
Tobias Kaiser, der Mannschaftskapitän des FSV Hohenroth, hat sich am Sonntag beim 2:1-(0:1)-Sieg des Tabellenzweiten in der Fußball-A-Klasse Rhön 3 beim sieglosen Schlusslicht SG Irmelshausen/Herbstadt II einen Eintrag in die Vereinschronik verdient. Der 27-Jährige war von seiner angestammten Position als Innenverteidiger zum Torwart umfunktioniert worden – und wurde nach dem Schlusspfiff auf dem Ausweichplatz in Irmelshausen als Matchwinner gefeiert.
Zunächst parierte er einen selbst verursachten Foulelfmeter (4.), in der Schlussminute verwandelte er auch noch einen Freistoß aus 35 Metern zum 2:1-Siegtreffer, im Video festgehalten vom FSV-Anhang. "Das waren Emotionen pur", sagt Kaiser im Gespräch mit dieser Redaktion.
Den Freistoß mit dem starken linken Fuß aus 35 Metern verwandelt
"Geh' vor und hau' das Ding rein", beschreibt Kaiser die Aufforderung seines Trainers Stephan Hahn, den Freistoß kurz vor Schluss auszuführen. "Ist das dein Ernst jetzt?", rief Kaiser, völlig überrascht. Der Wunsch des Coaches war ihm Befehl. Der 27-Jährige rannte nach vorne, ein paar Meter nach der Mittellinie in des Gegners Hälfte. "Ich hab' einfach mit meinem stärkeren linken Fuß an den Ball getreten und hatte gleich das Gefühl: Der kommt gut."
So gut, dass das Leder flog und flog, hoch in den 16er, wo nahezu alle Spieler versammelt waren, und schließlich in den Maschen landete. Die mulmigen Gefühle vor dem Freistoß wichen den Glücksgefühlen. "Der Gegner hätte den Ball ja abwehren und mit einem schnellen Konter selbst den Siegtreffer erzielen können."
Tobias Kaiser als Elfmeter-Verursacher und Elfmeter-Töter
Tobias Kaiser hatte bereits vorher, gleich zu Beginn des Spiels (4.), im Mittelpunkt gestanden. Als Elfmeter-Verursacher und als Elfmeter-Töter. Auf dem "richtig kleinen Ausweichplatz" spielte ein Verteidiger den Ball zu Keeper Kaiser. "Der Ball versprang und kullerte langsam auf mich zu." Beim Rettungsversuch brachte er den gegnerischen Stürmer regelwidrig zu Fall: Gelbe Karte und Elfmeter. Beim Strafstoß ahnte der 27-Jährige die richtige, die rechte Ecke, und machte sich ganz lang. "Ich habe den Ball mit den Fingerspitzen an den Pfosten gelenkt. Von dort sprang er an meinen Rücken und ins Aus."
Wie es überhaupt zu seiner "Berufung" gekommen ist? Das etatmäßige Keeper-Trio stand nicht zur Verfügung: Max Wittenberg wegen einer Schulterverletzung, zugezogen in der Partie in Eichenhausen, Yannic Borchardt erkrankt und Mario Mölter privat verhindert. Deshalb habe der Trainer Freiwillige gesucht. Zwei trauten es sich zu, einer davon war Tobias Kaiser.

Er, seit über vier Jahren Mannschaftskapitän, ist es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Zudem erinnerte er sich an seine Jugendzeit, als er im D-Junioren-Alter zwischen den Pfosten stand. "Damals hat sich kein anderer gefunden und es hat super funktioniert." Einmal, so erinnert er sich, hat er vor ein paar Jahren auch in der ersten Mannschaft, gezwungenermaßen, ausgeholfen. "Aber nur für fünf Minuten, als unser Torwart in der 85. Minute Knallrot gesehen hatte."
Ein besonderes Auswahlverfahren beim Training
Erst kein Tormann, dann gleich zwei im Angebot. Das veranlasste den Trainer zu einem besonderen Auswahlverfahren. Als sich der Ausfall des Torhüter-Trios abzeichnete, musste sich das Bewerber-Duo beweisen: beim Schusstraining und beim Abschlussspiel im Training. An diesem Sonntag kehrt Tobias Kaiser wieder auf seine gewohnte Position zurück. Sollte wieder einmal Not am (Tor-)Mann herrschen, steht er bereit. Das "Zeitungsbier", das nun fällig wird, "zahle ich gerne". Seine Fußball-Leidenschaft teilt seine Freundin Cecile. "Ich bin, wenn ich kann, bei jedem Spiel, auswärts wie daheim, dabei."
Dass die Begegnung überhaupt eine so enge Angelegenheit war, führt Kaiser auf den kleinen Platz zurück. "Da war alles so eng, man konnte nicht richtig darauf Fußball spielen. Nach dem 0:1-Rückstand zur Pause hat unser Trainer taktisch umgestellt. Wir haben mehr gepresst und die zweiten Bälle erobert." Der Grund, dass der FSV das Steuer spät (83., 90.) herumriss. Der Sieg war auch nötig, um im Titelkampf mit Spitzenreiter FC Sandberg Schritt zu halten.
Gemeinschaft so stark wie nie
Nach der Stimmungslage beim FSV gefragt, spricht Kaiser von einer "Gemeinschaft so stark wie nie" und einem "großen Zusammenhalt". Bei Fehlern, die mitunter zu einem Gegentor führen, "werden der Torwart oder die Spieler nicht kritisiert, sondern aufgemuntert und ihnen Mut zugesprochen". Für den weiteren Saisonverlauf erwartet er den Zweikampf des FSV mit dem FC Sandberg. "Unser Ziel bleibt die Meisterschaft". Die Plätze zwei und drei bleiben auch lukrativ, sie berechtigen zur Aufstiegsrelegation. Einer solchen will der FSV aus dem Weg gehen und direkt zurück in die Kreisklasse, aus der er 2015 abgestiegen war.