
Es war angerichtet in der Shakehands-Arena: Ein paar Tage zuvor hatte der TSV Bad Königshofen in der Tischtennis-Bundesliga den Tabellenführer Ochsenhausen auswärts besiegt. Noch zwei Siege aus vier Spielen, dieses gegen den Vorletzten TTC OE Bad Homburg, der den Klassenerhalt am Donnerstag am Grünen Tisch geschafft hatte, als erstes, um sicher in den Play-offs zu sein.
Hallensprecher Jürgen Halbig hatte bei der Begrüßung postuliert: "Heut' gibt's natürlich nur eines, gewinnen – was sonst!" Doch die Fallhöhe nach Ochsenhausen hatte es in sich. Zudem scheint das Team aus dem Taunus tatsächlich ein Angstgegner der Grabfelder zu sein. Sodass etwas unglücklich, aber nicht unverdient, eine 1:3-Niederlage herauskam. Wofür es einen Hauptgrund gab: die überragende Performance des schwedischen Olympiasiegers, Welt- und Europameisters im Doppel, Kristian Karlsson. Fragt sich, wie kann ein Aufsteiger, der bislang kaum von sich reden gemacht hat, Borussia Düsseldorf so einen Weltklassemann abkaufen?
Karlsson war noch nicht einmal fürs Doppel geplant. Trainer Helmut Hampel hatte anderes mit ihm vor. Der Schwede gewann beide Einzel und schuf das Fundament für den Auswärtssieg, über den sich sechs andere Mannschaften der Liga freuen, die ebenfalls die Play-offs im Visier haben. Zu Karlssons zwei Siegen musste also nur noch einer aus den drei anderen Matches her.
Dabei hatte es doch so gut angefangen für die Gastgeber. Jin Ueda, in den letzten Wochen zur Hochform aufgelaufen, hatte die Aufgabe, den Dosenöffner zu geben, den Jungnationalspieler Benno Oehme zu schlagen und sein Team in Führung zu bringen.
Dies ein paar Momente, nachdem er auf so rührende Weise in der Arena begrüßt worden war: Sein eigener kleiner Nachwuchs als Einlaufkinder an der Hand und seine Eltern, zum ersten Mal in Bad Königshofen, nur ein paar Schritte hinter ihm in Reihe eins der Tribüne. Eltern, Frau und Kinder werden dieser Tage nach Japan zurück fliegen. Ueda bleibt noch da, hat noch einiges beim TSV zu erledigen. Sentimentalität hin oder her: Ueda war gleich fertig mit Oehme, der an der Qualität des Japaners schier verzweifelte – 11:4/11:2/11:6 – 1:0.
Steger gegen Andras auf Messers Schneide
Da wurde auch dem Letzten klar, was Bad Königshofen an Ueda hat und bald verlieren wird. War dessen Sieg nahezu einkalkuliert, verhielt sich das im nächsten Duell Karlsson gegen Filip Zeljko anders. Chancenlos sah man Zeljko nicht. Er hatte Karlsson ja in der bis dato letzten Begegnung der beiden geschlagen. Von den vier Sätzen endeten der erste und letzte klar für den Schweden. Den zweiten verbuchte Zeljko knapp (11:9) für sich, den dritten Karlsson (12:10). Ein nahezu ausgeglichenes Duell, das durch die ungleich verteilten unforced errors entschieden wurde – 1:1.
Endeten diese ersten beiden Spiele doch irgendwie erwartet, war jedem klar, dass auf dem nächsten die Schlüsselspiel-Bedeutung lastete. Bastian Steger sollte mit einem Sieg das Schlussdoppel sichern, denn Karlsson wäre danach im Einserduell vielleicht doch zu stark für Ueda. Und im Doppel ist der TSV ja eine Macht. Aber Csaba Andras aus Ungarn, gerade halb so alt wie Steger, erwies sich nach fünf hart umkämpften Sätzen als der Glücklichere.
Dabei konnte Steger einen 0:2-Satzrückstand egalisieren, sodass der Tanz auf der Rasierklinge in den fünften Durchgang ging. Dort führte Steger bis 6:5, als Andras eine Auszeit nahm: der Knackpunkt des ganzen Abends. Er verbuchte danach vier Bälle in Folge zum 6:9 und riss den Sieg an sich – 1:2.
Spitzen-Tischtennis bei Ueda gegen Karlsson
Der Erwartungsdruck lag nun auf den schmalen Schultern von Ueda. Gegen Karlsson war er zum Siegen verurteilt, wenn das Doppel doch noch das Ruder herumreißen sollte. Besonders im ersten Satz kam viel Weltklasse-Sport von beiden, aber auch viel Pech für Ueda zusammen. Der TSVler spielte ja eigentlich genial, hatte zwei Satzbälle bei 10:9 und 11:10.
Doch Karlsson spielte noch genialer, gewann 13:11. Im zweiten und dritten Satz setzte sich die einen Tick höhere Qualität des Schweden durch, spielte Ueda knapp am Limit, Karlsson knapp darüber. Den Fans wurden so faszinierende Ballwechsel präsentiert, so extreme Rallyes mit schier unerreichbaren und doch erreichten Bällen, dass sie am Ende zwar etwas traurig waren, aber viel Beifall für den mitreißenden Sport spendeten.
"Wir haben uns die Niederlage durch den Sieg in Ochsenhausen erarbeitet", verschlüsselte Jürgen Halbig seinen Trost. Und irgendwie war diese Fallhöhe auch gar nicht so hoch. Bad Königshofen ist immer noch Dritter und kann sein Ziel noch aus eigener Kraft erreichen.
Tischtennis: Bundesliga, Männer
TSV Bad Königshofen – TTC OE Bad Homburg 1:3
Jin Ueda – Benno Oehme 3:0 (11:4/11:2/11:6)
Bastian Steger – Kristian Karlsson 1:3 (6:11/11:9/10:12/8:11)
Filip Zeljko – Csaba Andras 2:3 (5:11/9:11/11:5/11:5/8:11)
Ueda – Karlsson 0:3 (11:13/5:11/7:11)
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