Mit dem klaren Einzug der rechtspopulistischen AfD in den Bundestag hat sich das deutsche Parteiensystem verschoben. Und es ist deutlich instabiler geworden – allein schon, weil die AfD selbst so unberechenbar und heterogen ist wie ihre Wahlergebnisse vom Sonntagabend.
Personalquerelen gleich am Morgen danach: In Berlin verlässt Parteichefin Frauke Petry die AfD-Fraktion, noch bevor sie sich konstituiert hat. Und in Würzburg tritt Direktkandidat Thomas Thiel zürnend aus der Partei aus.
Würzburger AfD-Direktkandidat tritt aus Partei aus
Seit längerem lag er mit ihr im Clinch, sah Intrigen gegen sich laufen, um die Kandidatur in seiner Heimat Donau-Ries (Schwaben) zu verhindern. Er spricht von persönlichen Anfeindungen und Schnüffeleien im Privatleben: „Wie verklemmt ist diese Partei?“
Weil in Würzburg noch ein Platz frei war, bot er sich an – und wurde von der AfD prompt als Direktkandidat aufgestellt. Jetzt, nachdem die Wahl vorbei ist, sagt Thiel unumwunden: „Mir ging's doch nicht ums Mandat. Würzburg war eine reine Trotzreaktion. Ich lasse mich nicht so leicht ausbremsen.“
Bayern-Vergleich: AfD im Wahlkreis Würzburg schwach
Eine Show-Kandidatur also, inszeniert von Partei und Kandidat. Wahlkampf im 250 Kilometer entfernten Würzburg zu machen, so Thiel, habe er nie vorgehabt.
Tatsächlich waren in der Stadt kaum AfD-Plakate zu sehen. Die schwache Präsenz dürfte einer der Gründe sein, warum die AfD im Wahlkreis Würzburg mit 8,7 Prozent nach den vier Münchner Wahlkreisen bayernweit ihr schlechtestes Ergebnis eingefahren hat.
Minuswert in Sommerhausen, Höchstmarke in Rüdenhausen
Unterfrankenweit stimmten 10,9 Prozent für die rechtsnationale Protestpartei, so wenige wie in keinem anderen bayerischen Regierungsbezirk. In Niederbayern (16,7 Prozent) und in Schwaben (13,5 Prozent) wurde die AfD zweitstärkste Kraft hinter der CSU.
Ihren unterfränkischen Minuswert verbuchte sie in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) mit 5,5 Prozent. Aber es gibt sie auch in Mainfranken, die rechten Hochburgen. Spitzenreiter für die AfD ist der Markt Rüdenhausen (Lkr. Kitzingen) mit 20,7 Prozent der Zweitstimmen. Am Tag danach rätselt Bürgermeister Gerhard Ackermann (Freie Wähler) über das Ergebnis. Eine Proteststimmung habe er weder auf der Straße noch in Vereinen oder an Stammtischen festgestellt. Rüdenhausen sei weder sozialer Brennpunkt noch Stützpunkt für rechte Gruppierungen.
Russlanddeutsche als wichtige Zielgruppe für AfD
Gleichwohl fiel die Gemeinde schon in der Vergangenheit durch hohe Werte für rechte Parteien auf. Ja, es seien einige Familien aus den neuen Bundesländern und Spätaussiedler zugezogen. Eine mögliche Erklärung? Fakt ist, dass die AfD bei Russlanddeutschen und Aussiedlern massiv Wahlwerbung betrieben hat. Sie hat offenbar gefruchtet, wie ein Blick auf Ergebnisse in Würzburger und Schweinfurter Stadtteilen zeigt: Die AfD hat dort besonders gut abgeschnitten, wo viele Russlanddeutsche leben.
Der aus Kasachstan stammende Alexander Himmrich bestätigt den Eindruck. Er ist Sprecher des Integrationsvereins „Perspektive“ am Würzburger Heuchelhof. Auffällig viele Aussiedler seien am Sonntag zur Wahl gegangen, hat er beobachtet.
„AfD hat den Leuten Angst vor dem Islam gemacht“
Im Vorfeld hatten Propagandavideos über What's App die Runde gemacht: Russlanddeutsche riefen teils sogar auf Russisch auf, die AfD zu wählen. Warum die Partei für diese Menschen attraktiv ist? Sie hätten oft negative Erfahrungen mit dem Islam in ihrer früheren Heimat gemacht. „Sie waren in der Minderheit oder nur zweite Wahl. Die AfD hat ihnen jetzt neue Angst vor dem Islam gemacht“, sagt Himmrich, der sich mit seinem Verein um Jugendliche aller Nationalitäten kümmert.
In Würzburg holte die AfD die meisten Stimmen am Heuchelhof mit 16,3 Prozent und in der Lindleinsmühle mit 14,5 Prozent.
AfD punktet vor allem in sozial schwierigen Quartieren
Die AfD hat also auch in Schweinfurt in sozial schwierigeren und einkommensschwächeren Vierteln gepunktet und dort, wo viele Russlanddeutsche wohnen. Daneben lässt sich aus den Wahlergebnissen auch Protest gegen die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge herauslesen: In ihrem Umfeld war die Partei besonders stark.
