So schnell kann sich beim Fußball die Stimmungslage ändern. Wortlos und mit gesenkten Köpfen waren die Spieler des Regionalligisten TSV Aubstadt am Samstag nach der schwachen Vorstellung beim 1:1 gegen den VfB Eichstätt vom Platz geschlichen. Trainer Victor Kleinhenz hatte erst in der Kabine deutliche Worte an sein Team gerichtet und war dann auch bei der anschließenden Pressekonferenz im Aubstädter Sportheim so angefressen wie selten zuvor in seiner zweijährigen Amtszeit im Grabfeld. Sein Versprechen an die Fans: "So fahrig wird sich die Mannschaft nicht noch einmal präsentieren."
Das Eichstätt-Spiel wurde beim TSV Aubstadt gründlich aufgearbeitet
Drei Tage später gab es nach dem in letzter Minute errungenen 2:1-Sieg in Ansbach nun das komplette Kontrastprogramm. Kleinhenz sprang unmittelbar nach dem Abpfiff auf den Rücken von Innenverteidiger Steffen Behr und herzte anschließend jeden Spieler einzeln. So, als wollte er ihnen sagen: "Schaut her, ihr könnt es doch."
Bei der Spielanalyse wenige Minuten später war der TSV-Coach dann aber schon wieder gewohnt sachlich. "Das war sicherlich noch nicht unser 1-A-Spiel. Aber wir wollten bewusst einen Schritt zurückgehen und uns über Kampf und Leidenschaft das Selbstvertrauen zurückholen", sagte Kleinhenz.
Dieses Vorhaben ging beim Liga-Neuling SpVgg Ansbach, der vor zehn Tagen den FC Bayern München II verdient mit 2:0 geschlagen hatte, auf. "Wir haben am Montag das Eichstätt-Spiel intensiv aufgearbeitet. Die Mannschaft war dabei sehr selbstkritisch und hat auch eigene Lösungsvorschläge gemacht", so Kleinhenz. Dazu gehörte, nicht jede Situation spielerisch lösen zu wollen, sondern den Ball in Bedrängnis auch einmal weit nach vorne zu schlagen.
Aubstadt kämpft sich nach dem Rückstand zurück ins Spiel
Und dennoch mussten die Aubstädter zunächst erst einmal einen weiteren Rückschlag hinnehmen. Mit ihrer ersten gefährlichen Offensivaktion gingen die Ansbacher nach 20 Minuten durch Sven Landshuter nämlich mit 1:0 in Führung. Angefeuert von den 1241 Zuschauerinnen und Zuschauern bekam der Gastgeber Oberwasser und hatte in Person von Torjäger Patrick Kroiß zweimal das 2:0 auf dem Fuß. Es sah in dieser Phase nicht gut aus für den TSV Aubstadt.
Dass sich die Gäste aus dieser schwierigen Situation schnell befreiten, ist jedoch ein weiterer Beleg dafür, dass das Mannschaftsgefüge intakt ist. Durch viel eigenen Ballbesitz kehrte die Sicherheit ins TSV-Spiel zurück und auch in der Offensive wurden immer wieder kreative Lösungen gefunden. Letztlich war sogar mehr drin als der Ausgleichstreffer durch Joshua Endres (38.), doch Timo Pitter und Christopher Bieber trafen jeweils nur die Latte.
Auch wenn die Aubstädter in der ausgeglichenen und umkämpften zweiten Halbzeit dem Sieg etwas näher waren, wären sie am Ende wohl mit dem 1:1 nicht ganz unzufrieden gewesen. Am vierten Spieltag der noch jungen Saison kam dann aber wieder eine Qualität zum Tragen, die den TSV Aubstadt bereits in der vergangenen Runde ausgezeichnet hatte: Die Einwechselspieler sorgten für neuen Schwung.
Kapitän Ben Müller feiert ausgerechnet in Ansbach sein Comeback
So war es der noch frische Max Schebak, der sich in der Nachspielzeit an der gegnerischen Eckfahne energisch durchsetzte und Christopher Bieber den Siegtreffer auflegte. Während Bieber in der Aubstädter Jubeltraube verschwand, schoben die Ansbacher Frust und beschwerten sich bei Schiedsrichter Elias Tiedeken, der Schebaks Einsatz nicht als Foulspiel gewertet hatte. Für die Mittelfranken war es nach dem 1:2 gegen Greuther Fürth II die zweite Last-Minute-Niederlage in Folge.
Mitfühlen konnte auf Seiten der Aubstädter vor allem einer: Ben Müller. Der TSV-Kapitän wuchs in Ansbach auf, spielte in der Jugend für die SpVgg und hat mit einigen Akteuren aus dem aktuellen Ansbacher Kader schon zusammengespielt. "Am Ende war unser Sieg vielleicht etwas glücklich, aber sicher nicht unverdient. Für Ansbach ist es natürlich bitter, zum zweiten Mal in Folge in den Schlussminuten ein Spiel zu verlieren."
Und doch überwog beim 24-Jährigen die Freude. Nachdem sich Müller Ende Juni verletzt hatte, hatte er sich sofort das Auswärtsspiel in seiner Geburtsstadt als Ziel für seine Rückkehr gesetzt. "Ich komme immer wieder gerne nach Ansbach zurück und bin froh, dass ich rechtzeitig fit geworden bin", sagte Müller, der 20 Minuten vor Schluss eingewechselt wurde.
Aubstadt will nun auch im Heimspiel gegen Türkgücü München überzeugen
Um sein Ziel zu erreichen, habe er in den letzten Wochen viel trainiert und auch einige individuelle Einheiten eingelegt. "Ja, ich war schon unglaublich heiß auf dieses Spiel", gesteht Müller. Dass sein Comeback dann auch noch mit dem Siegtreffer in der Nachspielzeit gekrönt wurde, ist dann fast schon ein bisschen kitschig: "Wenn man es sich ausmalen würde, dann wahrscheinlich genau so."
Trotz aller Euphorie trat der Aubstädter Kapitän dann aber gleich wieder auf die Bremse. "Wir dürfen jetzt nicht den gleichen Fehler wie nach dem 5:2-Sieg in Pipinsried machen und den Erfolg zu hoch hängen. Zu Hause haben wir nach dem Spiel gegen Eichstätt noch einiges gutzumachen." Das sieht auch sein Trainer so. "Die Körpersprache und die gute Stimmung müssen wir jetzt mit ins nächste Spiel gegen Türkgücü nehmen", fordert Kleinhenz.