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Sanderau
Würzburger Bürgerspital-Hochhaus fällt Stockwerk für Stockwerk
Ein riesiger Abrissbagger zerlegt das 50-Meter-Hochhaus in Würzburg in 20 000 Tonnen Schutt. Für das Steuern der Baumaschine braucht man Erfahrung und Fingerspitzengefühl.   
Statt es zu sprengen, wird das Bürgerspital-Hochhaus in der Sanderau Stück für Stück von einem Abrissbagger abgetragen.
Foto: Daniel Peter | Statt es zu sprengen, wird das Bürgerspital-Hochhaus in der Sanderau Stück für Stück von einem Abrissbagger abgetragen.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:14 Uhr

Wie ein Legostein sieht es von unten aus, was der Baggerarm da oben anhebt. Dabei ist es eine Zimmerwand,  die seine Zange präzise packt und dann zerkleinert. Die Zange ist 2,5 Tonnen schwer und der Baggerarm 50 Meter lang. Seit Mai trägt der riesige Abrissbagger so das ehemalige Bürgerspitalhochhaus im Wohngebiet Sanderau ab: Stockwerk für Stockwerk.

Rund die Hälfte des Hochhauses hat der orangefarbene Abrissbagger schon abgerissen. Der gelbe Bagger hält die Schutzmatte, die abspringende Schuttteile aufhält.    
Foto: Daniel Peter | Rund die Hälfte des Hochhauses hat der orangefarbene Abrissbagger schon abgerissen. Der gelbe Bagger hält die Schutzmatte, die abspringende Schuttteile aufhält.    

"Größere Abrissbagger gibt es nicht", sagt Reiner Maschke, Polier des Abrissunternehmens Bodo Freimuth. "Und von denen mit 50-Meter-Arm gibt es nur zwei oder drei in Deutschland." Das Cuxhafener Unternehmen baut für die Freier Besitzgesellschaft (FBG) aus Rottendorf seit Januar das ehemalige Bürgerspital-Hochhaus ab.  "Wir sind froh, dass es bislang so reibungslos gelaufen ist", sagt Georg Handrecke von der FBG, hinter der die Familie von s.Oliver-Gründer Bernd Freier steht. Ein Abriss eines so hohen Gebäudes sei nicht unkompliziert.

"In den ersten drei Monaten haben bis zu 30 Mann die Innenräume entkernt", berichtet René Eirich, zuständiger Projektleiter vom Rottendorfer Architekturbüro Menig und Partner. Dieses plant und leitet den Abriss und plant den Neubau: An Stelle des ehemaligen Seniorenheims sollen ab Dezember zwischen Königsberger und Friedrich-Spee-Straße ein neues Hochhaus in ähnlicher Höhe sowie drei Wohnblocks mit insgesamt 153 Wohnungen gebaut werden.

Nach dem aufwändigen Ausbau von Heizungen, Kücheneinrichtungen und Fenstern rückte im Mai der große Abrissbagger an. Zuerst kam die Hülle dran: Vier Wochen lang wurde der Waschbeton auf der 1972 gebauten Fassade vorsichtig abgeschält, damit das darunter liegenden Dämmmaterial entsorgt werden konnte.

Metallschrott wird beim Abbruch aussortiert. Balkone und Betonsteinplatten der Fassade sind schon entfernt. 
Foto: Daniel Peter | Metallschrott wird beim Abbruch aussortiert. Balkone und Betonsteinplatten der Fassade sind schon entfernt. 

Trennung ist wichtig auf der Baustelle.  Vier Haufen werden aus der Masse aus Beton und Mauersteine aussortiert: Aluminium und Kabel, Armierungsstahl, Metallbleche und Restmüll wie Kunststoff und Holz. 20 000 Tonnen Schutt werden am Ende zusammenkommen. Das sind rund 1400 Lkw-Ladungen. In regionalen Entsorgungsunternehmen werden diese zum Beispiel zu Recyclingbeton oder Material für den Straßenbau aufbereitet.

