Mit angeschlagener Stimme saß Uwe Neunsinger in der Pressekonferenz. Allzu lange brauchte Abtswinds neuer Trainer jedoch nicht, um sich von diesem „Herzinfaktspiel“, wie er es nannte, zu erholen. Denn mit markigen Worten attestierte er seiner Elf nach dem 3:2 (0:1)-Sieg gegen Viktoria Kahl eine unkonzentrierte und schlampige Leistung und sprach ihr in der aktuellen Verfassung gar die Bayernliga-Tauglichkeit ab. Mit einem solchen Auftritt hole man selten drei Punkte in dieser Liga.
Die hatten die Seinen am Samstag nur deshalb geholt, weil die aufopferungsvoll kämpfenden Gäste sich 25 Minuten indisponiert gezeigt hatten. Neunsinger war von einer schwierigen Aufgabe ausgegangen, was an der angespannten Personallage und der vergangenen Trainingswoche lag. Da hatten seine Schützlinge nach dem glücklichen Sieg in Großbardorf geübt, „als hätten sie gerade die Weltmeisterschaft gewonnen“.
Ein scharfer Kontrast zu Vorgänger Mario Schindler
Der Fokus auf die Partie war nicht da. Warum auch? Kahl kam schließlich mit einer 0:7-Klatsche beim Würzburger FV im Gepäck. „Einige dachten, dass wir sie mit halber Kraft schlagen“, raunzte Neunsinger in der Presserunde, nachdem die Seinen ihm seine Einschätzung zuvor eindrucksvoll bestätigt hatten. Ein scharfer Kontrast zu seinem zwei Wochen zuvor entlassenen Vorgänger Mario Schindler, der stets als Beschützer seiner Elf aufgetreten war.
Kahl war vom Anstoß weg voll da und nutzte prompt die erste Unaufmerksamkeit der TSV-Abwehr. Nach 27 Sekunden zappelte der Ball bereits im Netz, nachdem Jannik Heßler vehement nachgesetzt hatte. Ein Wirkungstreffer für die zwar mit mildem Selbstvertrauen ausgestattete, gleichwohl immer noch fragile Abtswinder Elf.
Der Trainer korrigiert mit lautstarken Anweisungen
Die agierte gegen hoch stehende und zweikampfstarke Kahler höchst verunsichert. Nichts wollte gelingen. Den Gastgebern unterliefen einfache Abspiel- oder Stellungsfehler, die der Trainer mit lautstarken Anweisungen korrigierte. Unruhig tigerte auch Neunsinger, immer wieder auf sein Tablet schauend, an der Seitenlinie hin und her.
Der Ungenauigkeit der Kahler im Abschluss war es geschuldet, dass Abtswinds Rückstand nicht wuchs. Nach einem Sololauf schob Heßler rechts vorbei. Stefan Kresovic verpasste wie kurz nach der Pause Okam Cetin per abgefälschtem Freistoß ein zweites Tor für die leidenschaftlich spielenden Gäste.
Eine Komponente, die auf Seiten der Gastgeber gänzlich fehlte. Allerdings zeigte sich in der Folge, warum die Viktoria zurecht auf dem letzten Platz steht. Mit dem ersten gelungenen, schnell vorgetragenen Angriff hebelte die Heimelf Kahls Abwehr aus, Christopher Lehmann traf zum schmeichelhaften 1:1.
Kahl bringt die Abtswinder mehrmals ins Wanken
Die nun entstehenden Lücken bekam Kahl nicht mehr geschlossen, Abtswind schien die Partie in den Griff zu bekommen. Philipp Hummel legte nach Shawn Hilgerts Flankenlauf und Lehmanns Hereingabe per Seitfallzieher nach. Der Ball lief nun deutlich besser, Lehmann hatte das 3:1 auf dem Fuß, traf aber den Pfosten. Doch Kahl stemmte sich gegen die Niederlage und brachte die TSV-Abwehr mehrmals ins Wanken.
Genau in dieser Phase erhöhte Nicolas Wirsching nach einem astreinen Konter über Michael Herrmann und Philipp Hummel auf 3:1. Hummel musste kurz darauf sogar den vierten Treffer erzielen, setzte das Leder aber daneben. Im Gegenzug durfte Mike Kirchner unbedrängt auf Oliver Grätz flanken. Der verkürzte und läutete damit eine offene Schlussphase ein, in der Kahl auf den Ausgleich drängte. Die größte Chance hatte aber Abtswinds Severo Sturm frei vor Torwart Patrick Kasiow.
„Wir haben unter der Woche einiges aufzuarbeiten und zu besprechen. Wenn wir so spielen, haben wir in der Bayernliga eigentlich nichts zu suchen“, sagte Neunsinger hinterher deutlich. Zudem halte er das selbst auf Dauer nicht aus. Denn auch ihn hatte die Mannschaft an seine Grenzen gebracht.