
Helmut Stubenrauch ist Rechtshänder – zum Glück. Denn den rechten Arm braucht er, um den Abzug zu betätigen und das Gewehr zu repetieren. Und das fünfmal in 20 Sekunden. Der linke Arm dient zur Stütze des Gewehrs, der Gewehrschaft wird dabei zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt – normalerweise.
Doch normal war am 12. Juni eher wenig. Helmut Stubenrauch, Abonnementsieger mit dem Unterhebelgewehr C, trat zur Bezirksmeisterschaft in Nüdlingen mit einem gebrochenen und in Gips gelegten linken Unterarm an. Und gewann gegen 21 weitere Schützen.
Einfallsreichtum war gefragt
Den Armbruch zog sich Helmut Stubenrauch vier Wochen vor der Bezirksmeisterschaft zu. "Die große Mehrzahl der Schützen wäre so definitiv nicht angetreten, da schließe ich jede Wette ab", meint er. Es sei mit Sicherheit etwas Besonderes, dass er an den Start gegangen sei.
Allerdings: "Die normale Haltung war mit dem Gips nicht möglich", erklärt der Eberner, zumal er zum Repetieren das Gewehr mit links festhalten muss. Stubenrauch musste sich also etwas einfallen lassen, wie er sein Handicap umgehen kann.
Die übliche Auflage zwischen Daumen und Zeigefinger hätte ein leichtes Drehen des Armes benötigt, "aber das ging nicht", verweist der 59-Jährige darauf, dass er so Schmerzen gehabt hätte. Doch Stubenrauch fand eine Lösung: Das Gewehr legte er locker zwischen Mittel- und Zeigefinger.
"Ich habe so noch nie geschossen. Da fehlt schon das normale Gefühl in der linken Hand", erklärt Stubenrauch die vier Fehlschüsse in seiner Paradedisziplin – so viele wie noch nie in 20 Jahren. 36 Mal brachte er die 85 Millimeter kleinen Klappscheiben aus 25 Metern Entfernung zum Umfallen und damit einmal mehr als der Zweitplatzierte. "Einmal war es sogar noch ganz knapp." Fast hätte er also 37 Treffer gezählt.
Trainiert hatte er im Vorfeld der Meisterschaft auch nur einmal. "Ich hab' dabei auch nur 20 Schuss abgegeben. Ich wollte sehen, ob es überhaupt funktioniert." Stubenrauch wollte unbedingt nach Nüdlingen. Weniger, um dort wie gewohnt zu gewinnen, sondern vielmehr, um mit der Teilnahme die Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im September zu erreichen.
Beeindruckende Titelsammlung
Der Eberner ist bayernweit der mit Abstand erfolgreichste Schütze mit dem Unterhebelgewehr C, hat seit 1999 bei 19 Titelkämpfen 15 Mal gewonnen, seine schlechteste Platzierung war ein fünfter Rang. Und er ist Titelverteidiger.
"In Bayern bin ich in dieser Disziplin definitiv die Nummer eins", sagt Stubenrauch selbstbewusst und auch zurecht. Und das will er auch bleiben, deshalb sollte Nüdlingen das Sprungbett für München-Hochbrück sein. Und wenn er schon am Schießstand steht, dann will er auch gewinnen. "Mit Absicht schieße ich sicher nicht vorbei."
Aber ins Schwarze, und das seit 1983 eigentlich fast immer, wie ein Blick in seine Titelsammlung zeigt. Mit seiner Lieblingswaffe, dem Unterhebelgewehr C, holte der 59-Jährige neben den 15 Einzelmeisterschaften auch sieben Mannschaftstitel, wurde insgesamt in 15 verschiedenen Disziplinen 71 Mal Bayerischer Meister.
Sein letzter Auftritt bei den Gaumeisterschaften vor rund eineinhalb Jahren endete mit 40 von 40 Treffern und natürlich mit Platz eins. Diese Trefferquote hat außer ihm bislang noch kein anderer Schütze jemals erreicht.
Auch mit der deutschen Nationalmannschaft stand er bei der Weltmeisterschaft in Österreich in den Vorderlader-Disziplinen Steinschloss- und Perkussionspistole schon zweimal ganz oben auf dem Podest. Mit der Perkussionspistole sogar mit neuem Mannschaftsweltrekord.
Zur Bayerischen ist der Gips wieder ab
Für seine Konkurrenten bei den unterfränkischen Titelkämpfen mag der Auftritt des Dauersiegers vielleicht frustrierend gewesen sein, allerdings ist das Können des Eberners ja kein Geheimnis. "Es ist egal, wie der kommt. Wenn er dabei ist, ist Platz eins vergeben", hat Stubenrauch ein Zitat aus Nüdlingen mitgebracht. Ein befreundeter Schützenkollege hätte das Ergebnis der Meisterschaften augenzwinkernd kommentiert: "Du musst schon mit zwei gebrochenen Armen antreten, damit die Anderen eine Chance haben."
Das allerdings ist auch Helmut Stubenrauch kaum zuzutrauen. Aber zur bayerischen Meisterschaft ist der Gips ohnehin wieder ab.

Im Gegensatz zu ihrem Spitzenschützen war der Eberner Mannnschaft in Nüdlingen die lange Zeit ohne Training und Wettkampf schon anzumerken. Carsten Präger, Martin Scheler und Helmut Stubenrauch kamen zusammen auf 91 Treffer – das schwächste Ergebnis seit 15 Jahren. Sie musste sich mit Platz zwei hinter Gastgeber SSV Nüdlingen begnügen.