
Weil sie sich in der Natur nicht abbauen und als krebserregend gelten, stehen die Chemikalien PFAS in Verruf. In der EU wird ein Verbot angestrebt, doch dagegen gibt es aus Teilen der Industrie Widerstand.
Indes wird der Ruf laut nach Alternativen zu PFAS (sprich: Pe-Fas). Andreas Köppel in Würzburg forscht intensiv daran. Der 36-Jährige ist Gruppenleiter des Bereichs Materialentwicklung am Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) in Würzburg. Er zeigt, wie gefährlich PFAS für den Menschen sind, wie man mit PFAS-belasteten Gegenständen umgehen sollte und welche Alternativen es bereits gibt.
Andreas Köppel: Allgemein lässt sich das schwer sagen, weil PFAS zehntausend Chemikalien umfassen. Wir sprechen da von Chemikalien, die in Gasform vorkommen bis hin zu Hochleistungskunststoffen. Da gibt es meilenweite Unterschiede. Die Gase sind sehr mobil und können sich im Körper besser ausbreiten als langkettige Kunststoffe. Die kurzkettigen, also Gase und Flüssigkeiten, werden eher als schädlich eingestuft für die Gesundheit des Menschen. Hochleistungskunststoffe werden mitunter als nicht schädlich eingestuft. Man muss also sehr genau unterscheiden, was bei PFAS gemeint ist.
Köppel: PFAS kommen zum Beispiel in Zahnseide vor, um die Gleiteigenschaften zu verbessern. Dann in der typischen Teflon-Pfanne, um die gewünschten Anti-Hafteigenschaften zu bekommen. In diversen Kosmetika sind ebenfalls PFAS drin. Bei den Hochleistungskunststoffen gibt es viele Anwendungen in der Medizintechnik. Ich habe Berichte gelesen, die behaupten, dass 80 Prozent der Ausstattung von OP-Sälen ohne PFAS nicht mehr realisierbar wären. Es geht da um Beatmungsschläuche oder Dichtungen.
Köppel: Wenn man konsequent sein will, dann ja. Es gibt bei diesen Konsumgütern allerdings schon PFAS-freie Alternativen. Wenn man an wind- und wasserabweisende Outdoorkleidung denkt wie Gore Tex zum Beispiel, kann man auf Wachse oder Fette umschwenken.
Köppel: Richtig. Meines Wissens gibt es hier noch keine ausgereifte Strategie der Entsorgung. Es stellt sich also die Frage: Wo setze ich an? Bei Konsumgütern wie der Teflon-Pfanne kann man auf Alternativen setzen.
Köppel: Kennzeichnungen gibt es noch nicht. Der Verbraucher hat es also schwer, rein am Artikelschild zu erkennen, ob PFAS drin sind oder nicht. Wenn man sich bei Kosmetik die Liste der Inhaltsstoffe anschaut und der Wortbestandteil "Fluoro-" vorkommt, dann ist es ein Hinweis, dass PFAS enthalten sind. Sie sind aber eben nicht speziell gekennzeichnet.
Köppel: PFAS sind Chemikalien, die sehr beständig sind. Deshalb der Name "Ewigkeitschemikalien". Sie bauen sich in der Natur sehr langsam ab und reichern sich deswegen auch an. PFAS werden gerne im technischen Bereich eingesetzt. Zum Beispiel für Dichtungen, die bei hohen Temperaturen mit sehr starken Chemikalien in Berührung kommen. Oder im Anlagenbau, wenn besondere Gleiteigenschaften der Kunststoffe erforderlich sind.
Köppel: Es ist der Fall. Es gab Untersuchungen des menschlichen Blutes, wonach jeder Teilnehmer der Tests PFAS im Blut hatte. Selbst in den abgelegensten Gebieten der Welt – also etwa Arktis oder Antarktis – konnten PFAS nachgewiesen werden, selbst im Blut von Eisbären. Das Problem ist tatsächlich allgegenwärtig.
Köppel: Da muss man unterscheiden. Bei den Hochleistungskunststoffen ist es schwierig Alternativen zu finden. Gerade bei Brennstoffzellen haben sich PFAS-Materialien etabliert. Ohne sie würden heutzutage Brennstoffzellen gar nicht funktionieren. Die Forschung nach Alternativmaterialien steckt generell noch in den Kinderschuhen. Es wurde noch kein PFAS-Verbot ausgesprochen.

Köppel: Ein großer Anreiz, nach Alternativmaterialien zu suchen, ist tatsächlich ein EU-weites PFAS-Verbot.
Köppel: Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat angekündigt, dass es nach einem Verbot Übergangsfristen geben soll. In der Medizintechnik zum Beispiel sollen es bis zu 13 Jahre sein. Ich denke, es wird Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis Alternativmaterialien im Kunststoffbereich entwickelt werden.
Köppel: Das Thema ist bei diesen Kunststoffmaterialien, die hier zum Einsatz kommen, nicht so kritisch. Es ist in der Medizin nicht so, dass etwa aus einem Schlauch PFAS diffundiert und dem Körper direkt schadet. Das Problem liegt eher bei der Entsorgung dieser Schläuche. Wenn sie also bei nicht korrekter Entsorgung in die Umwelt gelangen und zu Mikroplastik werden.