
Letzter Mai-Sonntag, Sportplatz an der Jahnstraße in Lohr: Auf dem von Sonne beschienenen Rasen laufen die Fußballerinnen des gastgebenden TSV-Teams in ihren weißen Trikots mit Bier-, Sekt- und Wasserflaschen umher und bespritzen einander, Trainer und Betreuer mit den Getränken. Sie feiern nach einem vorangegangenen 6:0-Heimsieg über den TSV Mainaschaff die Meisterschaft in der Bezirksliga 1 und damit den Aufstieg in die Bezirksoberliga. Zwar ist die Runde noch nicht vorbei, doch nach 13 Siegen in 13 Saisonspielen sind die Lohrerinnen nicht mehr einzuholen.
Ihr Titelgewinn ist eine Erfolgsgeschichte im Frauenfußball, der es gerade in ländlichen Regionen oft schwer hat. Im ganzen Landkreis Main-Spessart, dessen Durchquerung mit dem Auto von Arnstein im Osten bis hin nach Schollbrunn im Südwesten schon mal über eine Stunde dauern kann, gibt es gerade mal fünf Frauenteams, die am Spielbetrieb des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) teilnehmen. Der TSV Lohr und der frühere Bayernligist FC Karsbach werden in der kommenden Saison in der Bezirksoberliga diejenigen sein, die in der höchsten Klasse spielen.
Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch, dass das Angebot an potenziellen Vereinen für Fußballerinnen nicht besonders groß ist. "Viele Spielerinnen sind von auswärts. Es hat sich rumgesprochen, dass bei uns positive Stimmung herrscht und gut gearbeitet wird", sagt Sandro Nagl, der das Lohrer Team trainiert und von Assistentin Peggy Halusa sowie Torwarttrainer Patrick Meder unterstützt wird.
Der Ansatz Sandro Nagls, der Inhaber der C-Lizenz und selbst Fußballer in der zweiten Männermannschaft des TSV ist, ist ein durchaus ehrgeiziger: "Ich investiere viel Zeit in die Vorbereitung. Es sind fast immer 14, 15 oder 16 Spielerinnen im Training." Sein Ziel sei es, das Team bei den zwei wöchentlichen Übungseinheiten voranzubringen. Und Fortschritte seien eben nur möglich, wenn die Spielerinnen auch entsprechend mitzögen.
Frauenfußball genießt im Verein hohen Stellenwert
Wichtig für seine Fußballerinnen sei es aber auch, dass sie im Verein Wertschätzung genießen und nicht wie bei manchen anderen Klubs ein Schattendasein neben den Männerteams fristen würden. "Frauenfußball hat innerhalb des TSV Lohr einen hohen Stellenwert", so Sandro Nagl.
Das zeige sich nicht zuletzt bei der Unterstützung bei Heimspielen. Bei der für die Meisterschaft entscheidenden Partie gegen Mainaschaff waren auch Fußballer aus den Männermannschaften im Publikum und auch Abteilungsleiter Thomas Riedmann, der das Frauenteam in der Vergangenheit auch schon betreut hatte.
Zwei Schwestern bilden eine Achse
Auf dem Rasen bilden im TSV-Team zwei Schwestern eine Achse, die für das Spiel der Mannschaft prägend ist: Emely Brand und Louisa Nagl, die Ehefrau des Trainers. Letztere ist Spielführerin und wichtige Kraft in der Defensive, Schwester Emely ist fürs Toreschießen zuständig. Gegen den TSV Mainaschaff legte sie mit einem Hattrick zum 1:0, 2:0 und 3:0 binnen nur sechs Minuten den Grundstein zum Erfolg und ist mit derzeit 28 erzielten Treffern mit Abstand die erfolgreichste Torschützin der Bezirksliga 1.
Rund um die beiden Schwestern will Sandro Nagl für die kommende Saison ein Team formen, das auch in der Bezirksoberliga konkurrenzfähig sein soll. Die personelle Basis dafür sei bereits gelegt: "Ich habe für die neue Saison schon die Zusagen von 22 oder 23 Spielerinnen", betont der Trainer.
Vorher aber stehen noch drei Spiele in der Bezirksliga an: am Sonntag, 2. Juni, beim FC Bayern Alzenau, am Samstag, 8. Juni, zu Hause gegen den SV Bütthard sowie am Samstag, 15. Juni, beim ETSV Würzburg.