
Seit gut zwei Monaten ist sie auf dem Markt und im Internet frei zugänglich: "ChatGPT", eine Künstliche Intelligenz (KI) zum Schreiben von Texten, Beantworten von Fragen, Recherchieren. Das Sprachmodell lernt ständig neu hinzu. Faszinierend und schockierend zugleich. Oder wird der Textroboter überschätzt? Wo wird er unser Leben verändern?
Dass sich viel verändert, davon ist Andreas Fuchs von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) überzeugt. Der 40-Jährige ist Professor für Marketing und Digital Business und beschäftigt sich seit längerem mit der Text-KI.
Prof. Andreas Fuchs: Absolut. Ich glaube, dass es nicht einmal zehn Jahre dauern wird. Wir sehen Möglichkeiten der Anwendung ja bereits in anderen journalistischen Bereichen, etwa im Sport: Wo man frühere Praktikanten drangesetzt hätte, kann heute schon eine KI einfache Spielberichte schreiben.
Fuchs: Das ist die entscheidende Frage. Es werden so irre viele Informationen ausgespuckt, dass es schwer wird zwischen richtig oder falsch zu entscheiden. Ich habe es vielfach selbst ausprobiert, habe so genannte Prompts – also Befehle – eingegeben. Die Ergebnisse waren teilweise wirklich gut, in manchen Fällen waren die Antworten aber falsch. Wenn ich dann nicht kritisch hinschaue und alles für bare Münze nehme, kann das gravierende Folgen haben – für journalistische Texte, für Abschlussarbeiten. Oder wenn man es größer denkt, auch für die Demokratie.
Fuchs: Bei der KI handelt es sich um neuronale Netze. Da steckt Statistik dahinter, die in Milliarden von Tests bzw. Trainings lernt, in welchen Zusammenhängen Wörter vorkommen – das ist das Sprachmodell. Was wahr oder falsch ist, weiß die KI jedoch nicht. Die Schöpfer einer Künstlichen Intelligenz können ihr allerdings gewisse Grundsätze einimpfen. Wenn Sie zum Beispiel ChatGPT nach einem Frauenwitz fragen, werden Sie keine Antwort bekommen. Denn man hat dieser KI beigebracht, dass keine Gruppe von Menschen wegen Geschlecht, Aussehen oder Herkunft diskriminiert werden darf.

Fuchs: Generell greift ChatGPT noch nicht auf alle Informationen im Internet zu, sondern wurde mit einem bestimmten Datensatz gefüttert. Die Entwickler haben sich ein Bild des Internets gezogen und auf die Server gepackt. Das ist die Datengrundlage für das Training, darüber läuft die KI und lernt immer weiter. Es wird wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die KI an das offene Internet gehängt wird und damit alle zugänglichen Daten verarbeiten kann – ähnlich wie bei Google. Im Moment steht die Version ChatGPT3 aber noch auf dem Stand von 2021. Sie weiß, wie oft Messi die spanische Meisterschaft gewonnen hat – aber nicht, dass er mittlerweile Weltmeister ist.
Fuchs: Das ist mit Sicherheit eine der Schwächen von ChatGPT3, wobei die nächste Version GTP4 gerade vorbereitet wird. Sie dürfte dann auch das vergangene Jahr eingearbeitet haben und ist um ein Vielfaches leistungsstärker. Wie es aussieht, wird das Unternehmen Open AI den ChatBot in einer "Pro-Version" bald auch kostenpflichtig machen.
Fuchs: Es gibt keine höhere Instanz der Kontrolle. Aber Sie können bei jeder Antwort oder jedem Textvorschlag von ChatGPT den Daumen heben oder senken – also mit gut oder schlecht beurteilen und auch ein Feedback schreiben. Auf diese Weise lernt die KI immer weiter dazu und kann sich verbessern.
Fuchs: Das kommt auf den Anwendungsfall an. Das kann ungefährlich sein, wenn sie mir das falsche Ergebnis der Würzburger Kickers ausgibt. Davon wird die Welt nicht untergehen. Aber es wäre natürlich denkbar, dass eine KI mit Falschinformationen oder gezielten Vorurteilen manipuliert wird. Das könnten sich zum Beispiel autoritäre Regime zunutze machen und erinnert an die Umschreibung von Geschichtsbüchern. Das halte ich in der Tat für gefährlich. ChatGTP3 wird nicht davon betroffen sein, da OpenAI ein amerikanisches Unternehmen ist.
Fuchs: Sie können die KI nach einer Aussage jederzeit nach der Quelle dafür fragen. Das funktioniert durchaus in vielen Fällen. Aber anders gefragt: Wer sagt Ihnen denn, dass die Quelle eine gute ist? Das ist ja nicht nur in Kriegszeiten eine extrem wichtige Einordnung. Eine Quelle ist nur so gut, wie sie überprüfbar ist.
Fuchs: Früher und teilweise noch heute haben wir gewisse Institutionen, denen wir vertrauen. Ich vertraue zum Beispiel seriösen Medien wie der Main-Post, Spiegel Online oder der Tagesschau. Aber mittlerweile gibt es ganz viele, auch problematische Quellen, und der Journalismus hat nicht mehr die alleinige Informationshoheit. Wir dürfen unseren eigenen kritischen Verstand niemals ausschalten. Wir müssen lernen, Quellen stets zu prüfen und hinterfragen.
Fuchs: Die Auswirkungen auf die Zunft werden verschiedener Art sein. Es könnte die Frage auftauchen: Wie viele Journalisten brauchen wir noch in einer Redaktion? Vielleicht werden sich bald ein, zwei Redakteure die Themen überlegen und lassen sie von der KI erarbeiten? Das ist eine existenzielle Frage. Aber noch viel wichtiger: Was passiert, wenn der Journalismus nicht mehr von Menschen gemacht wird? Er sollte ja die vierte Gewalt im Staat sein und im Sinne von Checks-and-Balances die drei anderen Gewalten kontrollieren und transparent machen. Diese Kontrolle wäre bei einem reinen KI-Journalismus nicht mehr gegeben – zumal wir nicht wissen, wer die KI steuert.
Fuchs: Ja, ich denke, das wir die entscheidende Legitimation für den Journalismus sein. Dass man Ihnen vertrauen kann, als Institution von hoher Glaubwürdigkeit. Die Rolle wird sich für den Journalismus genauso ändern wie für die Hochschullehre: Es wird weniger um das reine Wiedergeben von Wissen oder Fakten gehen, sondern vielmehr um die kritische Einordnung von Zusammenhängen, um Analyse und Abwägung, um das eigentliche Verstehen – oder im Journalismus auch um die Nähe zu Mensch und Thema, wie sie eine KI niemals herstellen könnte.
leben die letzten Menschen vmtl. auf dem geistigen Stand von Orang-Utans oder so in den Reservaten, die ihnen die Zentrale KI zuweist, ganz vielleicht gibt es noch ein paar Renegaten, die (auf verlorenem Boden) gegen das Primat der KI ankämpfen, und ein paar Superreiche, an deren Wolkenkuckuckstürme die ZKI nicht rankommt, weil deren KI ihr überlegen ist... da gab es doch neulich erst eine Untersuchung, die zu dem Schluss gekommen ist, dass der durchschnittliche menschliche IQ inzwischen sinkt?
Aber vielleicht bedeutet das Primat der ZKI auch die Rettung für die Ökosphäre?
Könnte in der Tat interessant werden!