
Man kann sich den Tennisspielerinnen der TG Kitzingen auf zwei Wegen nähern: einmal auf dem offenen und für alle sichtbaren Pfad, der am Ende zu ein paar ernüchternden Zahlen führt und ins Leere läuft. Und einmal auf einem etwas abseits gelegenen Pfad. Der sichtbare Weg ist die offene Flanke dieser Mannschaft, sie macht sie angreifbar: Drei deutliche Niederlagen in drei Spielen – das ist die bisherige Bilanz dieser Saison.
Aber was sind schon drei Niederlagen in einem viel größeren, weitreichenderen Projekt. Drei Niederlagen, von denen man noch nicht einmal sagen kann, sie spiegelten die Leistung des Teams in der Landesliga. Da kommt der versteckte, nicht sofort sichtbare Pfad ins Spiel.
Das Talent dringt noch nicht durch
Fragt man Katinka Theis nach den Perspektiven der Kitzingerinnen, sagt sie an einer Stelle: „Da ist viel Potenzial.“ Nur ist es halt wie so häufig mit diesem verflixten Potenzial: Es zeigt sich nicht gerne freiwillig, man muss es fördern und schürfen, unter einer Oberfläche hervorholen, und wie bei den meisten Bodenschätzen ist dies oft mit ziemlichem Aufwand verbunden. Katinka Theis sagt: „Die Mannschaft ist jung und hat Talent.“
Theis ist selbst Teil der Mannschaft, die vor einem Jahr den vorerst letzten Karrieresprung gemacht hat. Binnen dreier Jahre sind die Tennisspielerinnen der TGK von der Bezirksklasse in die Landesliga gestürmt – eine Entwicklung im Sauseschritt. Kaum hatten sie eine Spielklasse kennengelernt, waren sie ihr schon wieder entwachsen – und vielleicht ging das alles einfach etwas zu schnell.
Vielleicht hat der Erfolg die sechs Frauen – zwei Schülerinnen und vier Studentinnen – schlicht überrollt. Sie sind mit ihrem flotten Aufbruch der eigenen Entwicklung ein Stück weit voraus. Nur, was hätten sie tun sollen in ihrer Situation: auf den einen oder anderen Aufstieg verzichten? Das wäre nicht im Sinne des Sports und entspräche auch nicht dem Geist dieser Mannschaft, die sich – zumindest bis zum gewissen Grad – dem Leistungsgedanken verschrieben hat. Das stellt denn auch Katinka Theis klar, wenn sie sagt, der Weg in die Landesliga sei schon absehbar gewesen: Nur: „Dass es so schnell gehen würde, hätten wir nicht gedacht.“
Große Lücke zwischen zwei Altersblöcken
Damals, vor vier, fünf Jahren in der Bezirksklasse, war die Mannschaft in ein Vakuum gestoßen. Die TGK hatte ihre großen Talente Aline Staudt und Lena-Marie Hofmann ziehen lassen müssen: die eine nach Würzburg, wo sie eine Zeit lang in der zweiten Bundesliga spielte, die andere in die weite Welt, wo sie ihrem Traum nachging, mit Tennisspielen ihr Geld zu verdienen. Für die Frauenmannschaft gab es in dieser Zeit Spielerinnen, die auf die 30 zugingen und Spielerinnen im Teenager-Alter, aber zwischen diesen beiden Polen klaffte eine mehr oder weniger große Lücke.
Theis oder auch Hannah Gückel sprangen damals als 15- oder 16-Jährige bei den Frauen in die Bresche – und als die Älteren sich mit der Zeit ins Damen-30-Team verabschiedeten, war die im eigenen Verein groß gewordene Jugend wild entschlossen, das Ruder zu übernehmen. Nur Johanna Gerasch, das Küken im Team neben der an Position 1 aufgestellten Sophie Steigleder (beide Jahrgang 2002), kam einst aus Eibelstadt. Nach zwei Aufstiegen in Folge zeichnet die Kitzingerinnen ihr Sturm und Drang aus, aber eben auch ein Mangel an Erfahrung. „Für viele ist es die erste Bewährungsprobe überhaupt“, stellt Katinka Theis fest. Rückschläge kannten sie bislang bloß vom Hörensagen. Erstmals sind sie jetzt richtig gefordert.
Auf so Vieles hatte ihr Trainer Norbert Henneberger sie vorbereitet, der Potenzialsucher, der bei der TGK seit Jahr und Tag Talente fördert und fordert, also im Grunde die sportlichen Ressourcen verwaltet. Aber der Wettkampfcharakter mit seinen Effekten auf Psyche und Körper lässt sich nur bedingt simulieren, „das muss wachsen“, sagt Katinka Theis. „Wir waren zu vorsichtig, haben uns zu wenig zugetraut.“ Was fehlt, ist der Glaube an die eigene Stärke, die sich auch an der Ausgeglichenheit der Mannschaft bemisst: Von der Position 1 bis 6 ist laut Theis kaum ein Leistungsunterschied erkennbar.
Vom Spiel gegen Bamberg hängt viel ab
Nach drei Auswärtsspielen gibt die TGK an diesem Donnerstag (30. Mai) ihr Heimdebüt. Vom Ausgang der Begegnung mit dem TC Bamberg hängt so einiges ab, womöglich der Verbleib in der Landesliga, aber in letzter Konsequenz auch die Besetzung und die Zielrichtung des Teams. „Bleiben wir in der Landesliga, würden wir in der nächsten Saison noch einmal in dieser Aufstellung spielen“, sagt Katinka Theis. Mehr noch: Dann sei Verstärkung durch zwei Spielerinnen in Aussicht. Wenn nicht, könnte das erfolgreiche Team gesprengt werden, da die ein oder andere sich höherklassig beweisen will.
Bleibt die Frage nach dem Kurs der Mannschaft. Theis sagt: „In anderen Vereinen liegt der Fokus vorwiegend auf Tennis. Bei uns war und ist es ein Hobby.“ Um eines Tages die Grenzen der Landesliga zu verlassen und neue Ufer anzupeilen, „müssten mehr Bereitschaft und Training dahinterstehen“. Theis lässt offen, ob dies in der aktuellen Mannschaft durchzusetzen wäre. „Manche“, sagt sie, „hätten das Potenzial.“ Da ist er wieder, der kostbare Rohstoff, der nur gefördert werden muss.