Der Traum vom Profifußballer: Was für die meisten Kicker, Talent hin oder her, nur eine Illusion bleibt, könnte für Aaron Zehnter aus Sonderhofen (Lkr. Würzburg) bald Wirklichkeit werden. Der 17-Jährige, der über seinen Heimatverein SV Sonderhofen, den Würzburger FV und die Würzburger Kickers im Sommer 2019 schließlich im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des Erstligisten FC Augsburg gelandet ist, befindet sich jedenfalls auf einem guten Weg, den großen Sprung nach oben zu schaffen.
Stammspieler in der U-19-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest, Teilnehmer am Trainingslager der FCA-Profimannschaft und mittlerweile auch noch U-18-Nationalspieler: Aaron Zehnter hat schon einige wichtige Stufen auf der Erfolgsleiter genommen, seine Entwicklung in den vergangenen gut zwei Jahren verlief, trotz einiger vor allem coronabedingter Hindernisse, rasant.
So hatte es sich die Familie natürlich auch erhofft, als er im Sommer 2019 der besseren Perspektive wegen aus dem NLZ der Kickers in das nach Augsburg wechselte. "Um Profifußballer zu werden, muss einfach alles passen", hatte Aarons Vater Georg Zehnter, in hiesigen Fußballkreisen auch kein Unbekannter, damals im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. Heute lässt sich feststellen: Bei Aaron Zehnter scheint in jedem Fall schon einmal ziemlich viel zu passen.
Ungeschult vom Außenstürmer zum Verteidiger
Sein Weg in Augsburg begann in der U-17-Bayernliga-Mannschaft, wo sich der gelernte Linksaußen, der inzwischen zum Linksverteidiger umgeschult wurde, auch dank seiner Laufstärke und feinen Technik schnell für höhere Aufgaben empfahl. Im Dezember 2019 durfte der damals 15-Jährige erstmals beim U-17-Bundesligateam reinschnuppern, ab der folgenden Saison war er dann fester Bestandteil der Mannschaft.
Soweit, so gut. Doch hatte zu diesem Zeitpunkt das Coronavirus bereits angefangen zu wüten, wodurch der Juniorenspielbetrieb quasi lahmgelegt wurde. So konnte Aaron Zehnter weder seine erste Saison mit dem U-17-Bayernligateam noch die folgende mit der Bundesliga-Mannschaft beenden. Beide Spielzeiten wurden abgebrochen. Ganze fünf Spiele konnte das Talent dadurch in der U-17-Bundesliga nur bestreiten. Das Virus ließ es nicht anders zu. Fast ein Jahr lang durfte Aaron Zehnter nicht wettkampfmäßig Fußball spielen. Das NLZ hatte zwischenzeitlich seine Pforten dicht schließen müssen.
Alles andere als förderlich für die Entwicklung eines ambitionierten Sportlers. "Dass der Wettkampf weggefallen ist, hat es für mich natürlich schwieriger gemacht. Irgendwann auch von der Motivation her. Aber letztlich muss man die aufbringen, sonst entwickelt man sich nicht weiter", sagt Aaron Zehnter. Also hielt er sich mit Outdoor-Läufen sowie Workouts in den heimischen vier Wänden in Schuss. Fleiß, der sich auszahlte. Das Augsburger NLZ nahm, sobald die Möglichkeit aus Hygieneschutzaspekten bestand, seinen Betrieb zügig wieder auf und ermöglichte es dem Unterfranken und seinen Mitspielern, wieder vor Ort zu trainieren.
Von seiner fußballerischen Qualität hatte der Sonderhöfer offenbar nichts eingebüßt, denn in der Sommervorbereitung dieser Saison durfte er regelmäßig bei der FCA-Profimannschaft trainieren und reiste mit ins Trainingslager nach Österreich. Augsburgs Trainer Markus Weinzierl habe ihn in sein Büro bestellt und ihm mitgeteilt, dass er Teil des Kaders sei. "Ich wusste erst mal gar nicht, worum es geht. Aber über die Nachricht habe ich mich dann natürlich riesig gefreut", erzählt Aaron Zehnter von dem Moment, der für ihn einen weiteren Meilenstein bedeutete. Alle Jugendspieler, die dabei waren, seien "super nett" aufgenommen worden, bestätigt Papa Georg. Auch um eine Gesangseinlage zum Einstand kam Aaron Zehnter nicht herum. Aber die nahm er gerne in Kauf.
In mehreren Testspielen kam der Nachwuchsmann als linker Verteidiger zum Einsatz. Unter anderem gegen das Starensemble von Paris St. Germain, wo der 17-Jährige zwar nicht Mbappé, Neymar oder Messi auf dem Feld gegenüberstand, dafür aber immerhin deutschen A-Nationalspielern wie Julian Draxler oder Thilo Kehrer. Ein Riesenerlebnis für den Jungspund. "Ich habe nach dem Trainingslager zwar kein detailliertes Feedback bekommen, aber man hat an den positiven Reaktionen der Trainer im Training schon gemerkt, dass sie zufrieden mit mir waren", blickt er zurück.
