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SCHACH: BUNDESLIGA FRAUEN
Bad Königshofen: Aus dem Stockbett zur Meisterschaft
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bad Königshofen: Unser Bild zeigt das Team des deutschen Schach-Meisters (von links) Tatjana Melamed, Jana Schneider, Alexandra Obolentseva, Maximilian Müller, Julia Gromova, Anastasia Savina und Jürgen Müller sowie (sitzend) Irina Zakurjaeva mit Bürgermeister Thomas Helbling.
Foto: Regina Vossenkaul | Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bad Königshofen: Unser Bild zeigt das Team des deutschen Schach-Meisters (von links) Tatjana Melamed, Jana Schneider, Alexandra Obolentseva, Maximilian Müller, Julia Gromova, ...
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 13.04.2019 02:11 Uhr

„Man kann kein Konzept in der Schublade haben“, antwortet der Vorsitzende des Schachclubs 1957 Bad Königshofen, Jürgen Müller, auf die Frage, wie man es schafft, als relativ kleiner Verein 2019 zum zweiten Mal nach 2014 deutscher Meister in der Frauen-Bundesliga zu werden. Welche positiven Konstellationen müssen zusammenkommen, um die Meisterschaft zu erringen? Jürgen Müller leistet die Hintergrundarbeit, begleitet das Team fast immer an den Spielwochenenden – oft ist auch Müllers Sohn Maximilian als Teamcoach dabei.

Eine gute Mannschaft zusammenzustellen, die harmoniert und mit dem hohen Niveau in der Bundesliga mithalten kann, ist die erste Herausforderung, erklärt Müller. Kontakte sind wichtig, und die knüpft er unter anderem bei seinen Einsätzen als internationaler Schiedsrichter, etwa bei den „Moskau Open“, wo er sich umhören und nach Talenten Ausschau halten kann. Aus den osteuropäischen Staaten kommen viele Spielerinnen nach Deutschland, in ihrer Heimat wird der Schachsport staatlich gefördert und kann als Breitensport bezeichnet werden.

  • Ein Interview mit Spielerin Jana Schneider lesen Sie hier

14 Spielerinnen braucht der Bad Königshöfer Verein, obwohl in einer Runde immer nur sechs zum Einsatz kommen. Mal gibt es Terminüberschneidungen, mal krankheits- oder familiär-bedingte Ausfälle. Eine Reserve ist deshalb wichtig. Müller hat momentan eine gut funktionierende Mischung aus erfahrenen Spielerinnen und jungen Talenten, die sich gut verstehen, sich gegenseitig über die WhatsApp-Gruppe interessante Partien zusenden, Nachrichten austauschen, Glückwünsche schicken oder Tipps für die Vorbereitung auf den nächsten Gegner geben.

„Das „Hotel Müller“ wurde eigentlich aus der Not geboren, ist aber zu einer Art Markenzeichen des „crazy Schachclubs“ geworden, wie den SC manche Konkurrentinnen nennen. Der Spielbetrieb ist auf Sponsoren angewiesen, deshalb spart man durch die Privatübernachtung im Hause Müller in Kleinbardorf bei Heimspielen die Hotelkosten. Stockbetten und Warteschlange an der Badezimmertür nehmen die jungen Frauen in Kauf, um die gemütliche Atmosphäre und die Gemeinschaft zu genießen: Am Samstagmorgen wird vor Heimspielen gemeinsam gefrühstückt. Es ist Müller wichtig, dass die Anreise am Vortag geschieht, damit alle mit einem entspannten und ausgeruhten Kopf antreten.

Gebraucht wird auch jemand wie Müller, bei dem die Fäden zusammenlaufen, der sich um die Aufstellung und die Anreise kümmert, der weiß, wer gerade wo ist und wann jemand vom Flughafen abgeholt werden muss. Mit welchen Gegnerinnen ist zu rechnen? Welche Eröffnungen und Strategien werden von ihnen bevorzugt? Wie reagieren sie in Zeitnot und wie sind die Elo- und DWZ-Bewertung und die aktuelle Form? „Akribische Kleinarbeit“ nennt Müller das, was im Hintergrund abläuft.

Die Meisterschaft lasse sich nicht planen, so Müller, aber mit einer Medaille habe der SC Bad Königshofen gerechnet, weil er mit den Titelanwärtern auf Augenhöhe gespielt hat. Ab Runde acht (von elf) war die Meisterschaft in Sichtweite. Dazu geholfen haben auch überraschende Niederlagen anderer Favoriten sowie die eigenen sehr guten Leistungen.

Sorgen hat der Verein trotz des Erfolgs, denn sie Finanzierung der nächsten Bundesligasaison ist noch nicht gesichert. Auch die Teilnahme an der Europameisterschaft – für die hat sich das Team mit dem deutschen Titel qualifiziert – steht aufgrund der damit verbundenen Kosten noch in den Sternen.

 
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