Schwerst abhängige Drogenkonsumenten. Fällt dieser Begriff, zeichnet sich in den Köpfen vieler Menschen schnell das Bild von verwahrlosten, dunklen Gestalten am Rande der Gesellschaft. Dass sich hinter den Konsumenten, die fast immer einen steinigen Lebensweg hinter sich haben, aber auch ganz gewöhnliche Persönlichkeiten verbergen, wird dabei oft verkannt. Der Drogenkonsum ist illegal und gesellschaftlich geächtet. Die Folge: Betroffene sprechen nicht offen über ihren Zustand, aus Angst vor Repressalien. Sie sind allein oder unter sich und stecken damit tief im Teufelskreis fest.
Die Eröffnung des "Kontaktcafés" bietet diesen Menschen nun einen Schutzraum mit familiärem Ambiente. "Wir akzeptieren sie einfach so wie sie sind und verurteilen sie nicht", erklärt die Sozialpädagogin Stella Meckelein. Da es sich bei den Besuchern des Cafés vor allem um Opiatabhängige handelt, wird ihnen in der Einrichtung beispielsweise sauberes Spritzenzubehör bereitgestellt, wie es auch in Apotheken zu finden ist. Da die Preise für die Konsumenten dort jedoch zu hoch seien, ließen sie es in der Regel bleiben und benützten immer wieder dasselbe Besteck, so Meckelein.
Zielgruppe besteht aus Langzeitkonsumenten
Außerdem gibt es einen Computer, der etwa zum Bewerben genutzt werden kann und die Möglichkeit für ein günstiges Mittagessen. Um den Abhängigen dabei zu helfen, wieder feste Strukturen in ihren Tagesablauf zu integrieren, können sie bis zu drei Stunden täglich in der Einrichtung arbeiten. Sie kochen für die Gäste und übernehmen andere anfallende Aufgaben.
Von Montag bis Donnerstag und von 10 bis 16 Uhr treffen sich jeden Tag rund 30 Personen im Kontaktcafé, schätzt Meckelein. Die Tendenz sei steigend. Sie führt weiter aus: "Unsere Zielgruppe liegt bei den 30- bis 60-jährigen." Bei Jugendlichen sei der Konsum von Drogen oft eher ein "Ausprobieren". Ihnen empfehlen die Helfer dann eine Therapie. Hier gehe es eher um die Langzeitfälle von Konsumenten harter Drogen. In den Räumlichkeiten des Cafés sind übrigens gewisse Regeln vorgegeben, wie etwa die, dass das Konsumieren von illegalen Substanzen nicht gestattet ist.
Holger Faust von der Jugend- und Drogenberatung Würzburg hatte ursprünglich die Idee zu dem Projekt und ist einmal wöchentlich vor Ort. Einen Termin zu vereinbaren sei nicht nötig, der Dialog im Café entsteht von alleine. Hat ein Gast Interesse an einer Therapie oder gar einer Entgiftung hilft der Sozialarbeiter. Bei Bedarf sei natürlich auch ein Vieraugengespräch in seinem Beratungszimmer möglich. Grundvoraussetzung hierfür ist eine solide Vertrauensbasis auf beiden Seiten. Bereits seit 2003 ist Holger Faust im Bereich der Drogenberatung tätig. Bei den Betroffenen gebe es immer wieder Hochs und Tiefs: "Sucht verläuft nie geradlinig. Wir versuchen die Abstürze zu mildern", erklärt er.
Polizei war bei Eröffnung vor Ort
Auch Kerstin Schoch und Steffen Hein von der Polizeiinspektion Würzburg waren bei der Eröffnung der Einrichtung anwesend. Selbstverständlich gibt es auch hier keine rechtsfreie Zone. Den Betroffenen wolle man aber signalisieren, dass sie beim Aufsuchen des Kontaktcafés keine Repressalien zu befürchten hätten. "Um die Leute nicht zu erschrecken, und, dass es nicht zu Missverständnissen kommt, waren wir bei den Absprachen mit dabei", erklärt Hein.
Claudia Nembach ist die Einrichtungsleitung des Vereins Condrobs in Würzburg, der auch Hauptträger des Projektes ist. Dieses ist das erste seiner Art in der Stadt und Nembach ist sichtlich stolz auf die Umsetzung. Neben Condrobs als sozialem Träger für Hilfseinrichtungen waren auch die Stadt sowie zwei Ärzte maßgeblich am Erreichen der Ziele beteiligt. "Ich denke, das ist eine sehr tolle Kombination", sagt sie.
Ein noch ungelöstes Problem gibt es jedoch: Das Parkhausgebäude in der Rüdigerstraße, in dem die soziale Einrichtung stationiert ist, soll abgerissen werden. Die zentrale Lage wolle man natürlich beibehalten, jedoch benötige man im Falle eines Umzuges Räumlichkeiten mit mindestens 100 Quadratmetern. Keine leichte Aufgabe. Nembach hofft, dass das Projekt dadurch nicht gefährdet ist. "Das Kontaktcafé ist die Realisierung eines lange bestehenden Bedarfs", erklärt sie.
Stadt Würzburg sichert Unterstützung zu
"Was lange währt, wird endlich gut", sagt Dr. Hülya Düber, Sozialreferentin der Stadt Würzburg. "Vor drei Jahren sind wir erstmal auf die Nase gefallen, wir wurden von Behörde zu Behörde geschickt und haben uns im Kreis gedreht", so Düber weiter. Außerdem sichert sie allen Beteiligten des Projektes ihre volle Unterstützung zu: "Wir werden Alternativen finden, wenn wir hier raus müssen."
Laut Holger Faust gebe es in Würzburg nicht wirklich einen Hotspot der Drogenszene. Wenn alles im Verborgenen stattfindet ist es nicht einfach, hilfsbedürftige Menschen ernsthaft zu erreichen. Mit dem Treffpunkt im Kontaktcafé gibt es nun eine sichere Umgebung für die Menschen, einen Unterschlupf. Die Abhängigen haben so eine Anlaufstelle, das Problem gerät nicht aus dem Sichtfeld der Gesellschaft und mit Hilfsmaßnahmen kann dort angesetzt werden, wo diese auch wirklich benötigt werden: Bei den Menschen selbst.
Adresse: Kontaktcafé Rüdigerstraße 3, 97070 Würzburg, Telefon: 0176/13410322, E-Mail: stella.meckelein@condrobs.de