Den Schwung nahm er mit in die Saison in der U-19-Bundesliga, wo Aaron Zehnter mit dem FCA aktuell den dritten Platz belegt, im bisherigen Saisonverlauf absolut gesetzt war und trotz eher defensiver Grundorientierung in elf Spielen bereits vier eigene Treffer erzielte. Nicht nur diese Zahlen ließen in der Zwischenzeit auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf das Talent aufmerksam werden. Zu mehreren Sichtungslehrgängen war er bereits eingeladen, ehe er im August erstmals für eine Länderspielreise der U-18-Junioren-Nationalmannschaft nach Tschechien nominiert wurde. Wegen einer Corona-Infektion musste er jedoch kurzfristig absagen. Doch aufgeschoben war nicht aufgehoben: Im November war es dann soweit. Im Spiel gegen Dänemark (3:3) feierte Aaron Zehnter schließlich sein Debüt.
Damit gehört er jetzt auch offiziell zu den besten Fußballern des Landes in seiner Altersstufe. Das sorgt selbstredend für mächtig Stolz bei den Eltern. Mama Luzia sagt: "Es ist eine Gabe Gottes, dass Aaron so ein Talent mitbekommen hat. Darum sind wir sehr dankbar." Nichtsdestotrotz ist es den Eltern wichtig, nicht alles auf die Karte Fußball zu setzen. Auch die Schule, wo Aaron Zehnter gerade die Abschlussklasse der Realschule besucht und im neuen Jahr seine Mittlere Reife ablegen will, darf nicht zu kurz kommen. Auch, wenn es sich organisatorisch nicht immer ganz einfach gestaltet.
Zum Beispiel dann, wenn Reisen, wie die kürzlich zu Ende gegangene mit dem DFB nach Israel, anstehen. Beim dortigen Winterturnier belegte Aaron Zehnter mit dem von Guido Streichsbier trainierten Nationalteam den zweiten Platz von vier Mannschaften. Beim 3:1-Erfolg gegen die Vereinigten Arabischen Emirate traf er per direkt verwandeltem Freistoß zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung – sein erstes Länderspieltor und ein weiterer Höhepunkt seiner noch jungen Karriere. "Ich wollte den Ball erst in die Mitte chippen. Aber dann hat ein Mitspieler gesagt, schieß einfach, weil der Torwart vorher schon einen unsicheren Eindruck gemacht hatte. Dann hab' ich es probiert, und als er reingegangen ist, war das natürlich ein super Gefühl", beschreibt Aaron Zehnter die Szene, der ein Jubellauf zur Bank folgte, wo ihn dann die Mitspieler unter sich begruben.
Übergang vom Nachwuchsakteur zum Profi
Auch auf internationaler Ebene hat der frischgebackene Nationalspieler also ein erstes Ausrufezeichen gesetzt. Eine Welt- oder Europameisterschaft gibt es für den U-18-Nachwuchs nicht. Da muss er sich bis zur U 19 gedulden, wenngleich er weiß, dass er sich immer wieder neu beweisen muss, um im Blickfeld des DFB zu bleiben.
Das Turnier in Israel stellte gleichzeitig den Abschluss des Fußballjahres dar. Aaron Zehnter hatte über Weihnachten einige Tage Zeit zu regenerieren. Und sich mit seiner Familie und seiner Berateragentur, die ihn vertritt, Gedanken um die Zukunft zu machen. Denn sein Fördervertrag beim FC Augsburg, den der Verein unbedingt verlängern möchte, endet in diesem Jahr.
Nächstes Ziel Profivertrag? Da wollen sich die Zehnters noch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Schließlich, das wissen sie, ist der Profi-Status für einen 17-Jährigen keine Selbstverständlichkeit. Auch eine Art Zwischenstufe im Übergang vom Nachwuchs zum Profi kommt deshalb in Frage. Vater Georg erklärt: "Wir hören uns das natürlich an, und letztlich entscheidet Aaron selbst, was er will. Aber klar ist, dass uns die Augsburger einen klaren Plan vorlegen müssen, wie Aaron weiter gefördert werden soll."
Der Umworbene selbst hat derweil eher seine nächsten Schritte auf dem Platz im Blick: "Ich will meine Leistung in der U 19 bringen und mich weiter verbessern, um zukünftig noch häufiger bei den Profis, erst mal im Training, dabei sein zu dürfen. Ein erster Einsatz dort im (Pflicht-)Spiel wäre irgendwann natürlich ein Traum."