Während es zwei Tage nach der Bundestagswahl an der AfD-Spitze bereits ordentlich kracht, wird kontrovers über die Frage diskutiert: Wie konnte die rechtsnationale Partei ein zweistelliges Ergebnis einfahren? Eine Protestwahl der ökonomischen Verlierer? Wir sprachen mit dem Würzburger Volkswirtschaftsprofessor Peter Bofinger, dienstältestes Mitglied der so genannten fünf Wirtschaftsweisen als Sachverständigenrat für die Bundesregierung.
Frage: Herr Bofinger, Sie hatten vor einigen Monaten davor gewarnt, dass die wachsende soziale Ungleichheit im Land den Populisten Auftrieb gibt. Fühlen Sie sich durch die Bundestagswahl bestätigt?
Peter Bofinger: In der Tat geht die Einkommensschere in Deutschland auseinander. 40 Prozent der Bevölkerung verzeichnen seit 1995 ein Minus beim Reallohn, obwohl die Wirtschaft ganz ordentlich gewachsen ist. Und AfD-Anhänger fühlen sich von dieser negativen Entwicklung stärker betroffen als andere Gruppen. Sie haben den Eindruck, sozial besonders stark abgehängt zu werden. Das ist aber nur eine subjektive Einschätzung.
Sie meinen, AfD-Wählern geht es wirtschaftlich gar nicht so schlecht, wie ihnen die Partei erklärt?
Bofinger: Es gibt dazu eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Sie zeigt, dass sich AfD-Anhänger überproportional als Verlierer der gesellschaftlichen Entwicklung ansehen. Betrachtet man jedoch die Daten, stehen sie ökonomisch kaum schlechter da als der Rest der Bevölkerung. Da fallen die objektive Situation von AfD-Wählern und ihre eigene Einschätzung auseinander – das ist wirklich markant. Nach den Zahlen der Studie sind die AfD-Anhänger ökonomisch und von der Ausbildung her nur leicht benachteiligt, sie fallen aber nicht aus dem Rahmen.
Woher kann eine solche verzerrte Selbstwahrnehmung kommen? Wird sie von der Partei befördert?
Bofinger: Das ist schwer zu sagen, das wäre spekulativ. Fakt ist: AfD-Wähler haben deutlich größere Zukunftsängste als andere Gruppen.
Hat also die AfD diese Angstgefühle populistisch am besten bedient?
Bofinger: Das ist naheliegend. Nach Erhebungen der Studie machen sich 67 Prozent der AfD-Wähler Sorgen um ihre persönliche Zukunft, bei den übrigen sind es nur 46 Prozent. AfD-Wähler haben deutlich mehr Angst mit Blick auf die finanzielle Absicherung im Alter, die Zukunft ihrer Kinder und vor Kriminalität im Wohnumfeld. AfD-Wähler sind also Menschen, die besonders große Sorgen und Ängste haben.
- Petry kündigt Austritt aus der AfD an
Faktisch also wäre der Schluss falsch, wonach vor allem Einkommensverlierer die AfD gewählt haben...
Bofinger: So ist es. AfD-Wähler sind nicht ausschließlich die Einkommensschwachen. Nehmen wir niedrige Einkommen unter 1500 Euro: Sie treffen zu 53 Prozent AfD-Wähler, aber genauso zu 53 Prozent die anderen. Hier gibt es also keinen Unterschied.
Heißt das mit Blick auf die Wahl, dass sich die Menschen mit dem Auseinanderdriften der Einkommen abgefunden haben?
Bofinger: Zumindest ist nicht zu erkennen, dass sich die Einkommensentwicklung besonders auf das Wahlergebnis niedergeschlagen hätte.
Eigentlich wollte ja die SPD die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellen... Ist das Land vielleicht sozial gar nicht so ungerecht?
Bofinger: Natürlich treten die unteren 40 Prozent der Bevölkerung bei den Einkommen auf der Stelle. Aber was insgesamt für eine relativ hohe Zufriedenheit sorgt, ist die gute Arbeitsmarktlage. Gerade Bayern steht hier bewundernswert da. Bei einer derart niedrigen Arbeitslosenrate gibt es eigentlich keinen Grund für übersteigerte Ängste. Umso erstaunlicher sind dann solche Wahlergebnisse.
