Anfangs hat es etwa irritiert. Ständig danach gefragt zu werden, wie es einem geht. Beim Verlassen des Hotels. Bei der Rückkehr. Beim Einsteigen ins Taxi. Beim Betreten eines Ladens. In einem Restaurant. "How are you?" Andauernd. Oder auch gerne in der Kurzform: "Howdie?" Natürlich erwartet der Fragesteller als Antwort kein detailliertes medizinisches Bulletin oder eine küchenpsychologische Analyse der Gemütsverfassung. Ein einfaches "good" genügt völlig. Dennoch fühlt man sich irgendwie verpflichtet, stets eine ausführlichere Antwort zu geben. Dabei ist "Howdie?" nichts anderes als zu Hause ein "Servus". Oder fränkischer: "Grüß Gott!".
Auch andere Deutsche hier waren wegen der ortsüblichen Begrüßung etwas verwirrt. Manche fragten sich gar, ob die Eingeborenen die Gäste so nicht ein wenig auf den Arm nehmen wollten. Schnell wurde klar: Nene, die Dallasianer sind offenbar tatsächlich ein von Herzen recht höfliches und freundliches Völkchen.
Jared zum Beispiel. Mr. Williams ist General Manager des "Canvas Hotel Dallas". Wenn er gerade in der Lobby nach dem Rechten schaut und mitbekommt, dass man an der Rezeption die nette Dame darum bittet, ein Taxi zu bestellen, weil man nach Downtown will, um sich ein bisschen umzuschauen, bietet er sofort an, Chauffeur zu spielen. Nach einer kleinen Stadtrundfahrt mit vielen Erklärungen lässt er einen in der Main Street raus und gibt Tipps, wo man unbedingt vorbeischauen oder essen gehen müsse. Fragt man ihn dann, was er für seine Dienste bekomme, ist er beleidigt: "That's our service." Am nächsten Tag dasselbe Spiel. Nur diesmal bietet er an, man möge ihn doch bitte anrufen. Er habe zwar jetzt noch ein Meeting, aber anschließend hole er einen gerne wieder ab.
Oder Tiara. Die Afro-Amerikanerin bedient in "Nick & Sam's" und trug bestimmt noch Windeln, als Dirk Nowitzki vor 20 Jahren erstmals das NBA-Parkett betrat. Steakhäuser gibt's hier wie Sand am Meer - dieses war ein Tipp von Maximilian Kleber, und in Dallas sind ganz sicher viel schäbigere Schuppen zu finden, um das Nationalgericht zu probieren. Auf der Toilette besingt Frank Sinatra zwei Fremde in der Nacht, die sich fürs Leben finden, und wer mag kann sich im "Nick & Sam's" aus der außergewöhnlichen Auswahl auch eine Flasche Wein für 2500 Dollar bestellen. Tiara, die - vor allem wenn sie privat unterwegs ist - sich bestimmt nicht über zu wenige Flirtpartner beklagen braucht, setzt sich in ihrem adretten kleinen Schwarzen und ihren kniehohen Stiefeln zu einem an den Tisch, stellt sich vor und verspricht, fortan fürs Wohlergehen des Gastes zu sorgen. Das gelingt ihr vorbildlich.
Beim Zahlen sagt sie: "Hope to see you soon again, Sir." Nein, Tiara, das wird leider nichts so schnell.