
Mit einer detailgetreuen Rekonstruktion zu Live-Musik hat das Würzburger Mozartfest nach rund 100 Jahren Oskar Schlemmers Idee wiederbelebt, sein Triadisches Ballett mit Marionetten aufzuführen. Wobei Triadisch genau das meint: ein Dreiklang aus Musik, Kostümen und Choreografie.
Regisseur und Puppenspieler Christian Fuchs hatte mit Artiste étoile Ragna Schirmer einen Trumpf im Ärmel. Ihr pianistischer Beitrag, bestehend aus einer Triade aus Barock, Klassik und früher Moderne mit Werken unter anderem von Händel, Haydn, Mozart oder Debussy war bereits für sich ein Glanzlicht. Vor allem beeindruckten die dynamische Bandbreite und ein nuanciertes Anschlagsspiel, das feinste Details hörbar werden ließ.

Der Bauhaus-Mitbegründer Oskar Schlemmer (1888-1943) brachte das Ballett ganz im Zeichen der experimentellen Aufbruchstimmung der 1920er Jahre erstmals 1922 in Stuttgart auf die Bühne. Wie abstrakte Kunstfiguren wirkten die futuristischen und schweren Kostüme aus Textilien, Holz und Metall, an denen Schlemmer, der unter Pseudonym auftrat, und das Tanzpaar Albert Burger und Elsa Hötzel schwer zu tragen hatten. Daraus entstand wohl die Hoffnung, einmal das Ballett mit schwerelos tanzenden Marionetten inszenieren zu können. Heute sind noch sieben der großen Originalkostüme in der Stuttgarter Staatsgalerie zu sehen.
Eine Kunstform aus einer scheinbar längst vergessenen Welt
Im Kulturspeicher glückte die Rückbesinnung auf eine Kunstform aus einer scheinbar längst vergessenen Welt, in der traditionelle und nicht digitale Elemente eine fesselnde Wahrnehmung ermöglichten. Zur Einstimmung trug Christian Fuchs Auszüge von Heinrich von Kleists Essay "Über das Marionettentheater" von 1810 vor. Darin versucht der Tänzer eines Stadttheaters auf absurdem Wege zu beweisen, dass man im Tanz seinen eigenen Willen abstreifen muss, um die "Grazie" einer Marionette erreichen zu können.

Es folgte ein Gesamtkunstwerk als "Dreieinigkeit" von Anfang, Mitte und Ende, Christian Fuchs, Emma Teichert und Patrick Jech verwandelten sich und das Bühnenbild bei zwölf Auftritten in Zitronengelb, Rosa und Schwarz.
Gelang es Regisseur Christian Fuchs, mit den quasi miniaturisierten Figuren die Charaktere des Triadischen Balletts wieder zum Leben zu erwecken? Schüler und Schülerinnen aus 9. Klassen von Würzburger Gymnasien sahen dies so und verfolgten am Freitagvormittag mit großer Neugier und Konzentration die Performance. Im Unterricht und einem Workshop war das Werk zuvor als Meilenstein des Theaters, der Musik und bildenden Kunst besprochen und diskutiert worden.
Obwohl nichts versteckt wurde, obwohl die Wechsel der Puppen aus Draht, Scheiben und Kugeln und die dreimalige Farbänderung der Bühne vor aller Augen abliefen, verstärkte sich der Eindruck einer märchenhaft-surrealen Welt, die in Staunen versetzte.