Der Schweinfurter Pfarrer Roland Breitenbach sieht das Wahlergebnis als Weckruf für die etablierten Parteien. „Rechtsradikale, auch etliche in der Kirche, zeigen, wie dringend Reformen sind“, sagte er gegenüber der Redaktion. Er hoffe, dass die Politiker nun nicht vorwurfsvoll den Zeigefinger Richtung Wähler erheben, sondern selbstkritisch herangehen.
Kirchenvertreter äußern sich sehr nachdenklich
Kritisch äußert sich auch Würzburgs Weihbischof Ulrich Boom. Das starke AfD-Abschneiden stimme ihn „nachdenklich“. Die Gesellschaft drohe sich zunehmend zu spalten. Deshalb müsse die Kirche vor allem für „Arme, Schwache und Ausgegrenzte eintreten.“
Mit Informationen von EPD / Mitarbeit HH
Einfach mal das Titelfoto im heutigen SPIEGEL - Magazin Nr. 39a ansehen. Darauf abgebildet sind die Bundeskanzlerin Frau Merkel und die beiden AfD Spitzenpolitiker Frau Weidel und Herr Gauland. Frau Merkel ist kleiner dargestellt und blickt "zerknirscht und depressiv" nach unten und links zur Seite. Darüber und weitaus größer dargestellt sind die Portraitfotos von Herrn Gauland und Frau Weidel.
Die Titelzeile: "Sie sind da" und darunter die Zeile: "Nach der Wahl: Die AfD überrollt die Volksparteien." Und Sie sehr vereehrte Kommentarin reden der Main-Post in ihr Handwerk. Und so ganz nebenbei: Die Minderheit hat immerhin über 5 Millionen Stimmen abgegeben. Ich weiß, die Mathematik kann Politik nicht ersetzen. Was ist/war richtig, was ist/war falsch? Deshalb gibt es auch unsere Kommentare. Randbemerkung zum Schluss, dass drei Kommentare beseitigt wurden, ist ganz okay. Fehl am Platz, halt.
Meinen Sie die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die über eine Million CDU/CSU Wähler und die halbe Million SPD Wähler, die von den beiden Parteien abgerückt sind und AfD gewählt haben? Und Sie behaupten, das wären "Nazis"? Dann müssten doch diese Parteien froh darüber sein, dass sich diese Wähler von ihrer "Mutti/Mutter"-Partei abgewendet haben. Und das Beste wäre dann noch, dass die Frau Bundeskanzlerin Merkel, diese Menschen von der AfD weg wieder zu sich holen will, "Heim ins Reich"( = Satire) um bei Ihrem "Sprachschatz", bei Ihrem "Ton" zu bleiben. Übrigens sind Frau Merkel und Herr Seehofer auch "im Gespräch", was das "Abtreten" betrifft. Und last but not least, ich denke, Sie können sich Ihr Mitleid mit den "kleinen"-Leuten sparen. Sie müssen auch nicht Ihre Hand beim Wählen führen. Die wussten, was, wen und warum Sie die AfD gewählt haben, zur drittstärksten Partei aus dem Stand heraus. Und das waren sicher nicht die "kleinen" Leute aus CDU/CSU/SPD!
Und ich bezweifle stark, dass die meisten Wähler sich wirklich die Mühe machen und die kompletten Wahlprogramme der in Frage kommenden Parteien durchlesen. Leider ist das postfaktische Zeitalter nun auch in Deutschland angekommen, wo Propaganda und Hetze (Facebook u. Co sei Dank) wieder mehr gelten, als rationale und menschliche Argumente. Warum sie so gewählt haben, wissen sie sicher, aber "was und wen" eher nicht. Ich denke auch nicht, dass alle AfD Wähler verkappte Rechtsradikale sind, viele einfach (oft zu Recht) enttäuscht über die etablierten "Volksparteien". Aber wenn man schon "Protestwahl" macht, sollte man sich genau informieren, wo man sein Kreuzchen macht....Man kann nur hoffen, dass Union/SPD/Grüne u. Co nun sehr genau ihre Fehler analysieren um das Erstarken der AfD zu erklären und der Spuk in vier Jahren wieder vorbei ist....
Guter Mann? Ich kann zumindest oben lesen: "Bitte beachten Sie die Netiquette!"
Und bezugnehmend auf Franz-Josef-Strauß, da habe ich mal gelesen. Er hätte gesagt: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern." Viel Spaß beim Lesen der Parteiprogramme. Dieses "Geschwätz" interessiert doch nicht einmal die betroffenen Politiker. Nun aber zurück an die Arbeit. Die Pflicht ruft. Meine etwas andere "Lesekompetenz" ist gefragt. Vergessen Sie vor lauter "Lesen" die Realität nicht und bewahren Sie sich eine gewisse "Lässigkeit", nicht "Gehässigkeit".