Keine Frage, am Samstag gegen 16 Uhr war der glücklichste Mensch in Aubstadt der 20 Jahre junge Chris-Stephan Dierke. Ein Name und ein Gesicht, den allerwenigsten der 460 Zuschauerinnen und Zuschauern bekannt. Höchstens jenen, die ihn am Sonntag vorher in der Kreisklasse gegen Sandberg bei der zweiten Mannschaft gesehen haben, als ihm ein schönes Tor gelang. Gegen den FC Memmingen fehlten dem TSV Aubstadtin der Regionalliga Bayern diesmal gleich acht Stammspieler, so dass Dierkes Stunde bzw. seine fünf Minuten gekommen waren. In der 85. Minute wurde er eingewechselt und drei Minuten später erzielte er gleich sein erstes Regionalliga-Tor zum 3:1-Endstand. "Es ist sicher ein sehr schönes Erlebnis, an das ich vielleicht immer denken werde. Es tut schon auch weh, 90 Minuten lang zuschauen zu müssen. 15 Spiele zu warten, verletzt gewesen zu sein und dann so einen Einstand zu feiern. Da freut man sich, wenn man der Mannschaft so helfen kann", sprudelte es aus Dierke heraus.
Aubstadt hat nur noch vier Feldspieler für die Ersatzbank
Auf der Bank, die sonst das Minimalziel etlicher Spieler des Aubstädter Kaders ist, waren diesmal nur vier Feldspieler, die auch alle eingewechselt wurden. Neben Schneider, Köttler, Seufert, Trunk, Schebak, Dellinger (alle verletzt) und Behr (gesperrt) fiel auch noch Ben Müller aus. Erstaunlich, wie frisch und angriffslustig die Memminger das Spiel angingen, die doch früh um 7 Uhr die 320-km-Reise angetreten waren. Sie begannen mit hoher Schlagzahl und ließen die Spielweise der Gastgeber vorübergehend etwas phlegmatisch aussehen. Trainer Esad Kahric, ein sehr besonnener und ruhiger Vertreter seiner Zunft, hatte ihnen in der Defensive eine flexible Kette verordnet, die je nach Bedarf aus drei bis sechs Gliedern bestand. Sie spielten eine gute Stunde lang umtriebiger, galliger und bissiger, ohne den Bogen zu überspannen.
Während die Aubstädter Abwehr manchmal etwas zu luftig agierte, letztlich aber nie wirklich Gefahr lief, ihr Ziel, den ersten Sieg im dritten Vergleich mit dem FCM, zu gefährden. Mit den grandiosen Auftritten in den ersten vier, fünf Heimspielen war das aber nicht zu vergleichen. "Letztlich ist das auch ein Entwicklungsschritt, so ein Spiel, in dem man seine Qualitäten nicht ausspielen konnte, zu gewinnen", zog TSV-Coach Kleinhenz hinterher eine vergleichbare Erkenntnis wie nach dem 2:1 gegen Eltersdorf. Während sein Co-Trainer André Betz sogar folgerte: "Vom Spielverlauf her war das ein ganz klares Ergebnis und ein verdienter Sieg."
Hofmann erzielt die etwas überraschende Führung
Und die Mannschaft des Trainer-Duos hat selbst in dieser völlig neuen Besetzung schon ordentlich an Routine dazu gewonnen, weiß, dass Spiele nicht am Anfang gewonnen werden, kennt ihre Reserven zum Spiel-Ende hin und von der Bank und kann auch ein Ergebnis, sei es noch so knapp, verwalten und draufpacken, wenn doch was dazwischen kommt. "So ein Spiel muss man auch erst mal gewinnen." Dieser Satz war im Nachhinein bei der Pressekonferenz und aus jedem Zuschauer-Grüppchen heraus beim Nachkarten zu hören. In Führung gingen nämlich doch die Aubstädter, als eine Langhans-Flanke über Freund und Feind sowie Keeper Beinhofer hinweg segelte und von Patrick Hofmann am langen Pfosten ins Netz umgelenkt wurde.
Für das beruhigende zweite Tor wurde vielleicht etwas zu wenig getan. Stattdessen fiel der Ausgleich gefährlich spät und in einer Phase, in der Memmingen mehr Bereitschaft und Risiko investiert hatte. Wenn auch denkbar unnötig, weil die Abstimmung total fehlte. Eine Freistoßflanke war bereits geklärt. Man musste sich nur noch einigen, wer den Ball aus der Zone vor dem Tor weg schlagen würde. Der eingewechselte Hasan Akcakaya drückte ihn stattdessen zum 1:1 über die Linie (81.). Doch jetzt brach die Statik des TSV-Spiels nicht in sich zusammen. Wieder einmal stellten Wechselspieler von der Bank und wieder in der Schlussphase die Weichen zum Sieg.
Einen Eckball über die Abwehr hinweg köpfte Tim Hüttl vom langen Fünfmeter-Eck vors Tor, wo der eine Wechselspieler, Christopher Bieber, lauerte (84.). Und dann legte der zweite, Daniel Leicht, für den dritten, Chris-Stephan Dierke auf – 3:1 weitere vier Minuten später. Esad Kahric wollte es nicht an der kurzen Pause zwischen Ankunft in Aubstadt und Anpfiff festmachen, zumal der Einbruch seiner Mannschaft erst am Schluss kam. 90 Minuten auf demselben Konzentrationsniveau konnten die Memminger dann aber doch nicht spielen.