Die Würzburger Straßenbahn (WSB) hat 15 Jahre lang Fahrgäste verloren. Im vergangenen Dezember meldete der Arbeitskreis Mobilität der Lokalen Agenda 21, dass Würzburg besonders auf der Schiene arg nachgelassen habe. Während die Zahl der Straba-Passagiere seit 1999 im Bundesschnitt um knapp 30 Prozent gestiegen ist, sei sie in Würzburg um 20 Prozent gesunken.
Als Ursache machte der Arbeitskreis „Fahrplankürzungen und Verschlechterungen bei der Fahrplanstruktur“ aus. Der Nachfrageschwund sei dramatisch, kein anderer vergleichbarer Verkehrsbetrieb sei von einer ähnlich negativen Entwicklung betroffen. Die WSB, eine 100-prozentige Tochter der städtischen Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH, dementierte nicht.
35 Abfahrten pro 100 Würzburger
Umso willkommener dürften dort die Nachrichten des Berliner Beratungsunternehmens Civity gewesen sein, das im Auftrag des Wochenblatts „Die Zeit“ Angebotsdichte und Fahrpreise im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von 55 Städten untersucht hat.
Das Unternehmen zählte in den Städten die Abfahrten aller Busse und Bahnen von allen Haltestellen zusammen und teilte die Summe durch die Zahl der Einwohner. Je mehr Abfahrten pro Tag, so der Gedanke, desto besser das Angebot.
Würzburg steht mit 35 Abfahrten pro 100 Einwohner an der Spitze, gemeinsam mit Dresden und Bonn. Civity verglich auch das Verhältnis vom Preis für ein Einzelticket mit der Zahl der Abfahrten. Auch da liegen Dresden, Würzburg und Bonn ganz vorn.
Und so luden Würzburgs Stadtkämmerer Robert Scheller und der WVV-Chef Thomas Schäfer zur Pressekonferenz mit der Nachricht, Würzburgs Nahverkehr sei „unter den Besten in Deutschland“.
30 Millionen Fahrgäste an 365 Tagen in 40 Straßenbahnen und 80 Bussen
Auf die Frage, wie der, nach Meinung der Lokalen Agenda 21, „dramatische“ Fahrgastschwund mit dem blendenden Abschneiden in der Civity-Untersuchung zusammenzubringen sei, wusste Schäfer keine rechte Antwort. Die WSB müsse sich häufig mit dem subjektiven Eindrücken wie „Zufriedenheit“ auseinandersetzen, sagte er, und dass er froh sei, nun objektiv vergleichbare Daten zu haben. Schäfer zufolge geht es wieder aufwärts mit der WSB. 2016 hätten die 40 Straßenbahnen und 80 Busse knapp zwei Prozent mehr Fahrgäste chauffiert als im Jahr zuvor. Rund 30 Millionen Fahrgäste zählte das Unternehmen.
Die „Zeit“ hat den Civity-Mitbegründer und Managementberater Stefan Weigele gefragt, wie die großen Unterschiede in der Nahverkehrsversorgung der Städte zu deuten sind. Weigele meint, „logisch, fachlich oder geografisch“ seien sie nicht zu erklären.
Vor 15 Jahren wäre das Würzburger Ergebnis noch deutlich besser ausgefallen, zum Beispiel mit kürzeren Taktzeiten im Straba-Fahrplan. Schäfer meint, solche Verschlechterungen gebe es auch in anderen Städten. Stadtkämmerer Scheller spricht von „Rahmenbedingungen der Zeit“. Heute hätten die die kommunalen Verkehrsunternehmen mit viel mehr Regularien wie europaweiten Ausschreibungen zu tun als vor 15 Jahren. Damals sei auch die Ertragslage von Verbundunternehmen wie der WVV besser gewesen.
Bezahlbarer ÖPNV ist schwieriger geworden
Tatsächlich glich die WVV Defizite im ÖPNV – derzeit rund 16 Millionen Euro – mit Einnahmen zum Beispiel der Stadtwerke aus. Heute sind die wirtschaftlichen Risiken beim Erzeugen und Verkaufen von Strom und Wärme größer als früher. Konsequenz im vergangenen Jahr: Erstmals musste die Stadt die WVV mit einer halben Millionen Euro bezuschussen.
