Für die einen ist er ein wackerer Streiter für den Erhalt des alten Würzburgs, für die anderen ein Verhinderer, der Würzburgs Zukunft im Weg steht: Willi Dürrnagel ist ein bekannter und umstrittener Bürger dieser Stadt. Am Sonntag wird der Stadtrat 70 Jahre alt.
Am 8. Januar 1947 kam Willi Dürrnagel als zweiten Sohn des Konditormeisters Emil Dürrnagel und seiner Frau Martha in Würzburg zur Welt. Der Junge wurde Postbeamter und Kommunalpolitiker. 1972 kam er als 25-Jähriger in den Stadtrat.
Sein Alleinstellungsmerkmal ist der Denkmalschutz
Dort erarbeitete er sich mit den Jahren ein Alleinstellungsmerkmal als Denkmalschützer und Beschützer des historischen Stadtbilds. Egal ob für den Erhalt des Ehehaltenhauses in der Sanderau in den 70er Jahren, gegen den historisierenden Hertiebau auf dem Schwanengelände in den 80er, für eine moderate Höhe des Hotelturms in der Schweinfurter Straße in den 90er oder gegen den Forum-Bau auf dem Marktplatz in den 00er Jahren . . . Dürrnagel hat in heißen städtebaulichen Themen stets Position bezogen. Manchmal setzte sich seine durch, manchmal nicht und manchmal kam ein Kompromiss heraus.
Engagement für den Bau des Kneipp-Stegs
„Mein Engagement für den Kneipp-Steig,“ ist ihm aus heutiger Sicht besonders wichtig. Den Fußgängersteg zwischen Sanderauer und Heidingsfelder Mainufer hat eine Bürgerinitiative mit Dürrnagel als einer der Anführer durchgesetzt.
Ein weiteres Merkmal des 70-Jährigen ist seine politische Wendefähigkeit. 1972 zog er als Sozialdemokrat in den Stadtrat. 44 Jahre später ist er immer noch dabei, aber für die CSU.
Die Jahre zwischen rot und schwarz gehörte er zum Teil der Freien Wählergemeinschaft an. Zum anderen Teil schlug er sich mit seiner eigenen Liste, die Unabhängigen Bürger Würzburg, als Solist im Stadtrat durch.
Seit 2004 ist er bei der CSU. „Die Fraktion toleriert, dass ich in einigen Punkten meine eigenen Ansichten vertrete, deshalb klappt das gut“, sagt Dürrnagel. Denn verbiegen lasse er sich nicht.
Dass es in Schicksalsfragen wie beim Bürgerentscheid um die Mozartschule für die CSU-Fraktion nicht ganz einfach ist, dass ein Mitglied auf der Seite der anderen kämpft, kann man sich vorstellen. Doch Dürrnagel ist zwar unbequem aber halt auch ein Stimmengarant.
Mitglied in 56 Vereinen
So präsent wie er, ist kaum ein anderer Stadtrat. Er ist Mitglied in 56 Vereinen. Man trifft ihn bei Ausstellungseröffnungen, Buchvorstellungen, Empfängen, Diskussionen . . . und natürlich ist fast jeder Würzburger schon einmal bei einem seiner Vorträge oder Führungen gewesen. 300 im Jahr (!) hat er in den vergangenen Jahren regelmäßig gehalten, im vergangenen „nur“ 200.
Wird er allmählich kürzer treten? „Nein, mir macht es ja immer noch Spaß mein Wissen um Würzburg weiterzugeben und mich für das Gemeinwohl zu engagieren.“
Er will mit seinem Mandat kein Geld verdienen
So gebe er auch seine Aufwandsentschädigungen für seine Tätigkeit im Stadtrat über die Vereinsbeiträge und Spenden wieder zurück. „Man soll das nicht wegen des Geldes machen“, sagt Dürrnagel.
Sein eigenes hat er vor allem in seine Sammlung gesteckt: 50 000 Bücher, 11 000 Postkarten, 500 Bilder, unzählige Fotos und Dokumente, Urkunden, Abzeichen, Reklamemarken, Karnevalsorden, Münzen . . . - alles mit Bezug zu Würzburgs jüngerer Stadtgeschichte - hat Dürrnagel in den vergangenen 40 Jahren zusammengetragen.
Zukunft der Sammlung ist ungewiss
Noch befinden sich die Objekte in seinem Haus in der Sanderau, das er mit seiner Frau Margarete bewohnt. Es ist vollgestopft vom Keller bis zum Dach. „Und es kommt ja immer wieder was dazu“, sagt der Sammler.
Die Lust am Bewahren hatte einst der Würzburger Maler, Literat und Denkmalschützer Heiner Reitberger (1923 bis 1998) in ihm geweckt. Die beiden gründeten in den 70er Jahren den Initiativkreis zur Erhaltung historischer Denkmäler in Würzburg.
„Ich bin fit“, sagt Dürrnagel, der seinen Geburtstag im Kreis seiner Familie feiern will, „aber natürlich, weiß ich nicht, wie lange noch.“ Deshalb möchte er seine Sammlung möglichst bald der Stadt übergeben. Die entsprechenden Gespräche dazu laufen, entschieden ist die Zukunft der Sammlung aber noch nicht.
Die Stadt wäre ohne ihn um eriniges ärmer. Danke, Willi Dürrnagel!