Das wachsende Gefälle bei den Einkommen ist Fakt – trotz der Einführung des Mindestlohns. Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?
Bofinger: Ich glaube, die Wirtschaftspolitik sollte immer dem Modell des Wohlstands für alle gerecht werden. Das wirtschaftliche Wachstum muss bei der breiten Bevölkerung ankommen und einen Beitrag zur Zufriedenheit der Menschen leistet. Je weniger die Menschen objektiv abgehängt werden, desto weniger werden sie sich auch subjektiv abgehängt fühlen. Und mit Blick auf die AfD-Wähler sollten deren Sorgen auch Ernst genommen werden. Die Alterssicherung, die Zukunft der Kinder, die Bildungspolitik – die Politik muss diese Themen intensiv ansprechen.
Was hieße das konkret an Maßnahmen für die neue Bundesregierung?
Bofinger: Wenn es um Entlastungen geht, sollten sie vor allem bei den Sozialabgaben erfolgen, und zwar ganz gezielt bei den Arbeitnehmerbeiträgen. Hiermit erreichen Sie die größte Entlastung für die Breite der Bevölkerung.
Braucht es auch Steuerentlastungen?
Bofinger: Eine starke Entlastung bei den Sozialabgaben, die ja über Zuschüsse zu den Sozialversicherungen finanziert werden müsste, wäre meines Erachtens völlig ausreichend. Es sollten ja auch Mittel für höhere Bildungsausgaben und Investitionen vor allem auf der kommunalen Ebene übrig bleiben. Beides trägt dazu bei, die Zustimmung der Bürger zu unserem Staat wieder zu verbessern.
Bleiben Sie bei Ihrer Forderung, dass der Spitzensteuersatz angehoben werden sollte?
Bofinger: Absolut. Die Idee wäre, dass der Spitzensteuersatz ab einem Verdienst von 53.000 Euro nicht einheitlich bei 42 Prozent bleibt, sondern mit höheren Einkommen kontinuierlich auf bis zu 50 Prozent steigt.
Äh - ich frage ungern blöd. Aber kann mir jemand DIESE Zahlen erklären?
AfD Wähler sind bei Licht betrachtet Menschen mit ausgeprägteren Zukunftsängsten. Die freilich können das sich selbst häufig mit eingestehen und brauchen dafür ein Ventil. Heute sind das die Flüchtlinge.
Die Zukunftsängste kann ich verstehen und nachvollziehen. Immer komplexere Fragestellungen auf die es keine Antworten gibt. Die Bürger glauben den einfachen Antworten der etablierten Parteien nicht mehr und wählen aus Frust AfD. In der Hoffnung, dass die Altparteien glaubwürdige Antworten finden.
Mit einem Rechtsruck ist das Thema nicht beendet. Es sind übrigens nicht nur diffuse Ängste die die Menschen beschäftigen. Wer alleine in seinem beruflichen Umfeld erlebt, wie immer häufiger ambitiösere Probleme mit "hire und fire" statt mit Nachhaltigkeit gelöst werden und auf die Herausforderungen der Digitalisierung mit einem weiter so, reagiert wird, dem gesteh ich durchaus Zukunftsängste zu.
Aber rechtfertigt das, die Stimme einer Partei zu geben, die durch eine ganze Reihe rechtspopulistischer Leitfiguren mit tendenziell rechtsextremen Sympathien vertreten wird?
Wer solche Leute aus Angst vor der Zukunft wählt, der würde sich auch aus Angst vor dem Tod vor einen Zug legen.
Bei allem Verständnis für Unsicherheit und Zukunftsängste: die AfD kann und wird die Zeit nicht anhalten.
Wir haben doch gerade in den USA so einen ideologischen Dinosaurier, der dauernd die Vergangenheit beschwört, in der Gegenwart nichts gebacken bekommt und die USA komplett in die falsche Richtung, weil in die Isolation und nicht mehr existente Vergangenheit führt.
