Viele Würzburger Einzelhändler haben darauf gewartet – nun ist es auch in Bayern erlaubt. Seit Montag dürfen die Geschäfte ihre Waren über "Click & Collect" anbieten. Das Prinzip ist einfach: Der Kunde bestellt die gewünschte Ware per Telefon oder über das Internet und holt diese daraufhin kontaktlos beim Händler hab. Doch wie gut funktioniert der neue Service in der Würzburger Innenstadt? Wie können Kunden ihre Ware bezahlen? Und rentiert sich "Click & Collect" für die Händler überhaupt, oder ist das neue Verkaufsprinzip nur ein Tropfen auf den heißen Stein?
Heide Eggermann, Mitarbeiterin des Spielwarenladens "Hampelmann" in der Juliuspromenade, ist erleichtert: Endlich können Kunden ihre Ware wieder vor Ort abholen. Das würde zwar ganz gut klappen, "aber die Nachfrage ist nicht besonders hoch", so die 63-Jährige. Die meisten Kunden, die den Abholservice bisher genutzt haben, seien Stammkunden, schätzt sie. Bestellt werden kann per Telefon oder per E-Mail über die Internetseite des Spielwarenhändlers. Zusätzlich zu "Click & Collect" bietet der "Hampelmann" einen Lieferservice innerhalb von Würzburg gegen eine Gebühr von drei Euro an.
"Click & Collect" kann Ladenbetrieb nicht ersetzen
Bezahlt wird ausschließlich per Rechnung, die der Ware beigelegt wird. Doch dafür ist ein Vertrauensvorschuss des Händlers nötig, denn der Kunde erhält die Ware, ohne sie bezahlt zu haben. Eine einzige Kundin habe die Ware bisher nicht bezahlt, erklärt Eggermann. Doch das sei bereits während des ersten Lockdowns im Frühjahr gewesen.
Während des ersten Lockdowns bot auch die Buchhandlung "Neuer Weg" in der Sanderstraße eine Art "Click & Collect" an. "Von daher klappt das jetzt ganz gut, viele Kunden haben das damals schon in Anspruch genommen", berichtet Ursula Drescher, die in der Buchhandlung arbeitet.
WüLivery eignet sich nicht für jeden Händler
Ersetzen könne es den Ladenbetrieb aber nicht. Was jedoch steigt, ist der Aufwand, berichtet sie. "Für alles muss man eine Rechnung schreiben." Bestellen können die Kunden die Waren der Buchhandlung per Telefon, E-Mail, über den Online-Shop und sogar per Fax.
Auch der "Neue Weg" liefert seine Waren selbst an die Kunden aus. Zusätzlich setzt die Buchhandlung aber auch auf den Lieferservice "WüLivery". Beim lokalen Lieferservice kann der Spielwarenladen Heide Eggermann zufolge nicht mitmachen. Einige Lieferungen wären zu groß und zu schwer für den lokalen Lieferdienst, erklärt Eggermann das Problem. "Das ist umständlich und lohnt sich nicht, deswegen fahren wir die Ware selber aus."
Kundenkontakt über Social Media Plattform Instagram
Werbung auf den sozialen Medien wie Facebook oder Instagram für den neuen "Click & Collect" Service machen die beiden Läden nicht. Genau darauf setzt Michael Sagert, Inhaber des Bekleidungsgeschäfts "Quartier 97" in der Marktgasse. Täglich postet er Bilder und Videos von verschiedenen Kleidungsstücken auf seinem Instagramprofil. Die Idee kam im bereits vor rund anderthalb Jahren. Im ersten Lockdown habe er seinen Auftritt auf der Social Media Plattform nochmals verstärkt. "Das hat vielen Leuten gefallen, wenn ich auf Instagram etwas zur Kleidung erklärt habe." Viele seiner Kunden kontaktieren ihn deshalb mittlerweile über sein Instagramprofil. Der Großteil seiner Kunden sei jedoch Stammkundschaft, schätzt Sagert.
"Click & Collect" ist nur eine Schadensbegrenzung
Zusätzlich zum Online-Angebot auf Instagram macht der Inhaber des Bekleidungsgeschäfts Videotermine mit seinen Kunden aus. Dabei läuft er mit dem Handy durch den Laden, informiert über neue Ware und rät zu passenden Accessoires. "Ich bewerbe das so, als würde der Kunde bei mir im Laden stehen." Wer seine Ware nicht am Laden abholen kann, der wird im Umkreis von 15 Kilometern rund um Würzburg kostenlos von Sagert beliefert. Bezahlt wird über Paypal oder über ein mobiles EC-Gerät, das der Inhaber mit dabei hat.
Ähnlich wie der "Hampelmann" ist auch das "Quartier 97" kein Mitglied von "WüLivery". Sagert findet den Service zwar sehr gut, liefert aber lieber selbst an seine Kunden. "Der persönliche Kontakt ist das wichtigste im Einzelhandel." Dass "Click & Collect" nun auch in Würzburg möglicht ist, freut ihn. "Es funktioniert gut, ich bin damit auch zufrieden", sagt der 41-Jährige. "Aber es ist nichts anderes als Schadensbegrenzung."
Einzelhändler stehen wegen saisonaler Ware unter Druck
Es sei sinnvoll, dass der Abholservice zugelassen worden ist, sagt Wolfgang Weier, Leiter des Stadtmarketingvereins "Würzburg macht Spaß". Der harte Lockdown, ohne die Möglichkeit, die Waren in den Geschäften abzuholen, sei seiner Ansicht nach viel zu hart gewesen. Deshalb ist er froh, dass die Würzburger Einzelhändler nun auch auf die neue Abholoption setzen können. Dennoch sei auch "Click & Collect" nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein", so Weier. "Sowohl 'WüLivery' als auch 'Click & Collect' sind eine Ergänzung, die dem Handel zwar helfen, ihn aber nicht retten."
Viele Inhaber von Bekleidungsgeschäften bleiben wegen des Lockdowns auf der aktuellen Winterkollektion sitzen, wie Sandra Lemmich, Inhaberin der Modeboutique "Mainglück", erklärt. "Winterware ist verderblich, die Einzelhändler haben deshalb totalen Druck auf dem Kessel." Um ihr Lager leer zu bekommen, schaffte Lemmich Abhilfe mit einer Online-Aktion auf Instagram, bei der die Kunden eine Überraschungsbox bestellen konnten. 900 Pakete konnte die 40-Jährige dadurch bundesweit versenden. Mit "Click & Collect" alleine hätte das jedoch nicht funktioniert, ist sie überzeugt.