegt." Überhaupt besitzt Murphy eine hohe Meinung vom neuen Coach. "Bei aller Autorität und sportlichem Ehrgeiz ist er ein kumpelhafter Typ mit einer klaren Ansprache in sämtlichen Bereichen."
Matthias Petzolds Standpauke zeigt Wirkung
Bestätigten Meldungen zufolge soll es beim letzten Spiel in Bischofsheim während der Halbzeitpause in der Kabine lautstark zugegangen sein. Petzold fand wohl auch da die richtigen Worte: Nach einem 0:1-Halbzeitrückstand legte seine Mannschaft den Hebel um und siegte klar mit 4:1.
Hält der Höhenflug an? Geht es nach Carl Murphy, auf jeden Fall. "Wir sind topfit, spielen aktuell auf einem sehr guten Niveau. Wenn wir die Euphorie beibehalten und von größeren Verletzungen verschont bleiben, können wir bis zum Schluss vorne mitspielen."
"Man sollte ja seinem Spielführer nicht widersprechen", sagte SG-Coach Matthias Petzold schmunzelnd, um im gleichen Atemzug hinzuzufügen, dass er ebenfalls "gegen einen längeren Aufenthalt im oberen Tabellenbereich nichts einzuwenden hätte".
Eine gesunde Mischung und die unterschiedlichsten Charaktere
Worauf führt Petzold den erfolgreichen und nicht unbedingt erwarteten Saisonstart zurück? "Meine Vorstellungen von Fußball, wo Disziplin, Ehrgeiz, Kameradschaft und Zusammenhalt zu den grundlegenden Tugenden gehören, hat meine Mannschaft, die eine gesunde Mischung aus Jung und Alt darstellt, schnell verinnerlicht. Und die unterschiedlichsten Charaktere, mit Sicherheit kein Nachteil, tragen ebenfalls zum erfolgreichen Abschneiden bei."
Wo sieht Petzold die Stärken und Schwächen seines Teams? "Die Balance zwischen Abwehr, Mittelfeld und Angriff stimmt. Jeder kämpft für jeden. Wir stehen in der Defensive gut und sind offensiv - sieben Akteure erzielten die zehn Treffer - schwer auszurechnen. Unsere Schwächen sollen andere beurteilen." An diesem Sonntag empfängt die SG den Kreisliga-Absteiger FC WMP Lauertal. Anpfiff ist um 15 Uhr in Brendlorenzen.