Die Zukunft kommt, so oder so. Aufhalten geht nicht. Also gilt es, möglichst bald das Beste daraus zu machen.
Aber davon sehe ich bei der AfD mit diesem komplett rückwärts gewandten Programm leider überhaupt nichts.
Politik sollte Lösungen schaffen - und keine Ängste schüren!
Sehr geehrter Herr Professor Peter Weise, haben Sie mitbekommen dass der Preis für Lithium allein in den letzten Wochen um das Doppelte gestiegen ist? Und er wird wieder um das Doppelte und dann wieder um das Doppelte steigen und so weiter. Die Batterien für Elektroautos sind doch heute schon beträchtlich. Ach ja, ach nein, der Ölpreis ist auch wieder gestiegen. Sind das nicht "gute Vorboten" für unsere Umwelt? Brauchen wir noch und überhaupt die "populistischen" Umweltziele einer bestimmten Partei? Die zudem technisch nicht zu erreichen waren und sind. Die Resourcen sind doch endlich, nicht wahr? Sehr geeehrter Herr Professor, soll ich jetzt besser Aktien von Lithiumproduzenten kaufen oder Gold? Oder kommt das langfristig auf das Gleiche hinaus?
In meinem Bekanntenkreis (Arbeit, Privat usw.) haben (leider) eine nicht geringe Anzahl von Personen die AFD gewählt. Grund hierfür war nach meiner Einschätzung alleine die ungeklärte Asylpolitik der Regierung. Hier geht es nicht um die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen bzw. Verfolgte, sondern über die "Gewalttaten" wie z.B. die Vorfälle in Köln aber auch in der Flüchtlingsunterkunft in Schweinfurt. Die Ohnmacht bzw. fehlende Verantwortung der Politiker bzw. das "laufen lassen" ("die Menschen vergessen schon") unserer Regierung hat die Menschen stark verunsichert. Und hier hat die AFD mit ihren Parolen zugeschlagen.
In meinem Bekanntenkreis, hat kein einziger wegen der "Einkommensschere" usw. die AFD gewählt. Hierauf hat es doch die AFD mit ihrem Wahlkampf auch nicht abgesehen.
- die für ihr Geld hart arbeiten müssen
- die nicht vor lauter Freizeit und Langeweile und um das eigene Gewissen zu beruhigen sich irgendwelche Pöstchen suchen müssen
- die in der Welt unterwegs sind und wissen wie arm es in vielen Gegenden der Welt zugeht und verstehen dass wir nicht allen helfen können
- die nicht erst dann zufrieden sind wenn es uns irgendwann genauso schlecht geht wie einem Großteil der Welt
- die sehen und verstehen welche "Flüchtlinge" da gerade zu uns kommen
- die nicht bereit sind die hohen Quoten an Verbrechen durch die "Flüchtlinge" zu akzeptieren
- die viel lieber eine gezielte Einwanderung zivilisierter, kultivierter und qualifizierter Menschen sehen würden statt Großteils Analphabeten die nur den Sozialsystemen zur Last fallen
- die kein schlechtes Gewissen haben für etwas was vor 75 Jahren geschah und was sie nicht selbst zu verantworten hatten
- ...
Mehr fällt vielen nicht ein. Fakt ist: 1,5 Millionen Stamm-Wähler verliesen ihre Parteien CDU, CSU und SPD und laufen in Scharen - veranschaulicht durch die "Flüchtlingszahlen und Bilder -" zu einer anderen "populistischen" Partei über, die nicht einmal im Bundestag war. Wo waren sind denn die "sogenannten" Weisen. "Weisen" sind doch genau genommen nichts anderes als "Populisten" in eigener Sache. Hinterher sind wir alle schlauer, weise. Das ist meine Kritik. Keiner will was gesehen haben, keiner will was gehört haben. Das Erdbeben hatte doch eine ewig lange Warnzeit. "Just for fun!" war halt up-to-date. Ein Tipp an Herrn Weise, sich einfach mal die stündlich einlaufenden "News" vornehmen. Und dran bleiben. Jetzt zeigt es sich: "There was something rotten in the state of Germany äh Denmark".