Er soll den Polizisten gemimt haben, um an das Geld von Senioren zu kommen, auch in Unterfranken. An diesem Dienstag nun führten echte Polizisten den gebürtigen Würzburger am Landgericht Weiden zur Anklagebank. Laut Anklage war der 41-Jährige im März 2021 in der Oberpfalz ertappt worden, nachdem er und seine mutmaßliche Bande ältere Menschen über Monate um ihr Erspartes gebracht hatten.
Der gebürtige Würzburger soll dabei einen Trick benutzt haben, vor dem Polizei und Seniorenverbände beinahe wöchentlich warnen: Zuerst gaukelten Komplizen, offenbar von Call-Centern in der Türkei aus, als angebliche Polizisten den entsetzten Senioren am Telefon eine Gefahr vor. Dann kamen "Läufer" wie der 41-jährige Angeklagte zu den Opfern - angeblich, um das Ersparte in Sicherheit zu bringen. Tatsächlich aber, so der Vorwurf, sollen sie die Beute an die Hintermänner ihres kriminellen Familienclans weitergegeben haben.
Angeklagter falscher Polizist bereits mehrfach vorbestraft
Der Angeklagte ist bei der Polizei kein Unbekannter und wegen sieben ähnlicher Fälle bereits vorbestraft. Seine perfide Methode bietet tiefe Einblicke in die organisierte Kriminalität. Laut Staatsanwalt und den ermittelnden Spezialisten gehört der Würzburger zu einer vielköpfigen Truppe falscher Polizisten in Deutschland, die auf kriminelle Weise die Kassen des Clan-Chefs und seiner Familie füllen. Der sogenannte Miri-Clan betreibt nach Polizeiangaben auch Schutzgelderpressung und Rotlichtgeschäfte und handelt illegal mit Drogen, Medikamenten und Waffen. Bundesweit soll der Clan über 8000 Angehörige haben.
Laut Staatsanwaltschaft sieben Senioren betrogen
Sieben Fälle will der Staatsanwalt in Weiden dem gebürtigen Würzburger jetzt nachweisen. Laut Anklage soll er bereits Senioren in Stadt und Landkreis Würzburg, im Landkreis Schweinfurt sowie im Main-Tauber-Kreis betrogen haben.
Stundenlang sollen die Opfer dabei am Telefon bedrängt worden sein, ihr Geld zur "Sicherheit" den vermeintlichen Polizeibeamten anzuvertrauen. Der Angeklagte soll zunächst selbst als Abholer tätig gewesen, dann zum "Logistiker" aufgestiegen sein: Als solcher warnte er den Ermittlungen zufolge mutmaßliche Komplizen vor tatsächlich auftauchenden Polizisten und leitete das Geld der betrogenen Senioren in die Türkei weiter.
Bis zu 61 000 Euro Beute gemacht
Dem Staatsanwalt zufolge versetzten die mutmaßlichen Täter ihre Opfer mit wilden Geschichten am Telefon so in Angst und Schrecken, dass diese Geld und Wertgegenstände von der Bank holten und an die ihnen völlig unbekannten Abholer übergaben: In einem Fall in Bad Mergenheim waren es demnach 32 000 Euro, in Kürnach (Lkr. Würzburg) 21 000 Euro und in Schonungen (Lkr. Schweinfurt) sogar 61 000 Euro. Bei dem Betrug in Kürnach soll der Angeklagte von einem zweiten Mann aus dem Raum Würzburg begleitet worden sein.
Zur Tarnung einen Pizzaboten vorgeschickt
Offenbar spürten die falschen Polizisten, wenn es für sie gefährlich zu werden drohte: Ein angerufenes Würzburger Ehepaar hatte bereits im Oktober 2020 den Betrug geahnt und die echte Polizei alarmiert. Doch zur Geldabholung in dem Würzburger Stadtteil war den Ermittlungen zufolge nur ein eigens engagierter argloser Pizzabote erschienen. Er sollte die Beute den Clan-Mitgliedern zu einem Treffpunkt in die Würzburger Innenstadt bringen. Beim Bote klickten zwar die Handschellen - die wahren Täter entkamen.
Erst Monate später ging der jetzt angeklagte Tatverdächtige in der Oberpfalz den Ermittlern doch ins Netz. Sechs Stunden lang war dort ein betagtes Ehepaar am Telefon "unter Kontrolle" gehalten worden. Dann erschienen die mutmaßlichen Betrüger - allerdings mit einem Fahrzeug mit Bad Mergentheimer Kennzeichen, das bereits in einem früheren Fall ins Visier der Fahnder geraten war. Der 41-jährige Würzburger wurde festgenommen - und muss sich jetzt in einem mehrtägigen Prozess vor Gericht verantworten.