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Fußball
Wir müssen reden! Der neue Frauen-Bundestrainer Christian Wück setzt vor allem auf gute Kommunikation
Der unterfränkische Fußballlehrer will erreichen, dass seine Spielerinnen manche Verhaltensweisen ändern. Erste Gelegenheit dazu bietet sich an einem Ort, der Schmerzen verursacht hat.
Hat wenig Zeit, um dem neu zusammen gestellten DFB-Team seine Spielphilosophie zu vermittel: Frauen-Bundestrainer Christian Wück
Foto: Uwe Anspach | Hat wenig Zeit, um dem neu zusammen gestellten DFB-Team seine Spielphilosophie zu vermittel: Frauen-Bundestrainer Christian Wück
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 06.11.2024 02:40 Uhr

Einen Unterschied zwischen ihrem Ex-Trainer Horst Hrubesch und dem Neuen an der Seitenlinie, Christian Wück, hatte Giulia Gwinn direkt am ersten Tag der Vorbereitung ausgemacht. "Wir hatten bei Horst nicht so viele Besprechungen. Allein heute stehen zwei auf dem Plan", sagt die Verteidigerin der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Montag nach dem Auftakt in die erste gemeinsame Trainingswoche und lacht. Es ist ein herrlicher Herbsttag, an dem der aus dem unterfränkischen Gänheim stammende Wück sein neues Team zum ersten Mal auf dem Platz im Stadion am Bretanobad begrüßt. Nur 15 Autominuten entfernt ist er im August auf dem DFB-Campus als Bundestrainer der deutschen Fußballerinnen vorgestellt worden. Seitdem hat er vor allem gesichtet, geplant, geredet. Nun also geht es endlich richtig los.

Vier Tage lang werden sich Wück, sein Trainerteam und seine Fußballerinnen in Frankfurt vorbereiten, bevor am Freitag, 25. Oktober, ein Testspiel im Wembley-Stadion gegen England und am Montag, 28. Oktober, in Duisburg eines gegen Australien ansteht. Dass Wück ausgerechnet dort debütiert, wo die deutschen Fußballerinnen bei der Europameisterschaft 2022 im Finale gegen die Gastgeberinnen gescheitert sind und ihren ersten EM-Titel verpasst haben, sieht Gwinn nicht als schlechtes Omen.

Freut sich auf das Testspiel im Wembley-Stadion: Die deutsche Nationalspielerin Giulia Gwinn, die in der Bundesliga für den FC Bayern München aufläuft
Foto: Robert Michael | Freut sich auf das Testspiel im Wembley-Stadion: Die deutsche Nationalspielerin Giulia Gwinn, die in der Bundesliga für den FC Bayern München aufläuft

Die Spielerin des FC Bayern München war damals dabei, ist heute gerade einmal 25 Jahre alt und damit dennoch schon einer der alten Hasen in einem Team, das sich gerade in einem Umbruch befindet. Mit Merle Frohms, Marina Hegering und nicht zuletzt Kapitänin Alexandra Popp, die alle nach dem Bronzemedaillen-Gewinn bei den Olympischen Spielen in Paris ihren Rücktritt erklärt hatten, verlor Wück in diesem Sommer gleich drei erfahrene Spielerinnen. Und während sein Team im Mittelfeld luxuriös besetzt ist, bereitet dem Trainer die Abwehr – vor allem die Innenverteidigung – nach dem Kreuzbandriss von Bibiane Schulze Solano und dem Länderspielverzicht von Kathrin Hendrich Kopfzerbrechen.

Erst in der vergangenen Woche hat man beim DFB die U23 reaktiviert

Fußballerinnen müssen umgeschult, neue Spielerinnen gefunden werden. Das ist gar nicht so einfach, denn der Übergang aus dem Mädchen- in den Frauenbereich gestaltet sich in Deutschland bisher schwierig. "Das ist der große Unterschied zwischen den Junioren und Juniorinnen, dass bei den Männern die Quantität an Talenten einfach größer ist", resümiert Wück. Um den Wechsel von den Mädchen zu den Frauen zu erleichtern, hat der DFB erst in der vergangenen Woche die weibliche U23 reaktiviert. Für Wück ein Schritt in die richtige Richtung: "Ich hoffe, dass wir schon im nächsten halben Jahr oder Jahr die ein oder andere aus dieser Auswahl in der Nationalmannschaft sehen werden."

Bis dahin hat der 51-jährige Ex-Profi noch alle Hände voll zu tun. Rund neun Monate Zeit bleiben ihm bis zur Europameisterschaft in der Schweiz, und nur insgesamt vier Tage bis zu seinem Debüt mit der neu formierten Mannschaft am Freitag (20.30 Uhr) beim Test in Wembley. Ein strammes Programm. Und einer der Gründe, warum gerade so viel geredet wird im deutschen Team. Angesprochen auf Gwinns Aussage nach den Besprechungen, muss der Trainer schmunzeln. „Wir haben erst zwei gehabt. Heute Abend kommt die erste große. Da bin ich mal gespannt, was die Mädels da sagen.“

"Es ist ganz wichtig, dass die Spielerinnen verstehen, was wir auf dem Platz sehen wollen."
Frauen-Bundestrainer Christian Wück

Bei all der Frotzelei wird schnell klar, dass es Wück ein essenzielles Anliegen ist, seine Ideen zu erklären und seine Fußballerinnen mitzunehmen. Nicht nur auf dem Rasen, wo er an diesem Montag mittendrin ist, mitunter selbst vormacht, wie er sich eine Übung vorstellt – sondern auch in Gesprächen: „Es ist ganz wichtig, dass die Spielerinnen verstehen, was wir auf dem Platz sehen wollen, warum wir die Verhaltensweise auf der ein oder anderen Position anders haben wollen, als es vielleicht unter Horst Hrubesch der Fall war. Es ist unsere Aufgabe, die Spielerinnen davon zu überzeugen, es anders zu machen. Vielleicht auch konträr zu ihren Verhaltensweisen im Verein.“ Wück, der 2023 mit der männlichen U17 die Europa- und Weltmeisterschaft gewonnen hat, ist ein moderner Trainer. Einer, der seinem Team auf Augenhöhe begegnen will. Und einer, dem es ein großes Anliegen ist, dass die Nationalmannschaft nahbar bleibt.

Christian Wück ist es ein essenzielles Anliegen, seinen Spielerinnen auf Augenhöhe zu begegnen.
Foto: Uwe Anspach | Christian Wück ist es ein essenzielles Anliegen, seinen Spielerinnen auf Augenhöhe zu begegnen.

„Das zeichnet uns aus“, ist er sich sicher. Und zieht Menschen an. Über 2000 Zuschauerinnen und Zuschauer sind am Montag ins Stadion gekommen. Der Wück, der unter anderem für den 1. FC Nürnberg, den Karlsruher SC und Arminia Bielefeld auflief, findet das so bemerkenswert wie schön: "Ich hab noch nie vor so vielen Zuschauern trainiert, nicht mal als Profi.“

Die Dimension dürfte sich noch einmal weiten, wenn er am Freitag mit dem deutschen Team in Wembley aufläuft. "Das zu erleben, ist natürlich besonders, die Vorfreude ist unheimlich groß."

 
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