Zehn Sekunden, erlebt am Ende des Spitzenspiels FC Eibstadt gegen Sportfreunde Herbstadt vor zwei Wochen, beschreiben am besten die Stimmung bei den Sportfreunden, dem Absteiger aus der Kreisliga und aktuellen Spitzenreiter der Kreisklasse Rhön 2. In der ersten Minute hatte einer der besten Torhüter der Klasse, Thomas Kneuer, sich ein peinliches Tor selber "reingeschaut", total verschätzt bei einem Schuss aus gut 60 Metern.
Als hätte Herbstadt die Meisterschaft gewonnen
Das stachelte den Zusammenhalt der Truppe der beiden Spielertrainer Michael Gabold (37) und Dominik Firnschild (31) und ihrer Fans noch mehr an. Und in der 90. Minute hatte Peter Kürschner nach 0:2- und 1:3-Rückständen den 4:3-Sieg markiert, wonach gefühlte 100 Fans den Platz fluteten, als hätte man soeben den Meistertitel gewonnen. Dagegen war der 3:1-Sieg zuletzt gegen den FC Fladungen fast schon der Normal-Fall. Dabei hatte man bis zur 85. Minute 0:1 hinten gelegen. Dann drehten zweimal Marco Gräf und Marco Lurz (90.) das Spiel.
Das krasse Gegenteil zur Kreisliga-Saison
Zufall? Einmal, ja, immer wieder, nein. Vor ihrem 13. Spiel, am Sonntag daheim gegen die SG Heustreu/Hollstadt um 15 Uhr, sind die Sportfreunde immer noch ungeschlagen und glauben insgeheim an einen Flow, wonach man gar nicht mehr verlieren könne. "Das krasse Gegenteil zur Endphase der vergangenen Saison in der Kreisliga", sprechen die beiden Trainer wie aus einem Mund. "Als uns überhaupt nichts mehr gelingen wollte, als wir Woche für Woche einem einzigen Punkt nachliefen, der gereicht hätte. Der aber bis zum letzten Schlusspfiff der Saison einfach nicht gelingen wollte, als wir mehrfach bis in die Schlussphase hinein in Führung lagen."
"Lasst uns mal auf dem Teppich bleiben", sagen Firnschild und Gabold
Hat sich das Blatt gewendet, sich Fortuna den Sportfreunden wieder zugewandt? Und das nach dem Umbruch, zwei neue Trainer aus der eigenen Mannschaft als Martin-Naber-Nachfolger, acht Abgänge, acht Zugänge? "Lasst uns mal ganz schön auf dem Teppich bleiben", wenden sie sich unisono gegen jedwede Spekulationen oder Zielformulierungen, dass man den sofortigen Wiederaufstieg im Visier habe.
Davon wird man noch in zehn Jahren sprechen
"Ein bisschen Demut gehört dazu, neben noch so viel Selbstbewusstsein, das man vielleicht aus einer solchen Erfolgsserie schöpfen kann", bremst Michael Gabold Anspielungen daraufhin aus. "Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen", sprich, ein- und überholt zu werden durch eine Negativserie, ausgelöst von einer Verletzungsserie. Und Firnschild ergänzt: "Nein, wir sind komplett auf dem Boden geblieben. Der Sieg beim FC Eibstadt war halt deshalb so schön, weil er an unserer Kirchweih war und zum Plantanz, der alle zehn Jahre stattfindet und einige Spieler Planburschen waren. Man wird in zehn Jahren noch davon sprechen."
Michael Gabold, Elektriker, lebt in seinem Geburtsort Großbardorf, hat dort in der Jugend bis zur U 17 gespielt, danach beim FC 05 Schweinfurt, ehe er zum TSV Aubstadt wechselte, wo sein Vater Walter gerade Cheftrainer war. Zehn Jahre spielte er dort, danach ein Jahr im Bayernligakader der Grabfeld-Gallier und inzwischen sind es schon wieder sieben Jahre in Herbstadt.
Starker Kader - quantitativ wie qualitativ
Zurzeit kommt er meistens als Wechselspieler rein und nimmt an den Aufholjagden teil. "Wir haben einen in Quantität und Qualität starken Kader." Während der Obereßfelder Dominik Firnschild, Logistikplaner, in Bad Königshofen wohnt, über Gabolshausen und 16 Jahre Großbardorf, ähnlich wie mehrere Ex-Boardfer, in Herbstadt gelandet ist. Der überall und jede Saison in der Torschützenliste weit vorne auftaucht und aus der Startelf nicht wegzudenken ist.
Die Vorbilder des Trainer-Gespanns
Ihre Trainervorbilder? "Bei mir, ganz klar, mein Vater, der mich mein ganzes Leben lang begleitet und dem ich viel zu verdanken habe", muss Gabold nicht lange überlegen. Firnschild aber auch nicht: "Eindeutig Hansjürgen Ragati, ein absoluter Fachmann in jedem Bereich." Ob der Trainerjob mal ein Thema für die Zukunft sei? Gabold ist diesbezüglich noch ganz offen. Firnschild hat schon die Aufnahmeprüfung für den C-Schein bestanden und zusätzlich eine Athletik-Trainer-Ausbildung, "die uns ganz guttut, weil wir spezielle athletische Übungen in unser Trainingsprogramm einfließen lassen".
Mentale Stärke wächst mit jedem Coup
Woran liegt es denn nun, dass man so viele Spiele in den Schlussminuten gedreht hat? Firnschild ist sich sicher, "auch unsere athletische Fitness." Gabold fügt hinzu, "dass wir besonders an den Dienstagen bis zum Anschlag trainieren, die zweite Einheit etwas gemäßigter". Beide verweisen aber auch auf die mentale Stärke ihrer Mannschaft, die mit jedem Coup wächst, wenn sie wieder einmal ein Spiel gedreht hat. "Irgendwann glaubst du richtig daran, dass man hinten raus noch was zuzusetzen hat. Und der Gegner weiß, wenn er führt, dass er gegen Herbstadt erst gewonnen hat, wenn der Schiedsrichter die Partie abpfeift." Das soll nach dem Willen der beiden gerne noch eine Weile so bleiben.