Unterfranken ist wie ganz Bayern FSME-Risikogebiet. 2020 stiegen die Krankheitsfälle durch Zeckenbisse in Bayern auf Rekordniveau. Wie groß ist die Gefahr in Unterfranken? Und wie kann man sich vor Zecken schützen? Das sagen Dr. Christian Pfeiffer, Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Unterfranken, das Robert Koch-Institut (RKI) und das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).
Zecken sind vom Frühling bis in den Herbst in ganz Deutschland aktiv. Schon bei sechs bis acht Grad Celsius würden die kleinen Plagegeister aktiv, sagt Dr. Christian Pfeiffer, Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Unterfranken.Vor allem, wer sich viel in der freien Natur aufhält, abseits der Wege durch Gras und Gebüsch läuft, habe einhohes Risiko. Denn Zecken fallen den Menschen nicht an, er streift sie von Gräsern oder Büschen ab, informiert das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Ganz Unterfranken - bis auf das Stadtgebiet von Schweinfurt - wird vom Robert Koch-Institut (RKI) als FSME-Risikogebiet geführt. Damit sind Gebiete gemeint, in denen die Anzahl an FSME-Erkrankungen in den vergangenen fünf Jahren deutlich höher war als ein Fall pro 100 000 Einwohnern.
Zum einen die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis). Das ist eine Virus-Erkrankung, die mit grippeähnlichen Symptomen und Fieber verläuft. Gefährlich an der FSME ist, dass sie eine Hirnhaut-Entzündung auslösen kann. Die Lyme-Borreliose, auch Borreliose oder Lyme-Krankheit genannt, ist die häufigste durch Zecken übertragene Infektionskrankheit in Europa. Nach grippeähnlichen Symptomen kann sie auch das Nervensystem oder Organe befallen. Rechtzeitig diagnostiziert ist sie mit Antibiotika gut behandelbar. Gegen die Borreliose gibt es keinen Impfschutz. Nur jeder dritte oder vierte Infizierte entwickelt überhaupt Krankheitsanzeichen.
Bei weitem nicht jede Zecke überträgt Krankheitserreger, sagt Dr. Christian Pfeiffer, Hausarzt aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg). Laut RKi wurde 2020 aber bundesweit mit 704 FSME-Erkrankungen die bislang höchste Anzahl an Erkrankungen seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 2001 gemeldet. Das ist mehr als das Doppelte des normalen Durchschnitts. In Bayern wurden im vergangenen Jahr nach LGL-Angaben 280 FSME-Fälle gemeldet und 6258 Borreliose-Erkrankungen. Allerdings war Unterfranken mit sechs FSME- und 620 Borreliose-Fällen 2020 bayernweit der Bezirk mit den niedrigsten Erkrankungsraten.
Rötungen an der Einstichstelle, die sich ringförmig vergrößern, sind ein Hinweis auf eine Borreliose. Erkältungssymptome, vor allem Fieber und Kopfschmerzen, können auf eine FSME-Infektion hindeuten, erklärt Christian Pfeiffer. In beiden Fällen sollte man einen Arzt aufsuchen.
Der Allgemeinmediziner aus Giebelstadt empfiehlt, Kinder und sich selbst nach Aufenhalten in der freien Natur gründlich nach Zecken abzusuchen. Laut LGL und RKI empfiehlt es sich auch, helle Kleidung zu tragen, damit man Zecken gleich sieht. Zudem sollte man feste Schuhe, Strümpfe und lange Hosen anziehen, um der Zecke keine Angriffsfläche auf die Haut zu bieten. Auch Insektenschutzmittel, wie es sie gegen Mücken gibt, können schützen, weil sie den Hautgeruch verändern.
Die ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt, zwei Wochen vor und nach einer Corona-Impfung keine andere Impfung vorzunehmen. Eine vollständige FSME-Immunisierung erreicht man erst nach drei Impfungen, die (je nach Impfstoff) innerhalb eines halben oder eines Jahres verabreicht werden. Danach sind je nach Alter alle drei bis fünf Jahre Auffrischungen nötig. Allerdings liegt der Schutz bereits nach der zweiten Impfung bei über 90 Prozent. Da Ärzte und Patienten derzeit den Fokus auf Corona-Impfungen setzen, könne es schon sein, dass weniger FSME-Impfungen durchgeführt werden, sagt Christian Pfeiffer. Auffrischungen des FSME-Impfschutzes müssten aber sicher nicht zwingend genau am vorgesehenen Termin durchgeführt werden. Die Antikörper fielen nicht von einem auf den anderen Tag auf Null.
Wichtig ist es, Zecken möglichst schnell und vollständig zu entfernen, das senkt die Übertragungsgefahr noch einmal deutlich, sagt Pfeiffer. "Bei der Entfernung der Zecke ist darauf zu achten, dass der Zeckenleib nicht gequetscht wird, da dadurch Erreger aus der Speicheldrüse der Zecke in die Wunde gepresst werden könnten", heißt es auf der Internetseite des Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (lGL). Auch von der Anwendung von Substanzen wie Klebstoff, Alkohol oder Öl zur Entfernung der Zecke werde abgeraten, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese Vorgehensweisen die Übertragung von Borrelien erleichtert oder beschleunigt. Die Zecke sollte am besten mit einer spitzen Pinzette möglichst dicht über der Haut gefasst und dann einfach herausgezogen werden.