
Das Bad Königshöfer Publikum hat bei vielen Heimspielen schon länger ausharren müssen als diesmal, bis es jubeln durfte oder hadern musste. Diesmal, im bedeutungsvollen, fränkisch-hessischen Derby hätte es nur allzu gern länger ausgeharrt. Im dritten Einzel, dem von Bastian Steger gegen Quadri Aruna, bahnte sich im vierten Satz bei 10:8 für Steger möglicherweise die Wende dieses Matches und des gesamten Spiels an. Dann war in wenigen Sekunden mit 10:12, vier nicht zwingend heraus gespielten, aber unerreichbaren Bällen doch plötzlich alles zu Ende und der TSV Bad Königshofenhatte das Spiel in der Tischtennis-Bundesliga gegen den TTC Fulda-Maberzell mit 0:3 verloren.
Der Afrikaner und der Fuldaer Fan-Block jubelten, und das Publikum konnte damit leben und mit gut zwei Stunden Weltklasse-Sport in der Erinnerung nach Hause gehen. Während die Ping-Pong-Ultras Gesänge wie nach großen Siegen anstimmten, als hätte es diese Niederlage gar nicht gegeben.
Die Jockeys auf die richtigen Pferde gesetzt
Immerhin ist mit ihr die Hoffnung auf die erste Play-Off-Teilnahme die Saale runter geschwommen, während sie bei den Osthessen nach dieser nur scheinbar klaren Sache ins total Realistische angewachsen ist. Der TTC aus Fulda war im Hochgefühl des Siegs vom Freitagabend in Bad Homburg angereist, war von Rang 4 auf 3 vorgesprungen und hat sich dort mit diesem 3:0-Sieg mit großen Aussichten auf die Play-Offs eingenistet.
Doch was hatte denn da Fuldas Trainer-Legende Qing Yu Meng für eine taktische Aufstellung aus dem Ärmel gezaubert, alles durcheinander gewirbelt? Mit Alexandre Cassin (1), seinen Sohn Fan Bo Meng (2), Quadri Aruna (3) und dem Weltranglisten-30. Ruwen Filus auf der Ersatzbank hatte er Koji Itagakis Version Ort (1), Zeljko (2), Steger (3) und Grebnev draußen, eventuell fürs Doppel, so sehr überrascht, dass es zu keiner einzigen Einzel-Revanche für das Hinspiel kam, das die Bad Königshöfer für sich entschieden hatten.
Meng hatte die Jockeys auf die richtigen Pferde gesetzt – und alles richtig gemacht. Wonach es zunächst gar nicht aussah, weil Kilian Ort, inzwischen 104., gegen den 203. der Weltrangliste Meng bis 8:6 im fünften Satz auf der Siegerstraße wandelte und dann keinen Ballwechsel mehr gewann – 8:11 und 1:0 für Fulda.
Filip Zeljko wehrt sich nach besten Kräften
Das saß wie ein Hammerschlag und hinterließ nur so lange Wirkung, bis Filip Zeljko das aussichtslos scheinende David-Goliath-Duell gegen den Franzosen Alexandre Cassin zu einem Augenhöhe-Duell gewandelt hatte. Im ersten Satz schien der einfache Tipp, keine Chance, aufzugehen – 5:11. Im zweiten, dritten und vierten Satz spielte Zeljko zunächst gut, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Er kämpfte tapfer und mutig, zunächst um den Beifall und die Zuneigung des Publikums, woraus immer mehr „um jeden Ball“ wurde. Woraus der zu dem Zeitpunkt nie für möglich gehaltene zweite zum Gewinn-Satz (11:9) erwuchs. Im dritten lag er 6:9 zurück, und Cassin beruhigte, etwas vermessen, seinen Trainer an der Box. Sein Zwinkern und die Handbewegung sahen danach aus, als wolle er ihn beruhigen.
Indessen kämpfte sich Zeljko Punkt für Punkt heran, gewann 12:10 und ging 2:1 in Führung. Der vierte Satz verlief ausgeglichen bis 8:8, dann setzte sich Cassin ab. Ebenso im fünften, aber bereits bis auf 8:1. Zeljkos Kampfgeist brachte nur noch Ergebniskosmetik zum 5:11. Mit 0:2 in die Pause, und dann kam Bastian Steger am Ende seiner sieben Spiele währenden, Corona-bedingten Wettkampfpause zum Spiel gegen den mehrfachen Afrika-Meister aus Nigeria, aktuell die Nr. 11 der Weltrangliste, in die Box.
Maximale Herausforderung für Bastian Steger
Wenn es noch eine Chance geben sollte, dann nur mit einem Sieg. Die maximale Herausforderung zum Comeback für den Oberpfälzer. Wie oft haben die Königshöfer Fans „Basti“ als Winner so vieler Matches zugejubelt. Sie taten es auch nach dieser Niederlage. Und Udo Braungart, der Ersatzmann des Ersatzmanns des etatmäßigen Hallensprechers Jürgen Halbig, nannte es „das schönste Ereignis des Tages, dass der Basti wieder dabei sein konnte.“
Wohlgemerkt, ein top fitter, aus der Spielpraxis heraus kommender, durchtrainierter Steger hätte selbst diesem Aruna Paroli geboten. In drei der vier Sätze "hatte er die Pfanne heiß", um es olympisch auszudrücken, hatte in diesen drei Sätzen zweimal einen, ein Mal zwei Satzbälle. Im ersten und vierten Satz waren es ein paar, keine zwingenden Bälle, die ihn daran hinderten, die Wende des Spiels einzuleiten. Im vierten Satz führte er gar 10:8, ehe er sich ein paar Sekunden später beim finalen 10:12 schwertat, den Beifall der Fans richtig einzuordnen.
Der Neue heißt Martin Allegro und kommt aus Belgien
Beifall erhielt hinterher auch ein neuer, fast allen unbekannter Überraschungsgast beim Spanndecken-Bamberger-Tischtennis-Talk. Martin Allegro, Belgiens Nummer 2, zurzeit in der zweiten französischen Liga aktiv, wird die Nachfolge von Maksim Grebnev antreten, der nach Neu-Ulm wechselt.
Die Statistik des Spiels
(12:10, 9:11, 6:11, 11:6, 8:11)
Filip Zeljko – Alexandre Cassin 2:3
(5:11, 11:9, 12:10, 8:11, 5:11)
Bastian Steger – Quadri Aruna 1:3
(10:12, 8:11, 11:7, 10:12)
Zuschauer: 349.