Schon seit über 55 Jahren gibt es die Städtepartnerschaft der Stadt Würzburg mit Mwanza in Tansania. Für Oberbürgermeister Christian Schuchardt, der im November 2021 bereits zum fünften Mal vor Ort war, sind in den vergangenen Jahren gute Freundschaften entstanden. "Bei meiner ersten Reise war ich ganz gefangen von den vielen neuen Eindrücken des Landes und der Mentalität. Inzwischen ist es anders, irgendwie vertraut. Ich treffe viele Menschen wieder, die ich von meinen vorherigen Aufenthalten kenne", erzählt er bei einem Gespräch im Rathaus.
Es sei schön, wie viele Projekte in der Vergangenheit angegangen werden konnten, "und besonders freut mich, dass diese ihre Früchte tragen". So spricht er zum Beispiel das Leuchtturmprojekt zur Bekämpfung der Schistosomiasis auf der Insel Ijinga an, die etwa eine Autostunde von Mwanza entfernt im Victoriasee liegt. "Die Krankheit wird durch verunreinigtes Wasser übertragen, Verursacher sind die im Süßwasser lebenden Saugwürmer und deren Larven."
Kampf gegen Krankheit Schistosomiasis
Durch ein 2018 initiiertes Projekt konnte kürzlich ein Wasserreservoir mit zehn Ausgabestellen fertiggestellt werden, so dass die 2500 Bewohner vor Ort die Möglichkeit haben, das Wasser für den täglichen Bedarf von dort - und nicht aus dem See - zu holen.
Das Projekt wurde von der Uniklinik, dem Missionsärztlichen Institut, der Stadt Würzburg in Kooperation mit dem DAHW entwickelt und mit Fördermitteln des Bundes und der Stadt Würzburg sowie fast 60 000 Euro aus der Würzburger Bürgerschaft finanziert, erklärt Schuchardt und lobt die tolle Zusammenarbeit.
Wie Anuschka Heid vom Büro „Würzburg-International“ der Stadtverwaltung berichtet, müsse sich das aber in den Köpfen der Menschen in Mwanza erst verankern. "Da sind verhaltenspsychologische Information und Aufklärung besonders wichtig. Es muss klar sein, dass es besser ist, in der Schlange auf frisches Wasser zu warten, als verunreinigtes aus dem See zu holen."
Dies sei ein Prozess, der nicht von einem Tag auf den anderen zu leisten ist", so Heid, die im November zum ersten Mal in Mwanza mit dabei war. In Zukunft, erzählt Schuchardt, solle das Projekt auch auf die größte Insel im Victoriasee, die Insel Ukerewe, ausgeweitet werden - und dies mit großzügiger Unterstützung der Else Kröner-Fresenius-Stiftung.
Else Kröner Center eingeweiht
Im November konnte zu diesem Zweck das „Else Kröner Center Würzburg – Mwanza“ (EKC) eingeweiht werden, ein multidisziplinäres Programm zur Bekämpfung der Schistosomiasis. Die Stiftung gibt für die fünfjährige Projektlaufzeit jeweils 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Zusammengeschlossen haben sich darin die Universität und das Universitätsklinikum Würzburg, die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, das Würzburger Missionsärztliche Institut und die Catholic University of Health and Allied Sciences (CUHAS) sowie das Bugando Medical Center in Mwanza.
Ein weiterer Meilenstein im Kampf gegen die Tropenkrankheit, wie der Oberbürgermeister beschreibt. Das Initialprojekt auf Ijinga werde jetzt auf eine Inselbevölkerung von fast 300 000 Einwohnern im Maßstab vergrößert. "Wir haben die Vision, dass die Enkelkinder der heutigen Insulaner einmal ohne Gesundheitsgefahren im Lake Victoria baden können", hatte Schuchardt von seiner Reise aus auf Instagram geschrieben.
Viele verschiedene Projekte
Ob Projekte für Schulbänke und Schulbücher für Mwanza, ein älterer Würzburger Feuerwehrwagen, der seinen Dienst in Mwanza tut, Projekte zur Förderung von Frauen und Mädchen oder die Mein-Ball-Dein Ball-Aktion für gemeinnützige Sport- und Infrastrukturprojekte, um die sich junge Würzburger vor Ort kümmern. "Es ist wahnsinnig schön zu sehen, wie groß das Interesse der Menschen in Würzburg und auch Umgebung an der Partnerstadt ist", fasst Schuchardt zusammen und freut sich in diesem Zusammenhang auch über die Spendenfreudigkeit der Würzburger, "durch die einiges in Mwanza bewirkt werden konnte".
