50 Jahre Auktionshaus Mars: Im Flur des Auktionshauses stehen Schränke aus dem Barock, die meisten mit Nussbaumfurnier. Vitrinen, Truhen und Beistelltische sind oft mit Intarsien versehen. Liebevoll und wertsteigernd präsentieren sich kleine eingelegte Muster und Szenen oder Landschaftsdetails. Das ist natürlich längst nicht alles, was am 24. März unter den Hammer des Auktionators Hans-Jörg Wohlfromm kommt. Die Versteigerung von Kunstobjekten, Antiquitäten und Sammlungen aller Art soll etwas besonderes werden, und so hat sich zur Jubiläumsveranstaltung auch der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt, Ralf Jahn, angekündigt, um eine Jubiläumsurkunde zu überreichen.
Vieles ist im 200 Quadratmeter großen, nach außen gut verschließbaren Raum zu sehen, wo auch versteigert wird. Anderes befindet sich in drei Lagern nebenan und im Souterrain.
Zweite Auktion am 13. Oktober
Vor zehn Jahren haben Gisela Wohlfromm und ihr Mann Hans-Jörg Wohlfromm das Aktionshausübernommen. Als Gustav Mars damals Nachfolger suchte, berichtete die Main-Post über ihn – und die kunstinteressierte Gisela Wohlfromm, die schon bei Sotheby's gearbeitet hatte, nahm die Initiative in die Hand und überzeugte Mars, dass sie und ihr Mann die richtigen Nachfolger seien.
Sie feiern nun auch ihr eigenes, kleines Betriebsjubiläum gleichzeitig mit dem 50-jährigen Bestehen des Unternehmens. Und so ist eine zweite Jubiläumsauktion am 13. Oktober vorgesehen.
Wie alles begann
Der Blick zurück: Die erste Auktion im Hause Mars fand unter der Ägide von Gustav Mars am 5. und 6. Juli '68 statt, beleuchtet Gisela Wohlfromm die Geschichte. Mars' Sohn Roland stieg in das Auktionshaus mit ein. Der zweite Sohn Bernd Mars übernahm das Stahlwarengeschäft der Eltern.
Zu den bekanntesten Kunden des Auktionshauses Mars zählten damals Madeleine Schickedanz, Erbin des Versandhauses Quelle, und der Gründer des Haribo-Konzernes Hans Riegel aus Bonn, der auch gern in Würzburg kaufte. Eine andere Geschichte, die Mars seiner Nachfolgerin erzählte, war die eines Londoners, der anrief und fragte, ob er das Auktionshaus mit Antiquitäten beliefern dürfe. Er tat dies nach Absprache, dann gleich „lastwagenweise“, so Wohlfromm. Als der Auktionator nachfragte, warum sich der Verkäufer für Mars entschieden hatte, soll die Antwort in englischer Sprache gelautet haben: Laut Horoskop sollte er sich um „den Mars“ kümmern.
Es handelt sich um freiwillige Verkäufe
So unglaublich die Anekdoten klingen, so liebevoll sind sie oft. Schließlich geht es hier nicht um Zwangsversteigerungen, sondern im Gegenteil um freiwillige Aktionen: Villenauflösungen, Nachlässe, freiwillige Verkäufe. Eine alte Dame hatte ihren Vater und schließlich ihren Mann verloren, die beide leidenschaftlich Waffen gesammelt hatten. Die Witwe wollte dieses Erbe nun los haben, und, so Gisela Wohlfromm, Waffen seien nicht gerade ihre Vorliebe, andererseits seien viele auf dem Markt gesucht; napoleonische Gewehre mit Bajonetten zum Beispiel kamen aus Waffensammlungen: „Wir verkaufen eben nicht nur expressionistische Grafik“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Ihr Ehemann Hans-Jörg Wohlfromm ist nicht nur Jurist, sondern hat sich unter anderem auf Waffengesetze spezialisiert und hält sich auf aktuellem Stand, sodass ihm klar ist, wem er welche Waffen verkaufen darf und welche nicht. Er weiß auch gut über Orden und Ehrenzeichen Bescheid, und darüber hinaus teilt er mit seiner Frau, einer studierten Kunstgeschichtlerin, die Liebe zu Gemälden. Um herauszufinden, um welche Bilder es sich bei den Einlieferungen handelt, bedarf es manchmal stunden-, wenn nicht tagelanger Recherchen bei einschlägigen Auktionshäusern, in Bibliotheken, Museen oder bei anderen Kunstsachverständigen der Fachwelt, mit denen das Haus Mars auch überregional und übers Internet teils weltweit verbunden ist. Gute Informationen steigern meist den Wert der Waren.
