Das Geschäft von Betrügern mit Angst und Aberglaube blüht: In einem bizarren Fall steht jetzt eine vierköpfige Bande in Würzburg vor Gericht, die einer Frau aus Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) mit dem Glauben an Geister, Flüche und die Zauberkraft von Wunderheilern über Wochen hinweg Geld aus der Tasche gezogen haben soll. 137.000 Euro insgesamt. Das bestätigte Michael Schaller, der Sprecher des Landgerichts Würzburg, auf Anfrage.
Opfer unter anderem über russisches Fernsehen angesprochen
Die Frau aus Main-Spessart ist nicht das einzige Opfer, das auf den Hokuspokus der Wunderheiler hereinfiel. Weitere Fälle wurden kürzlich in Oberfranken und der Oberpfalz bekannt. Der Anklage am Landgericht Würzburg ist zu entnehmen, dass sich eine Bande auf diesen Geschäftszweig spezialisiert hatte und über das russische Fernsehen oder einschlägige Internetseiten bei in Deutschland lebenden älteren Frauen den Glauben an böse Geister nährt – und gegen viel Geld Rettung verspricht.
Was sich völlig absurd anhört, stößt aber bei Wundergläubigen auf fruchtbaren Boden. Gelegentlich spielt ein Mitglied der Bande selbst eine "Geheilte", um die Masche glaubhafter zu machen. Haben die hilfesuchenden Opfer erst einmal Kontakt aufgenommen, werden Bandenmitglieder zur angeblichen "Heilung" und Geldübergabe nach Deutschland geschickt. In dem Fall, der nun in Würzburg verhandelt wird, kam der Geldabholer in Begleitung von Komplizen, die bei den Treffen mit dem Opfer aufpassen sollten, ob bereits die Polizei auf ihn wartet.
Wöchentliche Treffen in Marktheidenfeld
Opfer wie die Frau aus Marktheidenfeld würden "von russischsprachigen Callcenter-Agenten angerufen beziehungsweise durch TV-Werbung dazu veranlasst, dort selbst anzurufen", steht in der Anklage. Hier wurde dem Opfer ab Juli 2021 vorgemacht, "dass der Ehemann sowie die Töchter der Geschädigten mit einem Fluch versehen wären und ihnen gegebenenfalls etwas zustoße". Aber die Anruferin "Dorothea" verfüge über "Wunderheiler"-Fähigkeiten, die den Tod verhindern könnten. Sie würde nötige Materialien liefern, mit denen sich der Fluch bekämpfen ließe – gegen Bares.
Fast im Wochenrhythmus gab es dann Treffen an belebten Großmärkten in Marktheidenfeld. Dabei übergab das Opfer jeweils fünfstellige Summen. Nach einem solchen Treffen wurden die Geldabholer auf dem Weg nach Frankfurt von der Polizei kontrolliert, wobei nicht nur die große Menge Bargeld die Beamten stutzig machte: Der Fahrer hatte nicht einmal einen hier gültigen Führerschein.
Von da an überwachte die Polizei offenbar die "Wunderheiler"-Bande. Beim letzten Treffen Ende September vor einer Drogerie in Marktheidenfeld wurde der Geldabholer festgenommen, bevor er noch einmal 15.000 Euro kassieren konnte.
Warten auf ein weiteres Opfer
Drei andere Bandenmitglieder entkamen, blieben aber in der Region, weil sie noch bei einem weiteren Opfer auf Beute hofften: Auch einer Frau in Schweinfurt war vorgemacht worden, "dass die sogenannten Wunderheiler ihre Familie schützen, insbesondere das böse Auge von dieser fernhalten könnten", sagt die Anklage. Die Geschädigte wurde aufgefordert "Pfand" für Gegenstände zu zahlen, die für "Heiler-Sitzungen" benötigt würden. Doch bei der Übergabe von 10.000 Euro in Schweinfurt wurden die Täter geschnappt.
In einem viertägigen Betrugsprozess wird nun untersucht, ob der Glaube (Geld)-Berge versetzen kann. Ein Urteil soll am 3. Mai fallen.