Im Vergleich zu anderen europäischen Partnerstädten sei das Interesse an der afrikanischen Stadt sehr intensiv, berichtet er. Das sei nicht zuletzt dem im Jahr 2000 gegründeten Verein Mwanza e.V. zu verdanken, meint der Oberbürgermeister. Von diesem gehen viele Projekte aus. Laut Homepage hat sich der Verein zum Ziel gesetzt "die Partnerschaft zwischen Mwanza und Würzburg mit Leben zu füllen".
Durch die Möglichkeit von Studienaufenthalten oder Praktika hätten zudem auch jüngere Menschen die Möglichkeit, das Land und die Leute kennenzulernen. Auch die von der Stadt organisierten Bürgerreisen nach Mwanza seien beliebt: "Ich hoffe, dass es die Pandemie-Lage zulässt, dass bald wieder eine Bürgerreise stattfinden kann", so Schuchardt.
Corona in Tansania: Kein sehr großes Thema
Corona, spricht er an, sei vor Ort allerdings gar kein so großes Thema. Das hat auch Anuschka Heid überrascht. "Da sich das Leben überwiegend draußen abspielt, ist eine gewisse Normalität spürbar gewesen", erklärt sie. Ausschlaggebend sei aber, dass mehr als ein Drittel der Menschen in Tansania unter 20 Jahre alt sind. "Wie bei uns auch, gibt es bei den jüngeren Menschen nicht so viele schwere Verläufe", sagt sie. Zudem komme, meint Schuchardt, "dass die Menschen hier ganz andere Sorgen haben, wie zum Beispiel Schistosomiasis oder HIV, dadurch hat Corona für sie nicht denselben Stellenwert wie für uns". Corona-Infektionszahlen würden zudem kaum erfasst.
Was sich allerdings durch Corona positiv entwickelt hat, sei, dass man sich durch die Online-Kommunikation "trotz zehntausend Kilometer Entfernung in einem virtuellen Besprechungsraum persönlich treffen kann", berichtet Heid. Dadurch sei man im stetigen Austausch mit Mwanza, bekomme sogar mehr mit als je zuvor.
Fischer nutzen nun Solarlampen statt Kerosinlampen
Begeistert ist der OB von einem Projekt, das er schon vor zehn Jahren in der Anfangszeit besuchen durfte, das der Mwanza e.V. angestoßen hat. Es sei nun ein voller Erfolg: "Über 700 Fischer nutzen jetzt Solarlampen statt Kersosinlampen zum Fischen. Abgesehen davon, dass dies die Betriebskosten senkt und umweltfreundlicher ist, konnten die Fangquoten der kleinen Fische enorm gesteigert werden." Dadurch seien auch neue Jobs entstanden: "Aus einem kleinen Dörfchen ist ein veritabler Markt geworden."
Schuchardt konnte in Mwanza mit Anuschka Heid und der stellvertretenden Leiterin des Fachbereichs Jugend und Familie der Stadt Würzburg, Monika Kraft, auch die offizielle Eröffnung des Gunzert House miterleben. "Es ist für die Einheimischen ein toller Ort für Begegnungen, auch für kulturelle Veranstaltungen, entstanden", sagt er. Benannt ist das historische Gebäude nach dem deutschen Kolonialbeamten Theodor von Gunzert, der es Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet hatte.
Aber es solle nicht den Anschein haben, dass Mwanza nur von Würzburg lernen könne, so Schuchardt. "In einer guten Partnerschaft kann jeder von dem anderen lernen und profitieren." Beeindruckt ist der OB immer wieder von der Herzlichkeit der Menschen vor Ort. "Da können wir uns eine Scheibe von abschneiden."
Es werde sehr deutlich, "dass dort Glücklichsein weniger von materiellem Wohlstand abhängt als bei uns". "Auch viele Menschen, die in armen Verhältnissen leben, strahlen Lebensfreude aus."
Anuschka Heid fügt an, dass sie das Leben in Mwanza als "weniger hektisch und etwas entschleunigt" erlebt hat, "das wäre bei uns auch manchmal wünschenswert". Auch Herzlichkeit, Offenheit und Empathie könne man von den Tansaniern lernen. Gleichzeitig, fügt Schuchardt an, werde man demütiger gegenüber dem, "was wir hier in Deutschland alles haben, unter vielen anderen Dingen zum Beispiel ein gutes Gesundheitssystem".
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