Emy-Roeder-Figur wird versteigert
So verfügt Mars derzeit auch über eine Emy-Roeder-Plastik, ein Geschwisterpaar aus Bronze. Das erste Telefonat der Wohlfromms nach der Einlieferung dieser Figur galt dem Kulturspeicher. Dort, so stellte sich heraus, ist eine solche Plastik allerdings bereits vorhanden.
...und eine Plastik von Niki De Saint-Phalle
Das Auktionshaus geizt nicht mit hochwertigen Angeboten. Dazu gehört auch eine Plastik von Niki de Saint-Phalle, die „Nana de Berlin“ von 1973, eine farbig gefasste Polyesterfigur etwa in der Größe eines prall aufgeblasenen Luftballons – prall ist sie allemal, die dicke braune Frau mit aufdringlich ziegelroten Herzchen- und Kreismotiven auf Brüsten und Po. De Saint-Phalle hat eben seinen Preis, diese Figur hat Signaturstempel und Nummerierung. Es ist das 83. Exemplar von insgesamt 500 Stück, das mit 3600 Euro aufgerufen wird.
Prestige-Objekte gehören dazu
„Große Namen ziehen“, sagt Gisela Wohlfromm. Für solche Figuren interessiere sich sogar die jüngere Generation, obwohl die weniger zur Kundschaft des Auktionshauses zählt. Auf Uhrensammlungen zum Beispiel sprächen vielleicht noch die Mid-Dreißiger und Vierziger an, aber ansonsten sind Kunden eher ältere Leute, außerdem Händler, und weltweit Käufer jeglichen Alters, wenn es um ganz bestimmte Angebote geht wie beispielsweise frühes Meißner Porzellan, das oft aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts stammt. In Südkorea und Japan sei das „ein wahnsinniges Prestigeobjekt“, so Wohlfromm. Diesmal gehört zur Offerte Meißen „Tete a Tete“: ein Porzellan mit lindgrünem Fond mit Stadtansichten von Dresden. Es wird mit 450 Euro aufgerufen. Wie immer kann der Preis bei solchen Besonderheiten je nach Bieterfreudigkeit rasant in die Höhe schnellen.
Dagegen werden Ikonen, früher hierzulande recht gern gesammelte Kunstobjekte, inzwischen fast nur noch von Osteuropäern erworben beziehungsweise zurück gekauft in Länder, in denen sie angefertigt wurden. Kaum noch Chancen, gut verkauft zu werden, haben Briefmarken, Zinn und Teppiche, so Hans-Jörg Wohlfromm.
Salvador Dalí und Asiatika
Auf der großen Liste von Wertgegenständen, die versteigert werden, stehen derzeit auch eine signierte „Lithografie mit Schmetterling“ von Salvador Dalí, eine Darstellung von 56 auf 77 Zentimeter zum Aufrufpreis von 250 Euro, wie auch Asiatika, darunter Kelch und Pokal und auch Figuren wie Krieger mit Helm und Schwert, Tempelhüter, Wächterlöwen und Drachen, die einen aus Eisen, die anderen aus Messingbronze, wieder andere aus Porzellan.
Ein kleines Dickerchen: Jesusfigur aus Holz
Geradezu verliebt beschreibt Gisela Wohlfromm eine kleine barocke Jesusfigur aus dem 18. Jahrhundert, die sie gerade vor sich hat: „Das dicke Bäuchlein und die Speckschwarten an den Armen beschreiben die Freude der Barockzeit, dazu die Segensgeste...“ Die 44 Zentimeter große Holzfigur aus dem Franken des 18. Jahrhunderts wird mit 800 Euro aufgerufen. Sie stammt aus einem großen Nachlass, der bereits im vergangenen Jahr eingeliefert wurde. Doch bevor nun alles verkauft werden kann, musste ein Rechtsanwalt 31 Erben ansprechen. Porzellan, Silber, Gemälde und Möbel gehören auch noch zu diesem Erbe.
Vom ersten Foto bis zum Transport
Das Auktionshaus wirbt mit seinem Service, mit kostenloser Beratung und Begutachtung vom ersten Foto über die Einschätzung der Gegenstände etwa bei Hausbesuchen und nicht zuletzt mit fachmännischer Verpackung und entsprechendem Transport zum Käufer. Der Auktionator lebt von seiner Provision: Mit dem Zuschlag ist ein Aufgeld von 19 Prozent plus 19 Prozent Mehrwertsteuer auf das Aufgeld (insgesamt also 22,61 Prozent) verbunden.