Scheller sagt, der Betrieb des ÖPNV sei „anspruchsvoller und schwieriger geworden“. Würzburg aber schaffe „scheinbar den Spagat zwischen wirtschaftlichen Zwängen und Angebot“.
NB. : ÖPNV sollte auch die gute alte APG aus dem Umland beinhalten, auf deren Zubringer die WVV angewiesen ist, und da sieht es sehr mau aus, angefangen von den Taktzeiten bis zum steinzeitlichen Busbahnhof, der den Namen schon lange nicht mehr verdient.
Beispiel Haltestelle Dom stadtauswärts: Es kommt die L3 zum Heuchelhof, direkt dahinter die L4 in die Sanderau. Die muss nun bis zum Sanderring der L3 hinterher zuckeln und dort auch noch warten, bis die Weiche zur Löwenbrücke wieder frei ist bevor in die Haltestelle eingefahren werden kann.
Das ist sehr lästig, wenn an jeder Innenstadthaltestelle der zweite Zug praktisch zweimal halten muß weil in der vorderen Bahn die Ein- und Aussteigezeit länger dauert.
Erreicht nun z.B. die L4 an der Juliuspromenade aus der Zellerau kommend die Weiche in die Schönbornstr. vor der L3 vom Hbf sieht man als WVV-Kunde am Dom noch die Bahn abfahren und darf dann erst die L3 und 6-10 min später die L5 vorbei fahren lassen bevor nach ca. 11-12 min endlich wieder eine Bahn (die L1) in die Sanderau kommt.
Diese Taktung sollte entzerrt werden!
MfG
An der Haltestelle Königsberger Straße steht man Wind- und Wetter ausgesetzt und wartet ca. 10 Min. um direkt in Richtung Zellerau zu fahren oder man fährt mit der L1 (Grombühl) bis zur Juliuspromenade in der Hoffnung dort noch die Straba in die Zellerau zu bekommen - aber weit gefehlt denn diese ist genau 2 Minuten vorher losgefahren und man sieht sie am Mainkai gerade noch um die Ecke fahren. Also zu Fuß zur Haltestelle Ulmer Hof um dann die aus der Sanderau kommende Straba zu erwischen. Egal wie mans macht man steht immer irgendwo im Regen!
"Das Unternehmen zählte in den Städten die Abfahrten aller Busse und Bahnen von allen Haltestellen zusammen und teilte die Summe durch die Zahl der Einwohner."
Und dafür machen die extra eine Pressekonferenz? Wenn man, wie z.B. im Frauenland, alle 300 m eine Bushaltestelle hat, wundert es nicht, dass da jede Menge "Abfahrten" rauskommen...Übrigens ganz toll für das Kuzstreckenticket (4 Haltestellen). So komme ich zwar vom Heuchelhof nach Heidingsfeld, aber nicht vom Frauenland in die City! Macht gerechte Tarife, dann fahren/zahlen auch mehr Leute.
Das ÖPNV Angebot kann man heute ja wohl nicht ernsthaft von der Quersubventionierung durch die Stadtwerke abhängig machen, da fährt bald nur noch 1 mal die Stunde ein Bus!
"...Das ÖPNV Angebot kann man heute ja wohl nicht ernsthaft von der Quersubventionierung durch die Stadtwerke abhängig machen..."
Warum können andere Kommunen in ähnlicher Größenordnung wie WÜ günstigere Tarife anbieten und trotzdem noch in die Infrastruktur ihres ÖPNV-Netzes investieren?
Werden die etwa alle vom eigenen Unternehmen quersubventiniert?
Oder steckt da nicht vl. doch der politische Wille der jeweiligen Stadt dahinter?
WÜ war ja schon immer überwiegend eine "Autofahrerstadt". Deswegen gibts hier auch mit die höchsten Feinstaubwerte - aber das ist etwas o.T.
MfG