Das dramatische Ende passte zu diesem denkwürdigen, da verrückten Saisonfinale in der Handball-Bezirksoberliga der Männer. Wenige Sekunden vor Schluss steckten die beiden Schiedsrichter die Köpfe zusammen und hielten Rat. Ihr Ergebnis: kein Tor für Schweinfurt, kein Ausgleich. Die Schlusssirene besiegelte das 33:32 (13:19) für den SV Michelfeld, der somit als Meister der BOL feststeht.
Nach dem vorletzten Spieltag deutete alles darauf hin, dass die DJK Waldbüttelbrunn II und der TSV Lohr II den Titel unter sich ausmachen würden. Als aber bekannt wurde, dass die DJK-Reserve einen zuvor in der Dritten Liga festgespielten Akteur mehrmals irrtümlich eingesetzt hatte, löste das eine Lawine an Einsprüchen aus, die bis Donnerstagabend den TSV Lohr II und – nach weiteren Einsprüchen – dann am Freitagmittag auf einmal den SV Michelfeld auf Platz eins hievten.
"Wir standen von heute auf morgen auf einmal ganz oben und wussten erst mal nicht, wie wir mit dieser neuen Situation umgehen sollen", bekannte Michelfelds Spielertrainer Andreas Kister.
Sporthalle ist nach Fliegerbomben-Fund als Evakuierungsort vorgesehen
Die Partie in Schweinfurt war von einer am letzten Spieltag eher unbedeutenden zum Meisterschaftsendspiel geworden – das keinen Austragungsort mehr hatte. Denn auch die Sporthalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums war nach dem Schweinfurter Fliegerbomben-Fund als Evakuierungsort vorgesehen.
Der MHV-Vorsitzende Stefan Göbel organisierte als Ersatz eiligst die Halle in Unterspiesheim, die die MHV-Handballer bereits als Ausweichstätte genutzt hatten, als sie vier Monate lang nicht in der heimischen Halle spielen konnten, da ein Trennvorhang defekt gewesen war.
Eindreiviertel Stunden vor Anwurf dann Entwarnung – die AvH-Halle wurde doch nicht mehr für Evakuierte benötigt. Die MHV-Verantwortlichen planten abermals um und packten ihre Sachen wieder aus; die Michelfelder, die mit dem Bus bereits kurz vor Unterspiesheim angelangt waren, fuhren weiter bis Schweinfurt.
Michelfeld muss bis zum Seitenwechsel einem Rückstand nachlaufen
Spannung und Nervenkitzel setzten sich dort auf dem Feld fort, stimmungsvoll begleitet von zahlreichen Zuschauenden, von denen zwei Drittel zum Titelanwärter hielten. Der SV musste jedoch die gesamte erste Halbzeit einem Rückstand, der auf bis zu sechs Tore stieg, nachlaufen.
"Wir haben gegen die massive Schweinfurter Abwehr mit ihren Hünen im Mittelblock nicht die passenden Angriffe gefunden", stellte Kister fest. "Wir haben ihre Torhüter fast zu Helden geschossen." Lukas Fiedler und Bjarke Pohlmann parierten stark und hielten den MHV in dieser Phase vorne.
Mit dem Seitenwechsel änderte sich jedoch auch der Spielverlauf. "Nach der Halbzeit sind wir los wie die Feuerwehr", meinte Kister. Dessen Ansprache in der Kabine hatte die Mitspieler wohl gepackt. Mit einem 4:0-Lauf war Michelfeld wieder dran, die Partie wieder offen und der SV lag nach 46 Minuten mit Kisters 26:25 erstmals in Führung: "Das war ein richtig großer Kampf von beiden Teams."
Schweinfurt verdient sich mit starker Leistung den Applaus des Publikums
Mit einem Quäntchen Glück am Ende auf Seiten der Gäste. "Das nehmen wir gerne an", sagte Kister. Gleiches gelte auch für die Aufgabe Landesliga: "Da kann sich die Mannschaft nur weiter entwickeln." Von Schweinfurt ging es für den Großteil der Mannschaft direkt nach Nürnberg zum Flughafen, um von dort mit der 5:25-Uhr-Maschine zur Saisonabschlussfahrt nach Mallorca zu starten. "Das haben wir schon vor vier Monaten gebucht", erklärte Kister diese ungewollt perfekte Planung.
Dass der TSV Lohr II in etwa zeitgleich bei der HSG Mainfranken nach einem 11:12-Rückstand zur Pause noch mit 26:22 siegte, war durch den Michelfelder Sieg dagegen zur Makulatur geworden.
"Es war ein richtig starkes Spiel von beiden Mannschaften. Eine große Show. Das hat Spaß gemacht", fand auch MHV-Chef Göbel den Saisonabschluss gelungen. Sein Team habe es dem Gegner schwer gemacht, die Meisterschaft habe sich der SV in Schweinfurt verdienen müssen.
Applaus spendete das heimische Publikum trotz Niederlage auch den MHV-Akteuren, die ihren Trainer Marcus Thalhäuser und mehrere Spieler verabschiedeten. "Wir haben einen Umbruch vor uns, werden aber auf jeden Fall weiterhin eine BOL-Mannschaft stellen", sagte Göbel.