Auf diesem Bild vom 22. Juni sieht man, wie die Waschbetonplatten von der Fassade geschält und die Balkone entfernt wurden. Inzwischen ist dieser südliche Teil des Hauses schon komplett abgerissen.
Foto: Patty Varasano | Auf diesem Bild vom 22. Juni sieht man, wie die Waschbetonplatten von der Fassade geschält und die Balkone entfernt wurden. Inzwischen ist dieser südliche Teil des Hauses schon komplett abgerissen.

Fast die Hälfte des Hochhauses ist inzwischen abgerissen. Der südliche Teil ist schon weg, zur Friedrich-Spee-Straße hin stehen noch neun Stockwerke, während der Abriss des danebenstehenden Blocks bereits begonnen hat, und der nördliche Gebäudeteil steht noch ganz. Laut Projektleiter Eirich wird stufenweise abgebrochen, damit der Rest bis zum Schluss stabil steht. Der tragender Kern aus Aufzugsschacht und Treppenhaus bleibt deshalb bis zuletzt.

Projektleiter René Eirich (l.) und Polier Reiner Maschke auf der Baustelle.
Foto: Daniel Peter | Projektleiter René Eirich (l.) und Polier Reiner Maschke auf der Baustelle.

Der wichtigste Mann auf Baustelle sitzt im Abbruchbagger. "Es braucht viel Erfahrung und Gefühl, um in 50 Metern Höhe genau so zu schneiden, dass nicht mehr einfällt, als man beabsichtigt", beschreibt Polier Maschke die Arbeit des Baumaschinisten. Ab 7 Uhr steuert er mit kleinen Pausen zehn Stunden lang "unglaublich konzentriert" mit zwei Joysticks die Greifzange. Eine Kamera hat er dort oben nicht, er arbeitet mit bloßem Auge, für die optimale Sicht nach oben ist das Führerhaus  nach hinten gekippt. Panzerglas und Stahlgitter schützen es vor herabfallenden Teilen. Für Sicherheit sorgt auch eine sogenannte "Matratze": Eine Matte, die ein zweiter Bagger in die Höhe hält, lenkt abspringende Schuttteile ab.

Aus Düsen im Baggerarm wird Wasser gesprüht, um Staubbildung zu vermindern. 
Foto: Daniel Peter | Aus Düsen im Baggerarm wird Wasser gesprüht, um Staubbildung zu vermindern. 

Auf der Baustelle hört man die Diesel-Aggregate der Bagger brummen und ab und zu, wie ein paar Brocken nach unten rumpeln. Die Luft schmeckt nach Staub. Eine größere Staubbildung wird vermieden: das Inneren des Gebäudes wird über die aufgedrehten Brandbekämpfungsleitungen bewässert, von außen spritzen drei Düsen am Baggerarm: Ein stetiger Sprühregen begleitet den Abriss. Bis September will man beim Fundament angekommen sein. Dann wird der Long-Front-Bagger seinen 50-Meter-Arm einziehen und per Schwertransporter zum nächsten Hochhausabriss gebracht.

Das Hochhaus in Zahlen

Das Hochhaus in der Sanderau ist 1974 fertiggestellt worden. In den 16 Stockwerken war ein Seniorenwohnheim und in 50 Metern Höhe ein Dachcafé untergebracht. Ende 2018 sind die Bewohner ausgezogen. Anfang 2019  wurde bekannt, dass die Freier Besitzgesellschaft (FBG) aus Rottendorf das Objekt gekauft hat. Der Abriss begann im Januar 2020 und soll Ende Oktober fertig sein. 43 500 Kubikmeter umbauter Raum werden abgebrochen, 20 000 Tonnen Schutt fallen an. Als Kosten gibt die FBG einen siebenstelliger Betrag an.  Auf dem Gelände sollen ein neues Hochhaus und drei weitere Wohnblocks mit insgesamt 153 Wohneinheiten und einer Kita entstehen.
Quelle: gam

 

So sah das Bürgerspital-Hochhaus im Herbst 2016 aus.
Foto: Thomas Obermeier | So sah das Bürgerspital-Hochhaus im Herbst 2016 aus.
 
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