Der Absatz vor der Tür zum Geschäft von Marcus Topsnik ist nur fünf Zentimeter hoch. Den meisten Besuchern, die bei MainCake in der Sterngasse ein und aus gehen, um sich ein Stück Käsekuchen zu ergattern, fällt das gar nicht auf. Fast ebenerdig scheint der Eingang zu der kleinen Konditorei zu liegen. Nicht so jedoch für Frederik Suter, denn er kann sich ausschließlich in seinem Rollstuhl fortbewegen. Was Menschen ohne Gehbehinderung meist verborgen bleibt, stellt in seinem Alltag eine von vielen kleinen Hürden dar. Von seinem langjährigen Stammkunden wurde Topsnik nun auf das Projekt "Legorampen" des Vereins Selbstbestimmt Leben Würzburg e. V. (WüSL) aufmerksam gemacht.
Bis zu zehn Rampen innerhalb eines Jahres geplant
Michael Gerr ist Leiter der Beratungsstelle von WüSL. Frederik Suter nahm an seinem Beratungsangebot teil und erfuhr so von dem Projekt, welches für mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Würzburger Raum sorgen soll. Gemeinsam mit Julian Wendel, dem Sprecher für Barrierefreiheit (WüSL), und anderen Beteiligten, baut Gerr bunte Rollstuhlrampen aus Legosteinen, die anschließend an unterschiedlichen Geschäften in der Innenstadt angebracht werden. Damit die Rampen stabil sind, werden die Legosteine versetzt aufeinander angebracht und die einzelnen Ebenen anschließend verklebt. "Manche sagen, man kann sogar mit dem Auto darüber fahren", scherzt Wendel. Bis zu zehn Rampen sind innerhalb eines Jahres vorerst geplant.
Wegen der Sicherheit sowie der möglichen Umsetzung, haben sich die Initiatoren auf eine maximale Rampenhöhe von zwölf Zentimetern festgelegt. Würden die Rampen höher gebaut, so wären diese auch länger und würden unter Umständen zu weit in die Straße hinausragen. Etwa 2000 Legosteine werden für eine solche Rampe benötigt. Weil den Initiatoren für die hohe Stückzahl an Rampen nicht genug eigene Legosteine zur Verfügung stehen, sind sie auf Spenden angewiesen. Das Sammeln von Steinen sei aktuell auch das Hauptproblem, so Wendel.
Legostein-Spendenboxen in der Innenstadt
Auch die nachhaltige Verwertung spiele eine große Rolle, so Wendel weiter. An mehreren Orten in der Stadt, etwa der Stadtbücherei, der Kaffeemanufaktur oder der Umweltstation, haben die Verantwortlichen deshalb Spendenboxen für alte und überschüssige Steine platziert.
Die bunten Spielstein-Rampen stellt WüSL den Geschäften kostenfrei zur Verfügung. Hierbei sind die knalligen Farben kein Zufall, denn das Projekt beinhaltet noch einen weiteren Aspekt: Die Rampen sollen auch Menschen ohne körperliche Behinderung ins Auge stechen. Gerr und Wendel, die beide selbst auf den Rollstuhl angewiesen sind, möchten so auf die Barrieren aufmerksam machen, welche trotz der UN-Behindertenrechtskonvention zur Barrierefreiheit noch immer bestehen.
Schon allein der Weg durch die Sterngasse ist mit seinem Kopfsteinpflaster alles andere als barrierefrei. Als er die unebene Straße hinaufrollt, hat Julian Wendel seinen Kopf am Rollstuhl angeschnallt: "Ich habe große Probleme in Würzburg zurecht zu kommen. Jede einzelne Rampe ist für mich eine Erleichterung im Alltag."